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Abtreibungen in den USAMy body, no choice

In Arkansas brauchen Frauen nun die Erlaubnis des Vaters, um eine Schwangerschaft abzubrechen. Auch, wenn dieser sie vergewaltigt hat.

Frauen, die sich zu wehren wissen: Demonstrierende beim Women's March Foto: ap

Noch immer atmen wir kollektiv auf in Deutschland. Endlich! Die Ehe für alle ist beschlossen. Endlich! Die Gesetzgeber sind in der Gegenwart angekommen. Und hinken nicht mehr dem weltweiten Fortschritt in Sachen Gleichberechtigung hinterher. Weltweit? Beim Blick in die USA bleibt einem der Erleichterungsseufzer schnell im Halse stecken. Denn im Bundesstaat Arkansas wurde kürzlich ein Gesetz beschlossen, das Abtreibung für viele Frauen praktisch unmöglich macht.

Um einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, müssen Frauen künftig das Einverständnis des biologischen Vaters einholen. House Bill 1566 hieß die entsprechende Gesetzesvorlage, die bereits im Frühjahr verabschiedet wurde. Ende Juli soll sie in Kraft treten. Die Bestimmung ergänzt ein bisheriges Gesetz, nach dem Familienmitglieder eines Toten ihre Einwilligung für den Umgang mit dem Leichnam geben müssen.

Die neue Regelung weitet diese Vorschrift auf abgetriebene Föten aus. Ehe frau sich für eine Abtreibung entscheidet, muss sie also den biologischen Vater über ihr Vorhaben informieren – und der entscheidet mit. Das gilt auch für Frauen, deren Schwangerschaft die Folge einer Vergewaltigung ist. Im Klartext: Ohne Erlaubnis des Täters keine Abtreibung.

Der Verband NARAL-Pro-Choice, der sich für das Recht auf Abtreibung einsetzt, kritisiert die neue Bestimmung scharf. „Einige Politiker versuchen, durch hinterhältige Restriktionen wie diese Abtreibung praktisch unmöglich zu machen“, sagte ein Sprecher gegenüber der Washington Post. Denn Arkansas kann nicht als Einzelfall abgetan werden. Schon länger verfolgt auch die Trump-Regierung einen Anti-Abtreibungs-Kurs. Sie verweigert zum Beispiel Organisationen Geld, die Abtreibungen anbieten oder empfehlen.

Bürgerrechtsorganisationen wie die American Civil Liberties Union haben gegen das neue Gesetz in Arkansas nun Klage erhoben. Sie zielen darauf ab, den Gesetzgebungsprozess einzufrieren, bis eine Entscheidung gefallen ist. Die erste Anhörung ist am 13. Juli.

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9 Kommentare

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  • Das Gesetz ist widersinnig und wird auf Grund des Verstosses gegen Bundesrecht nicht angewendet werden. Aus diesen Staaten kommen auch Gesetze zur Strafbarkeit von Ehebruch oder dem Verbot der Evolutionstheorie.

    Solche Gesetze zeigen ein weiteres Mal, dass die USA ein tief gespaltenes Land zwischen den progressiven Ost- und Westküsten auf der einen Seite und erzkonservativen Mitte und Süden sind, für die der Begriff "erzkonservativ" noch verharmlosend ist.

    • @Velofisch:

      Danke für diesen Kommentar, er erhellt die Umstände doch noch einmal.

  • Was ist denn das für eine Perversion?:

    - Männer vergewaltigen Frauen

    - Männer zwingen Frauen, Kinder auszutragen, ohne selber irgendeinen der Nachteile - Übelkeit, Schmerzen, Gesundheitsrisiken bis hin zum Tod, Arbeitsunfähigkeit etc. - zu haben

    - Männer drücken sich um die Erziehungsarbeit und oft genug auch um die finanzielle Beteiligung

    --

    Da werden demnächst sicher viele der von Trump so geliebten "Deals" zustande kommen: Abtreibung gegen Anzeigeverzicht.

    • @s0r:

      Wieso „Perversion“? Seine Heiligkeit der Papst höchst selbst zwingt Frauen dazu, Kinder auszutragen, „ohne selber irgendeinen der Nachteile zu haben“ und ohne sich finanziell zu beteiligen. Klar, Sie können jetzt sagen, dass er schon zu sieht, in die Erziehung einbezogen zu werden. Und 600 Millionen Frauen sexuell zu vergewaltigen, würde vermutlich selbst dem Papst schwer fallen, mehreren Jahrzehnten Zölibat zum Trotz. Aber der Mensch ist nun mal kreativ. Jedes Prinzip, das er einmal erfunden hat, kann er unendlich steigern. Perversion? Ist die „Verkehrung ins Krankhafte oder Abnorme“. Das hier ist Perfektionierung.

    • @s0r:

      In den ersten beiden Punkten haben Sie sicher recht. Aber welche vergewaltige Frau würde sich "Mithilfe" bei der Erziehungsarbeit wünschen? Die Männer werden meistens von der Erziehungsarbeit ausgeschlossen - und das bei Vergewaltigern sicher auch zu recht und aus gutem Grund.

      • @Velofisch:

        Ja, unpräzise ausgedrückt. Gemeint waren in Punkt 3 die normalen Väter, die sich vor oder nach der Geburt aus dem Staub machen. Wär' mal einen Artikel wert...

        Natürlich möchten Frauen einen Vergewaltiger in der Regel nie wiedersehen, aber gerade deswegen ist es obszön, wenn der ihnen dann noch zusätzlich schaden und eine Schwangerschaft aufbürden darf.

      • @Velofisch:

        Wenn es immer nach den "guten Gründen" ginge, haben Sie sicher recht, VELOFISCH. Wenn sie die freie Wahl hätte, würde keine Frau der Welt ihren Vergewaltiger an der Erziehungsarbeit beteiligen. Leider geht es nicht immer nach den "guten Gründen". Viel zu oft müssen Menschen, gerade auch Frauen, unter Zwang entscheiden. Wenn das der Fall ist, wählen manche Frauen eher praktisch als prinzipiell.

         

        Aber keine Angst, VELOFISCH, das müssen Sie nicht wissen. Sie sind ja schließlich Mann - und sicher auch ganz furchtbar stolz darauf.

        • @mowgli:

          Ach unterstellen Sie mir nichts. Ansonsten haben Sie recht, Zwang gibt es in vielen Bereichen und viele Menschen entscheiden dann pragmatisch.

    • @s0r:

      ja...das IST eine Perversion - und imho nicht nur im worst case Szenario einer Vergewaltigung. Und - wie viele Dinge - unglaublich, dass Realität.

      Im Endeffekt soll diese Kontrolle wohl die Auslebung weiblicher Sexualität einschränken helfen, ganz im SInne des Patriarchats, und "wertvolles" Erbgut sicher...während woanders 1000e verrecken. Zum kotzen.