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Abschiebungen aus DeutschlandEuroparat kritisiert Vorgehen

Deutschland informiere Menschen in Abschiebehaft zu spät über die Abschiebung, sagt das Anti-Folter-Komitee des Europarats. Auch die Unterbringung wird kritisiert.

Gefängnishof der Abschiebehaftanstalt in Eichstätt Foto: dpa

Straßburg dpa | Das Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) hat kritisiert, dass Abschiebungen aus Deutschland den Betroffenen häufig zu kurzfristig angekündigt werden. Es sei unerlässlich, dass den Menschen rechtzeitig mitgeteilt werde, dass sie Deutschland verlassen müssten, erklärte das CPT in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht (hier geht es zum Pdf). Nur so könnten sich die Menschen psychisch mit der Situation auseinandersetzen.

In dem Papier hieß es, deutsche Behörden benachrichtigten die Betroffenen in Abschiebehaft erst spät oder in letzter Minute über ihre bevorstehende Abschiebung. Auch in Fällen, bei welchen die Betroffenen nicht in Haft waren, war die Benachrichtigung nach Darstellung des Komitees nicht immer eine Woche vor dem Ausweisungsdatum erfolgt.

Die CPT-Experten machten ihre Beobachtungen bei der Begleitung einer Abschiebung von München in die afghanische Hauptstadt Kabul im August vergangenen Jahres. Der Ablauf der Ausweisung sei generell gut vorbereitet und professionell gewesen, erklärte das Komitee.

Einige der Menschen gaben nach Darstellung im Bericht aber an, dass ihnen nicht genügend Zeit gegeben wurde, um sich auf ihre Abschiebung vorzubereiten. Sie seien erst kurz davor von der Polizei abgeholt worden, teilweise nachts, und hätte auch nicht ausreichend Zeit gehabt, alle ihre Habseligkeiten zusammenzupacken.

Einige der von Abschiebung betroffenen Menschen gaben an, dass ihnen nicht genügend Zeit gegeben wurde, um sich auf ihre Abschiebung vorzubereiten

Das CPT besteht aus Experten des Europarats und hat seinen Sitz im französischen Straßburg. Die Berichte zu den Besuchen sind keine Ermittlungen gegen einen Staat. Sie dienen lediglich dazu, die Einhaltung der Menschenrechte in Gefängnissen in den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats zu überprüfen.

Betroffene in Abschiebehaft im ehemaligen Gefängnis in Eichstätt seien erst informiert worden als die Polizei sie abholte, um sie zum Flughafen in München zu bringen, berichtete die Delegation. Aus der Antwort des Bundesjustizministeriums (hier geht es zum Pdf) auf den Report ging hervor, dass die Abschiebung in der Regel eine Woche vor dem Termin angekündigt werden soll – auch den in Haft sitzenden Betroffenen.

Bayern vertrete jedoch die Auffassung, dass den Menschen in Abschiebehaft nicht das genaue Datum genannt werden müsse. Da sie sich in Abschiebehaft befänden, seien sie dadurch über ihre anstehende Ausweisung bereits informiert, hieß es in der Antwort.

Das Anti-Folter-Komitee, das Haftbedingungen in Europa überprüft, bemängelte zudem die Einrichtung des besuchten Abschiebegefängnisses in Eichstätt. Das Wachpersonal dort sei nicht speziell geschult, außerdem würden die dort untergebrachten Männer mehr wie Strafgefangene behandelt.

Das Anti-Folter-Komitee, das Haftbedingungen in Europa überprüft, bemängelte zudem die Einrichtung des besuchten Abschiebegefängnisses in Eichstätt

So dürften sie beispielsweise nicht ihre eigene Kleidung tragen und hätten nur eingeschränkten Zugang zu Mehrzweckräumen, um sich die Zeit zu vertreiben. Außerdem könnten die Insassen nicht direkt einen Arzt sprechen, sondern müssten einen Termin erst bei einem der Aufpasser anmelden, wie der Bericht bemängelte.

In ihrer Antwort erklärte das Ministerium, dass die Männer in Abschiebehaft meist nicht genügend eigene Kleidung besäßen, um diese regelmäßig zu wechseln – deshalb werde auf Kleidung der Haftanstalt zurückgegriffen.

Die in Eichstätt eingerichtete Freizeithalle könne zudem erst länger geöffnet werden, wenn es für die zusätzliche Zeit Sicherheitspersonal gebe. Dass ein direkter Arztbesuch für die Insassen nicht möglich sei, wies das Justizministerium zurück.

Die Delegation forderte in ihrem Bericht, dass an Abschiebungen beteiligte Polizisten eine Kennzeichnung tragen müssen. Bei der begleiteten Ausweisung aus Bayern sei das nicht der Fall gewesen.

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6 Kommentare

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  • Merkwürdig weich eingehegt dieser taz Bericht, warum erwähnt taz Beitrag CPT Bericht nicht zu folgendem Kritik Punkt Folter Praxis bei sog Abschiebeverfahren?

    Zitat: (Quelle: CPT Bericht )

    "In der Nacht zum 15. August 2018 wurden 46 Afghanen mit einem Charterflugzeug von München nach Kabul abgeschoben. Zur Überwachung der Migranten waren rund hundert Polizisten an Bord.



    ........Methoden, die bei den Betroffenen ein Erstickungsgefühl auslösten oder ihnen starke Schmerzen zufügten - etwa durch Quetschen der Genitalien - müssten untersagt werden.

    Auf dem Flug im August 2018 wurde laut CPT ...ein Mann von sechs Polizisten festgehalten. Ein Beamter habe ihm einen Arm gegen den Hals gedrückt, was seine Atemfähigkeit eingeschränkt habe. Ein anderer Polizist habe dem am ganzen Körper mit Klebeband Gefesselten mehrmals für längere Zeit die Genitalien gequetscht.

    Diese Methode "zielt eindeutig darauf ab, durch Zufügung starker Schmerzen kooperatives Verhalten zu erreichen", .... . Ein solches Vorgehen sei "unverhältnismäßig und unangemessen". Deutschland müsse "sofort Maßnahmen ergreifen", um die Anwendung dieser Techniken zu unterbinden.

    Das Bundesjustizministerium teilte mit, die Bundespolizei sei von dieser Empfehlung in Kenntnis gesetzt worden und habe sie "aufgegriffen". (Zitat Ende)

    Bundesregierung habe CPT Kritik aufgegriffen, als ob das an Fürsorge- , Dienstaufsicht gegenüber eigenen Bediensteten reicht, solcher Art "Folter Arbeitsplätze" in sog normalen Abschiebeverfahren gehören abgeschafft und zwar sofort, damit Beamte, Polizisten, JVA personal nicht weiter in Gefahr unterwegs sind, Komplizen wegen amtlich administrierter Vergehen gegen allgemeine Menschenrechte sonders des Asylrechts zu sein.

    Jetzt verstehe ich, warum über 100 Piloten sich verweigern, von der Startbahn mit Abschiebehäftllingen und Begleitpersonal von bundesdeutschen Flughäfen abzuheben.

    • @Joachim Petrick:

      Da bin ich völlig bei Ihnen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Geht es vielleicht auch ein wenig ruhiger?.



    Fakt ist doch, dass diejenigen, die ausreisen müssen, dies selten tun.



    Werden sie sehr früh auf den Termin hingewiesen, tauchen sie unter.



    Wie also soll das gelöst werden?



    Macht doch mal konkrete Vorschläge statt immer nur zu meckern.

  • Der Artikel ist selbstverständlich ein Bericht, inhaltlich ist dieser Bericht hinsichtlich seiner enthaltenen Kritik an Dummheit, oder sollte man besser sagen, dass man das CPT meint, kaum zu überbieten.

    Dass Abschiebung keine Ausweisung nach dem AufenthG ist (s. PP 53 ff AufenthG), geschenkt, "Europa" nennt die Abschiebung (zB PP 58, 59 AufenthG) eben so.

    Die Pflicht nach nationalem Recht zur Ankündigung der Abschiebung wurde gelockert, da Betroffene in nicht unwesentlicher Anzahl nach Ankündigung "untergetaucht" waren.

    Dass Ausreisepflicht besteht und die Abschiebung erfolgen wird, soweit die Voraussetzungen vorliegen, wird den Menschen schriftlich mitgeteilt, zB mit dem Asylbescheid.

    • @Gerhard Krause:

      `Ja Klar` - `Alles Wunderbar ...

      Deswegen bemängeln Experten des Flüchtlings- & Menschenrecht sowie die Weltgemeinschaft auch die gegen Genfer Flüchtlingskonvention & Menschenrecht verstoßenden Abschiebepraktiken hierzulande - u.a. hinsichtl. Abschiebung von Kriegsflüchtlingen in `Sichere`Kriegsgebiete - auch Permanent seit Änderung des Aufenthaltsgesetzes ...

      & Deswegen bekommen die Deutschen Behörden von Internationalen NGO-Organisationen auch Regelmäßig das Prädikat `Gekennzeichnet von Gravierenden Mängeln im Umgang mit Elementarsten Grund- & Menschenrechten` ( Zit. v. Amnest International ) verliehen ...

      www.aljazeera.com/...0509064129338.html

      • @Mr. Fawkes:

        Für Kritik bin ich immer offen, Sie ebenfalls, oder, Entschuldigung, apringen Sie auf Wehklagen einfach auf? Kontrollieren Sie die Arbeit der Behörden?

        Ich bin offen für Kritik, aber nicht für Falschbericht, zB wenn er zu einer Stimmung passt. Sie werden mich gegen das s.g. Rechte genauso angehen sehen, wie gegen Blödsinn von s.g. Links.

        Hier spielen Überzeugungen eine Rolle, und diese werden von allen Seiten - die vor allem eines sind, nämlich vom individuellen Einzelfall nicht betroffen - der Überzeugung nach ausformuliert, worunter der sachliche Teil leidet.



        Und das, nämlich ebenfalls den sachlichen Kern, sind wir uns alle gegenseitig schuldig, um eine Lösung für alle zu finden.

        Sie haben nun einmal im demokratischen Spektrum eine nicht unwesentliche Menge von Menschen, worunter sich ebenfalls Migranten befinden, die meinen - dürfen! - dass das gesamte Thema falsch angefasst wird, weshalb man sich gegen Migration ausspricht. Auch diese Menschen müssen beteiligt werden, sonst erreichen "Sie" keine Befriedung.

        Mir erschließen sich nun einmal die ausländerrechtlichen Vorschriften sowie das gewöhnliche Wirken (soll heißen, ich kenne nat. nicht jeden Einzelfall) der daran beteiligten Behörden. Womöglich Ihnen gleichfalls (?), das weiß ich nicht.

        Innerhalb des Rahmens, den ich überblicke, kenne ich keinen "Vollstrecker", der sich über diese Arbeit freut. Polizei und Ausländerbehörden (hier meine ich das Personal) werden mE überfordert und verbraucht (Unterbesetzung).



        Und versetzen Sie sich einmal in die Lage der Betroffenen, die Sie argumentativ schützen wollen: Wenn das Verfahren hier, was zB den konkreten Ausreisetermin mit - darauf stelle ich konkret ab - unangekündigter Abholung, elemantar grauenhaft wäre, dann würde hier kein Asyl mehr beantragt.