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Abschied von Shiri, Ariel und Kfir BibasAngehörige quälen ist eine Strategie der Hamas

Wie weiterleben, hat sich unsere Kolumnistin in den letzten Tagen gefragt. Nicht für sich selbst, sondern für die Hinterbliebenen der Terroropfer.

Berlin, 26. Februar: Kerzen und Blumen für Shiri Bibas und ihre Kinder Ariel und Kfir vor dem Brandenburger Tor Foto: Clemens Bilan/epa

A lles war orange an diesem Mittwoch in Berlin für mich. Der Tee in meiner Tasse, der Himmel, wenn ich nur lange genug die grauen Wolken ansah, und die Tabs auf meinem Laptop, die alle dasselbe zeigten: den Abschied von Shiri Bibas und ihren Söhnen Ariel und Kfir in Israel.

Tausende Israelis nahmen an diesem Mittwochmorgen an einem Trauerzug für die drei teil. Die Menschen hielten Schilder mit gebrochenen orangefarbenen Herzen hoch – orange als Erinnerung an die beiden rothaarigen Kinder. „Sorry“ stand auf manchen Postern, Israelfahnen wehten am Straßenrand, und die Menschen weinten.

Als Shiri, Ariel und Kfir am 7. Oktober 2023 von der Mörderbande Hamas aus ihrem Zuhause im Kibbuz Nir Oz entführt wurden, waren die beiden Kinder gerade einmal 4 Jahre und 9 Monate alt, Shiri 32 Jahre. Die forensischen Untersuchungen ihrer Überreste legten offen, dass sie in Geiselhaft getötet wurden, die beiden Jungen im November 2023 – nicht, wie von der Hamas behauptet, durch einen israelischen Luftangriff, sondern mit bloßen Händen.

Später sollen die Terroristen „grausame Taten“ an den Kindern begangen haben, um ihre Gräueltaten zu vertuschen. War Shiri dabei, als ihnen Gewalt angetan wurde? Wurde sie gezwungen, dabei zuzusehen? Allein diese Fragen zu formulieren, ist kaum auszuhalten.

Wie konnte das nur geschehen? Warum hat die Welt das nicht verhindert? Der Mord an Shiri, Ariel und Kfir kann nur als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden; die Übergabe der getöteten Kinder war eine sadistische Propagandashow mit Volksfestcharakter, die von jubelnden Kindern und anderen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen verfolgt wurde. Eine Vorführung, als psychologische Folter eingesetzt. Drei Generationen wurden ausgelöscht: Shiris Eltern, Margit Shnaider Silberman und Yossi Silberman am 7. Oktober, ihre Söhne und Shiri selbst.

Wie nennt man das? Terror?

Die Hamas greift gezielt Familien an, instrumentalisiert diese Bindung zu eigenen Zwecken. Wie nennt man das? Terror? Sadismus? Das pure Böse? Die israelische Völkerrechtlerin Cochav Elkayam-Levy hat dafür den Begriff ­Kinozid geprägt. Elkayam-Levy leitet eine unabhängige Kommission, die die Hamas-Verbrechen gegen Frauen und Kinder am 7. Oktober untersucht – um diese später vor internationalen Gerichten zu verfolgen.

Kinozid bezeichne die Instrumentalisierung von Familien, als Mittel der psychologischen Kriegsführung. Die Hamas ziele nicht nur darauf ab, individuelles Leid zuzufügen, sondern auch Trauma in der ganzen Gesellschaft zu erzeugen, sagen die Expert:innen.

Wie weiterleben? Diese Frage habe ich mir in den letzten Tagen immer wieder gestellt. Nicht unbedingt für mich, das wäre vermessen. Aber wie soll ein Weiterleben für die direkt betroffenen Familien möglich sein? Weiterleben, wenn die kollektive Katastrophe noch immer anhält. Wenn ihre Liebsten zwar aus der Gewalt der Hamas befreit sind, aber nun für immer von dieser Welt sind.

Wieder­gutmachung ist nicht möglich, Zuversicht rar

Wiedergutmachung ist nicht möglich, Zuversicht rar. Menschen sind tot, immer noch verschleppt, und eine Zukunft des friedlichen Zusammenlebens scheint fern oder wird durch wahnsinnige Vertreibungspläne des US-Präsidenten torpediert.

Ich spüre große Demut vor Shiris Schwester Dana Silberman-Sitton, die sich trotz erlebten Leids nicht der Dunkelheit hingibt, nicht verhärtet. In ihrer Trauerrede sagte sie: „Ich verspreche euch, dass die Monster jenseits des Zauns mit ihrer Mission keinen Erfolg haben werden. Sie werden uns nicht besiegen, sie werden uns nicht brechen.“

Ungewissheit ist unerträglich. Nach 1,5 Jahren kann die Familie endlich trauern, doch der Verlust bleibt. Es gibt großartige Menschen auf dieser Welt, aber nie wieder Shiri, Ariel und Kfir. Sie wird es nie wieder geben.

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Erica Zingher
Autorin und Kolumnistin
Beschäftigt sich mit Antisemitismus, jüdischem Leben, postsowjetischer Migration sowie Osteuropa und Israel. Kolumnistin der "Grauzone" bei tazzwei. Beobachtet antidemokratische Bewegungen beim Verein democ. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.
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6 Kommentare

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  • "In ihrer Trauerrede sagte sie: „Ich verspreche euch, dass die Monster jenseits des Zauns mit ihrer Mission keinen Erfolg haben werden. Sie werden uns nicht besiegen, sie werden uns nicht brechen.“"

    In Israel leben so großartige Menschen. Ich hoffe, sie wachsen weiter zusammen und werden aus diesem furchtbaren Massaker gestärkt und geeint hervorgehen.

    Für Deutschland wünsche ich mir ein stärkeres und konsequenteres Vorgehen gegen die Anhänger und Unterstützer der Täter des 07.10.23, ebenso wie die strenge strafrechtliche Verfolgung der Menschen, die auf ihren Demonstrationen zum Mord an Juden aufrufen. Auch Gesetzesverschärfungen würde ich diesbezüglich befürworten.

    Was für Personen es sind, die Ariel und Kfir das angetan haben, kann ich mir, ebenso wenig wie den Täter- und Unterstützerkreis des 07.10.23 und deren Anhänger, nicht einmal im Entferntesten vorstellen. Ein Zusammenleben mit solchen Personen erscheint mir nicht möglich. Ich hoffe sehr, dass von den Bürger:innen Gazas viele die Möglichkeit nutzen, Gaza zu verlassen.

  • Es ist herzzerreißend. Ich habe ernsthaft lange geglaubt, dass irgendein Wunder geschieht.

    Kfir Bibas.



    Ariel Bibas.



    Shiri Bibas.

    Der Ehemann und Vater, der jetzt alleine weiterleben muss.

    Keine Entschuldigungen für die Hamas: Sie hat diese Familie getötet.

    Netanjahu hat sie sterben lassen und wagt es jetzt, ihre Bilder hochzuhalten.

    • @Stavros:

      "Netanjahu hat sie sterben lassen ..."

      Hier bin ich anderer Ansicht. Herr Netanjahu trägt bei all' seinen Defiziten die Verantwortung für jede/n israelische/n BürgerIN und für den Fortbestand der Existenz Israels. Wenn er und seine vielen und kompetenten (keine Ironie (!)) BeraterInneEN keine Möglichkeit sahen, den Forderungen der gazanischen Regierung nachzugeben, vertraue ich darauf, dass es die zu dem damaligen Zeitpunkt richtig erscheinende Entscheidung war. Bitter, traurig, furchtbar und schwer auszuhalten. Ich denke, im Umgang mit den Tätern des 07.10.23 und deren Anhängern und Unterstützern stößt jeder "normale" Mensch an seine Grenzen und diesbezüglich halte ich Herrn Netanjahu und seine BeraterInneEN für "normale" Menschen.

  • Hier stößt meine Empathie an die Grenzen. Wie soll ich mich in diese Menschen hineinversetzen? Klar, vielleicht brauchen diese Menschen, Menschen wie mich, die dieses Leid nicht nachempfinden müssen, damit rationale und vernünftige Entscheidungen getroffen werden können. Wut, Hass und Rache dürfen das Handeln nicht bestimmen, aber ist es so einfach? Auch ich trage Wut, Hass und Rache angesichts dieses unfassbaren Verbrechens in meinem Herzen, bin jedoch auf viele Betroffene angewiesen, die mir Trost spenden, weil sie, trotz ihres Leidens, sich gegen den negativen Einfluss entschieden haben. Seltsam, eigentlich müsste es doch umgekehrt sein.

  • Bei Folter und Vergewaltigungen geht es meistens nicht um die Befriedigung niederer Triebe, sondern um Erniedrigung und Erpressung im terroristischen Rahmen.

  • Die Trauer für die 3 ist verständlich. In Gaza wird dagegen tausendfach getrauert.