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Abspaltung von der AfDAlternative zur Alternative kommt

Der „Weckruf“-Verein um Ex-AfD-Chef Bernd Lucke will eine neue Partei gründen. Unklar ist, welche Rolle Lucke darin spielen wird.

Bernd Lucke auf einer Wahlparty der AfD im Mai in Bremen. Nicht im Bild: die Party Foto: dpa

Berlin dpa | Anhänger des abgewählten AfD-Chefs Bernd Lucke haben nach einem Medienbericht intern die Gründung einer neuen Partei angekündigt. Dazu hätten sie ein entsprechendes Papier an die Mitglieder des Vereins „Weckruf 2015“ geschickt, berichtet der SWR, dem das Schreiben vorliegt. In dem Verein haben sich liberal-konservative Kräfte versammelt, viele von ihnen wie Lucke inzwischen aus der AfD ausgetreten.

Bereits am kommenden Sonntag wollten 70 Mitglieder aus dem Vorstand und den Landesverbänden die neue Partei gründen, schrieben die Verfasser laut SWR weiter. Es sei aber organisatorisch nicht möglich, alle Interessierten dazu einzuladen.

Welche Rolle Lucke bei der Parteigründung spielen könnte, ist offensichtlich unklar. Er hat den „Weckruf“-Verein zwar mit ins Leben gerufen. In dem Aufruf komme sein Name aber nicht vor, berichtet der Sender.

Die Verfasser machen dem Bericht zufolge deutlich, dass sie als „Weckruf“-Vertreter das Ziel verfolgt hätten, in der Alternative für Deutschland (AfD) für ihren liberal-konservativen Kurs zu kämpfen, seit dem Parteitag in Essen die Situation aber anders sei. Der liberal-konservative Flügel hatte dort keine Mehrheit, Lucke unterlag bei der Vorsitzendenwahl Frauke Petry, die vom national-konservativen Lager inthronisiert wurde. Die „Weckruf“-Autoren schrieben laut SWR, „der fundamentalistische und der nationalkonservative Flügel“ würden die gewonnene Macht nicht wieder abgeben. „Die AfD ist daher für uns verloren.“

Schlechteste Umfragewerte seit 2013

Nach dem Parteitagskrach ist die AfD in der Wählergunst abgestürzt. In einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag erreicht sie zurzeit nur drei Prozent der Wählerstimmen und damit zwei Prozentpunkte weniger als noch in der Vorwoche. Das ist dem Bericht zufolge der schlechteste Wert für die AfD seit knapp zwei Jahren. Zuletzt hatte die Partei bei Emnid im September 2013 bei drei Prozent gelegen – vor dem Einzug in mehrere Landesparlamente und das Europaparlament.

Die AfD war zuletzt von heftigen Machtkämpfen erschüttert worden, die der nationalkonservative Flügel um Frauke Petry auf dem Parteitag am 4. Juli für sich entschied. Die Partei hat seither fast zehn Prozent ihrer 21. 000 Mitglieder verloren.

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7 Kommentare

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  • Die AfD ist damit gescheitert. Und eine Neugründung wird schwierig.

     

    Dabei brächten wir eigentlich dringend eine Auffrischung in der Parteienlandschaft. Nur ist eine Parteineugründung nicht so einfach, insbesondere bei einem trägem Volk das sich in Teilen als moralisch überlegen ansieht, Rechts wie Links.

     

    Und die tief eingefahrenen Denkweisen von Rechts und Links machen es auch nicht einfacherer. Die Piraten sind daran schon gescheitert, und nun die AfD.

  • "Nach dem Parteitagskrach ist die AfD in der Wählergunst abgestürzt. In einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag erreicht sie zurzeit nur drei Prozent der Wählerstimmen und damit zwei Prozentpunkte weniger als noch in der Vorwoche. "

     

    Die drei Prozent sind noch recht viel, aber das ist ja erst der Anfang der Bewegung. Nun muss ich aber sagen, dass Lucke und Kruse usw. allesamt nicht durchschaut haben, dass ihr Schiff von rechts-national und rechtsextrem gekappert werden sollte, sie wollten das aber auch nicht sehen. Klar, was es schon lange. Aber bei Parteineugründungen tauchen immer alle dubiosen gescheiterten und sonderbaren Menschen auf, die sich für politikfähig halten - Siehe Nockemann in Hamburg.

     

    Mit einer neuen 'Partei' könnten Lucke und Freunde aber scheitern, denn das kostet viel Energie und bislang sind sogenannte 'bürgerliche' Parteineugründungen allesamt gescheitert und zwar alle auch gleich: Durch inneren Zerfall.

     

    Wer sich die neue AfD-Chefin Petry im TV angesehen hat, der konnte das Scheitern gut nachvollziehen: Ein paar Anfänger spielen Bundespartei und werden dafür bald abgestraft.

     

    Solche Parteitage mit Pöbeleien, aggressiver Grundstimmung und starken Anfeindungen sind wie eine Art Ermächtigung, das war keine einfache Abwahl, sollte es ja auch nicht sein, sondern die Verierer sollten öffentlich vorgeführt werden - das konnte jeder sehen und fast jeder kann das auch deuten: Die wollen rechtsextrem werden, wollen die Alten loswerden und die Partei umfunktionieren, in ihrem Sinne und dabei lügen sie jeden an, der blöd genug ist, ihnen überhaupt zuzuhören.

     

    Bei Lucke und Kruse ist das schon anders: Zwar tischen sie mehr oder weniger auch historischen Abfall auf, aber sie machen es gesittet und sie müssen nicht einen Saal einschüchtern oder unstete, aggressive Menschen für sich instrumentalisieren.

     

    Ich gebe ihnen allerdings null Chance mit ihrer neuen Partei.

  • Ist es denkbar, dass der Verfassungsschutz auch Parteien wie AfD und die Piraten mit V-Leuten unterwandert um sie unwählbar zu machen? Die CDU/CSU haben ein grosses Interesse, dass es keine konservative Partei neben ihnen gibt. Das beste Mittel dazu ist neue Parteien in die nationalistische Ecke zu stellen. Wenn die NPD nicht verboten werden darf, weil sie vom Verfassungsschutz gesteuert wird (und daher eigentlich der Verfassungsschutz zu verbieten wäre), erscheint es unwahrscheinlich, dass der Verfassungsschutz bei der AfD nicht mit aktiv wäre. Eigentlich sollten V-Leute nur beobachten - doch auch im neuen V-Leute Gesetz gibt es eine solche Einschränkung nicht.

    • @Velofisch:

      Hm, welches Interesse hat denn die CDU/CSU daran die Piraten kurz zu halten? Die Schwächen doch eher die SPD und Grünen.

      Außerdem hat der Verfassungsschutz nicht derart viele Mitglieder. Ich habe sowohl AfDler als auch Piraten kennengelernt, auf jeden der sich wirklich aufrichtig um eine gemäßigte aber alternative Politik bemüht kommt ein Sektierer der in einer orwellschen Phantasiewelt lebt und ansonsten den links- bzw rechtsrandigen Stammtisch zitiert.

       

      Kurz formuliert: Alternative Parteien ziehen die Politikverdrossenen an, leider sind unter diesen neben normalen Menschen auch zuviele mit Alu-Helm. Und wenn man die überlebt hat kommen die Radikalen von beiden Seiten. Die Piraten waren eine Netzpartei und wurden von Linksextremen "geentert", die AfD war eine Euro-kritische Partei die sich Pegida eingefangen hat.

    • @Velofisch:

      Extrem schädlich für die AfD war natürlich der Spruch von Frauke Petry auf dem letzten Parteitag, dass der Islam grundgesetzwidrig sei. Schließlich besteht Religionsfreiheit in Deutschland.

       

      Aber einer Religion und nicht nur den dortigen Extremisten so etwas nebenbei in die Schuhe schieben zu wollen ist widerwärtig und grundgesetzwidrig.

       

      Ist denn nach Ihrer Theorie Petry eine V-Frau?

      • @Celsus:

        " Allerdings hält sich deren 'echter' Handlungsspielraum sehr stark in Grenzen, zumal die Grundaufgabe immer das Ausforschen, nicht das agieren ist."

         

        Ähhhhh?

         

        Haben Sie das Scheitern des letzten Verbotsantrag der NPD und die Rolle der V-Leute in dem Zusammenhang völlig verschlafen?

         

        Und wo waren Sie die letzten Jahre anläßlich des Prozesses um die Morde der NSU und dessen Kontext der Ermittlungsbehörden und der Rolle des Verfassungsschutzes?

         

        Auf dem Momd?

      • @Celsus:

        Gurndsätzlich: Ja.

         

        Die AfD hat rechtsextreme, verfassungsfeindliche Gruppierungen angezogen und in so einem Fall legt die Behörde dann auch los. Allerdings hält sich deren 'echter' Handlungsspielraum sehr stark in Grenzen, zumal die Grundaufgabe immer das Ausforschen, nicht das agieren ist.

         

        Ansonsten ist das auch sehr heikel, weil das vollkommen legal und im legalen Sinne erwünscht ist, sich als Partei zusammen zu schließen. Da bei der AfD von Anfang rechtsextreme Leute immer wieder irgendwo aufgetaucht sind, ist es klar, dass da auch der VF auf den Plan getreten ist. Allerdings steckt der garantiert nicht hinter Petry und diesem Parteitag, weil die Zielrichtung des VF wohl andersherum gewesen wäre: Denen kommt eine neue rechtsextreme AfD mit Abgeordneten in Parlamenten definitiv nicht zu pass. Und eine Anwerbung von Petry für Verschwörungstheorie - fehlt ihr doch ein echter, nachgewiesener radikaler Hintergrund.