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Abschiebeminister Seehofer wird 75Ein tägliches Geschenk für den Horst

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Als Innenminister freute sich Horst Seehofer über 69 Abschiebungen zum 69. Geburtstag. Nun wird er 75. Was ist mit den Abschiebungen? Eine Abrechnung.

Näher am Menschen? Horst Seehofer und sein Lächeln Foto: Daniel Löb/dpa

E rinnert sich noch jemand an Horst Seehofer? Für die Jüngeren unter den Leser:innen: Der CSU-Politiker war nicht nur zehn Jahre lang Ministerpräsident in Bayern, sondern später auch noch Minister für Inneres, Bau und Heimat im letzten Merkel-Kabinett. Und wie sich das für einen bayrischen Haudegen gehört, fiel er regelmäßig durch zynische Sprüche auf, gern garniert mit atemlos hämischem Kichern.

Wenige Tage nachdem er 69 Jahre alt geworden war, gab er zum Beispiel eine berühmt gewordene Pressekonferenz, in der er sagte: „Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69, das war von mir nicht so bestellt, Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden.“ Und nachdem er diese mit einem sanft süffisanten Lächeln garniert hatte, fügte er hinzu: „Das liegt weit über dem, was bisher üblich war“.

Für diese menschenverachtende Sottise wurde Seehofer damals zu Recht heftigst kritisiert. Claudia Roth (Grüne) warf ihm sprachliche und politische Verrohung vor. Sven Giegold (ebenfalls Grüne) bezeichnete ihn als „Master des Zynismus“. Karl Lauterbach, damals nur Bundestagsabgeordneter der SPD, schrieb auf TwiX, Seehofers Aussage zeige nur, wie fertig der sei. Und die taz stellte ihn mit Donald Trump auf eine Stufe.

Am heutigen Donnerstag feiert Seehofer wieder Geburtstag. Er wird 75 Jahre alt. Aber zum Glück ist er ja seit drei Jahren nicht mehr im Amt.

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Doch was ist eigentlich mit den Abschiebungen? Wie viele Menschen just am heutigen Tag aus dem Land geworfen werden, steht noch nicht fest. Was aber bekannt ist: im ersten Quartal des Jahres 2024 wurden laut Bundesregierung 4.791 Menschen abgeschoben. Das erste Quartal, mithin die ersten 3 Monate, hatte 90 Tage. Geht man mal davon aus, dass die Abschiebebehörden nur werktags, also an 5 von 7 Tagen, tätig werden, kommt man auf im Schnitt – huch – ziemlich genau 75 Abschiebungen pro Tag.

Na herzlichen Glückwunsch!

Das ist die Flüchtlingspolitik der Ampel-Koalition, deren großer Vorsitzender Olaf Scholz endlich Abschiebungen im großen Stil gefordert hatte. Und der alte Zyniker Horst Seehofer darf sich über dieses tägliche Geburtstagsgeschenk freuen. Man hört ihn förmlich hämisch kichern.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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3 Kommentare

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  • Für diese menschenverachtende Sottise ...Verrohung ... „Master des Zynismus“ ... wie fertig der sei...

    Aber entscheidend ist, dass die CSU ihm dafür "standing ovations" entgegenbrachte ...

  • Na Servus

    Und ich dachte: 75 Märklin-Wagons & drei 🚂🚂🚂!



    Als Schlagobers & Gut is! - 🙀🥳🏞️ -

  • Die Zahl der Abschiebungen ist bedeutungslos, wenn man sie nicht in Relation zur Zahl der Ausreisepflichtigen setzt. Dann würde peinlicherweise klar, dass alles andere als "in großem Stil" abgeschoben wird. Wir schieben wenig ab, und wenn, die Falschen. Die, die sich brav an Schule oder Arbeitsplatz abgreifen lassen. Lügen mit Statistik, und das in alle Richtungen. Anstatt hier politisches Kapital, gesellschaftliche Aufmerksamkeit und andere wichtige Ressoucen sinnlos zu verpulvern, sollten wir uns endlich um die im Argen liegende Integration kümmern. Da sind Erfolge zu erzielen, bei der Abschiebung nicht.