Absurde Klimapolitik in Helsinki: Finnland zerstört CO2-Speicher

Fürs Klima ist die Torfverbrennung schlecht. Die finnische Regierung will sie nun dennoch künstlich hochfahren – des Koalitionsfriedens wegen.

Übersicht einer Moorlandschaft

Gewaltiger CO2-Speicher – eigentlich: Moorlandschaft im Oulanka National Park Finnland Foto: Imago

Stockholm taz | Finnlands Klimapolitik ist zu erfolgreich: Der CO2-Ausstoß des Landes fällt schneller als von der Regierung geplant. Nun soll mit Hilfe von Steuergeldern dafür gesorgt werden, dass es langsamer geht.

Absurd? Nicht nach der Logik der Regierung in Helsinki. Die war im April in eine Haushaltskrise geschlittert. Die rechtsliberale Regierungspartei Zentrum kommt seit den Wahlen vor 2 Jahren, bei denen sie gleich ein Drittel ihrer Stimmen verloren hatte, nicht aus dem Tief heraus. Nun wollte sie auf sich aufmerksam machen und drohte damit, sowohl dem Staatshaushalt als auch dem Corona-Hilfspaket der EU ihre Zustimmung zu verweigern. Die Koalition wäre am Ende gewesen, die Regierung von Ministerpräsidentin Sanna Marin hätte ihre Parlamentsmehrheit verloren.

Die Drohungen fruchteten. Neben einigen Änderungen des Budgets ließ sich die Zentrumspartei ihr Verbleiben in der Regierung damit schmackhaft machen, dass die Torfverbrennung nun künstlich hochgehalten wird. Die Verbrennung von Torf ist in Finnland noch weit verbreitet. Dabei ist sie eine der klimaschädlichsten Methoden, Energie zu erzeugen, weil Moorböden zu den effektivsten CO2-Speichern gehören und schon bei der Trockenlegung viel Treibhausgas frei wird. Insgesamt trägt die Torfverbrennung über 10 Prozent zum finnischen CO2-Ausstoß bei – mehr als der gesamte PKW-Bestand.

Doch mit den steigenden Preisen für CO2-Verschmutzungsrechte war dieser Brennstoff den Fernwärmewerken, die den Torfabbau in den vergangenen Jahren vorwiegend am Leben gehalten hatten, zu teuer geworden. Sie wechselten zu Brennstoffen mit geringeren Emissionen. Ganz im Sinn des Emissionshandelssystems – aber nicht in dem der Zentrums-Vorsitzenden Annika Saarikko: „Das geht zu schnell“, sagte sie.

Am Torf hängen 4.000 Arbeitsplätze

Am Torf hängen 4.000 Arbeitsplätze, meist in strukturschwachen Gegenden, wo die Zentrumspartei noch viele ihrer verbliebenen WählerInnen findet. PolitikerInnen, deren Horizont nur bis zum nächsten Wahltermin reicht, ist Klimaschutz bekanntlich schnuppe, wenn es um angestammte Arbeitsplätze geht. Und Anfang Juni sind in Finnland Kommunalwahlen, die Saarikko und ihre Partei fürchten müssen.

Sie setzten sich jedenfalls mit der Erpressung durch: Die SteuerzahlerInnen zahlen für nun dieses und das kommende Jahr 70 Millionen Euro, damit es sich für die Fernwärmewerke rechnet, länger Torf zu verbrennen und die finnische CO2-Bilanz zu verschlechtern. Zudem gibt es bis 2029 umfassende Steuererleichterungen, die dem gleichen Zweck dienen sollen.

„Die Förderung der Torfverbrennung lässt sich weder mit der erforderlichen Umstellung des Energiesystems vereinbaren, noch ist sie eine sinnvolle Verwendung von Staatsmitteln“, konstatiert die grüne Umweltministerin Krista Mikkonen. Trotzdem segnete ihre Partei den Deal ab, so Mikkonen, „um die Regierung zusammenzuhalten, damit die ihre Arbeit zur Eindämmung der Klimakrise fortsetzen kann“. Über diese Linie schütteln auch große Teile der grünen Parteibasis nur noch den Kopf.

Im Juni wird das Zentrum vermutlich den nächsten Erpressungsversuch starten. Da behandelt das Parlament den Zeitplan für die Umstellung auf fossilfreien Straßenverkehr. Die geht der rechtsliberalen Partei und ihrer ländlichen Klientel nämlich auch zu schnell. Und im Herbst steht dann die Entscheidung über die mittelfristige Energiestrategie an – mit ähnlichen Fronten.

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