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Abtreibung in FrankreichAufklärung 2.0

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Fe­mi­nis­t:in­nen haben dafür gesorgt, dass das Recht auf Abtreibung in der Verfassung steht. Ein klares Zeichen für weibliche Selbstbestimmung.

Befürworter von Abtreibungsrechten bei einer Kundgebung vor der Universität La Sorbonne in Paris Foto: Michel Euler/AP

N icht nur ein Recht, sondern ein Verfassungsrecht haben sich die französischen Feministinnen und solidarischen Männer erkämpft. Der Unterschied zwischen der bloßen Entkriminalisierung und Legalisierung und einem Anspruch auf die Freiheit, eine unerwünschte Schwangerschaft ohne weitere Rechtfertigung mit medizinischer Hilfe abbrechen zu können, ist alles andere als ein Detail.

Dass sich jetzt beide Parlamentskammern in Frankreich mit deutlichen Mehrheiten dafür ausgesprochen haben, diese Freiheit mit einem Verfassungsartikel zu garantieren, ist deshalb mehr als ein symbolischer Erfolg im Kampf gegen die ultrakonservativen Abtreibungsgegner. Die wollen mit ihrer Propaganda und Kundgebungen das Rad der Geschichte weiterhin zurückdrehen.

Wie in anderen Ländern – und nicht nur in den USA sind die Errungenschaften des Abtreibungsrechts gefährdet – war es in Frankreich bisher durchaus möglich, dass der Gesetzgeber mit einer reaktionären Mehrheit diese Freiheit wieder einschränkt oder streicht. Dieses Risiko wird jetzt in Frankreich, wo eine dramatische Rechtswende nicht auszuschließen ist, mit einem Zusatz in der Verfassung weitgehend ausgeschlossen.

Dass sich der in dieser Frage zögernde Senat ebenfalls dazu durchgerungen hat, ist ein beispielhafter Erfolg der außerparlamentarischen Mobilisierung auf der Straße und in den Medien. Auch eine Reihe der Senatsmitglieder musste deshalb einsehen, dass eine Ablehnung des Verfassungsartikels für die Abtreibung schlicht beschämend für sie gewesen wäre.

Am Montag muss der Verfassungsartikel noch von den Abgeordneten und Senatoren im Kongress abgesegnet werden. Doch mit ihrem jeweiligen Votum haben die Mitglieder der beiden Parlamentskammern bereits ihre Weitsicht bewiesen. Sie liefern so der restlichen Welt einen Weg, um die Frauenrechte gegen politische Schwankungen zu schützen. Für ein Mal wird Frankreich seinem Anspruch, seit der Aufklärung eine universelle Vorreiterrolle zu spielen, gerecht.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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