Finnland will 2035 klimaneutral sein: Finnische Kohle heißt Torf

Helsinki plant bis 2035 Klimaneutralität. Dabei soll auch Atomstrom helfen. Womöglich noch strittiger ist der klimaschädigende Torfabbau.

Luftaufnahme einer Moorlandschaft in Finnland

Luftaufnahme einer Moorlandschaft in Lappland Foto: Juan Carlos Munoz/imago

STOCKHOLM taz | Finnland hat ehrgeizige Klimaziele. Schon 2035 will das Land „kohlendioxidneutral“ sein. „Als erster Wohlfahrtstaat der Welt“, wie die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin bei der Vorlage des Klimaplans ihrer Regierung stolz betonte.

Der Plan ist allerdings eher eine Skizze. Die fünf Koalitionsparteien haben sich allenfalls darauf geeinigt, wie die 35 Millionen Tonnen CO2, die jährlich weniger an die Atmosphäre abgegeben werden dürfen, auf die einzelnen gesellschaftlichen Sektoren verteilt werden sollen.

Grob gesprochen, soll das Ziel durch eine umfassende Elektrifizierung in den Bereichen der industriellen Produktion und des Verkehrs erreicht werden. Der Strom soll neben einem Ausbau bei den Erneuerbaren auch von zwei neuen AKWs kommen. Dem mittlerweile schon zwölf Jahre verspäteten Reaktor Olkiluoto 3, der nächstes Jahr ans Netz gehen soll, und dem Reaktor Hanhikivi, mit dessen Produktionsstart ursprünglich für 2020 gerechnet worden war, für den es aber noch keine Baugenehmigung gibt. Nun peilt der Lieferant, der russische Staatskonzern Rosatom, das Jahr 2028 für eine Fertigstellung an.

Unsicherheiten in der Klimaplanung gibt es aber nicht nur hier. „Kohlendioxidneutralität“ bedeutet einen Netto-null-Ausstoß bei Klimagasen. Also eine Balance zwischen dem, was tatsächlich noch an CO2 an die Atmosphäre abgegeben wird, und dem, was einheimische CO2-Senken wie Wälder oder Torfmoore absorbieren. Finnland ist, was solche Kohlendioxidsenken angeht, von der Natur begünstigt. Aber schon jetzt streiten sich Fachleute, wie viel Wald noch abgeholzt werden darf, damit die Rechnung aufgeht. Die Vorstellungen von Industrie und Klimaschützern, aber auch von Regierung und EU liegen weit auseinander.

Fridays und Mondays for Future

Und auch die Torfmoore sind ein Knackpunkt. In Finnland wird im großem Umfang Torf zur Strom- und Wärmeproduktion verfeuert. Fast ein Fünftel der FinnInnen wohnt oder arbeitet in Gebäuden, die mit aus Torf gewonnener Fernwärme beheizt werden. Die Klimagase aus der Torfverbrennung stehen für über 10 Prozent des finnischen CO2-Ausstoßes – mehr als der gesamte Pkw-Bestand des Landes dazu beiträgt. Und am Torf hängen 4.000 Arbeitsplätze, meist in strukturschwachen Gegenden. Relativ gesehen ist ihr Anteil mehr als doppelt so hoch wie der für die verbliebenen Kohle-Arbeitsplätze in Deutschland.

Torf ist politisch also ein heißes Thema. Der Streit über seine Zukunft geht quer durch die ­Koalition. Bisherige Pläne wollen die Torfverbrennung bis 2030 halbieren. Rund einhundert KlimademonstrantInnen, die angesichts der Regierungsberatungen am Montag einen zusätzlichen Demo-Tag zum üblichen Freitag eingelegt hatten, machten deutlich, dass ihnen so ein Zeitplan überhaupt nicht reicht.

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