Abschiebelager in Albanien: Meloni versucht es weiter
Die italienische Regierungschefin lässt erneut über das Mittelmeer Geflüchtete in albanische Abschiebelager bringen. Kommt sie diesmal damit durch?
Damit soll, wenn es nach der Rechtsregierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geht, endlich die von ihr angestrebte Auslagerung der Flüchtlingsaufnahme weg aus Italien in Gang kommen. In einer ersten Runde sollen die 49 jetzt Eingetroffenen in Shëngjin identifiziert werden, um dann in das ebenfalls von den italienischen Behörden betriebene Lager Gjadër geschafft zu werden.
Dort steht ihnen ein Asylverfahren im Schnelldurchgang bevor: Da sie aus Herkunftsstaaten kommen, die von Italien als sicher eingestuft werden, müssen sie alle mit Ablehnung ihrer Asylanträge rechnen. Im nächsten Schritt kommen sie ins Abschiebelager, das sich auf dem gleichen Gelände befindet – mit dem Ziel, sie zügig in ihre Heimatstaaten auszufliegen.
Völlig offen ist, ob Melonis Rechnung diesmal aufgeht. Zweimal schon, im Oktober und im November 2024, hatte ein italienisches Marineschiff insgesamt 24 Männer nach Shëngjin gebracht. Beide Male jedoch hatten italienische Gerichte deren Verlegung nach Italien angeordnet, da sie die Einstufung Ägyptens und Bangladeschs als sichere Herkunftsstaaten in Zweifel zogen.
Meloni im Zwist mit der Justiz
Meloni glaubt aus zwei Gründen, jetzt mehr Erfolg zu haben. Erstens billigte das Kassationsgericht in Rom – der oberste Gerichtshof des Landes – mit einem im Dezember 2024 ergangenen Urteil der Regierung das Recht zu, eine Liste sicherer Herkunftsstaaten zu erstellen, für die ein beschleunigtes und vereinfachtes Asylverfahren gilt.
Und zweitens hat die Regierung Meloni dafür gesorgt, dass es nun den Appellationsgerichten obliegt, zu prüfen, ob die Regierung in Asylverfahren rechtmäßig handelt. Zuvor lag diese Verantwortung bei den Spruchkammern der Gerichte. Eben jene Spruchkammern standen in Melonis Augen der Regierung und ihrer Asylpolitik feindselig gegenüber.
Ob Melonis Rechnung aufgeht, steht allerdings noch in den Sternen. Denn im Urteil des Kassationsgerichts heißt es auch, dass die Einzelfallprüfung weiter bei der Justiz bleibt – Richter*innen können also weiterhin verfügen, dass Flüchtlinge in Italien ihr Verfahren durchlaufen, statt in Albanien den kurzen, auf Ablehnung zielenden Prozess zu bekommen.
Außerdem hat das jetzt zuständige Appellationsgericht Rom ausgerechnet jene Richter*innen zu sich abordnen lassen, die bisher schon in den Kammern für Immigrationsfragen die Urteile fällten – und die der Regierung jetzt wohl kaum Gefälligkeitsurteile liefern werden.
Kostspieliger Abschreckungseffekt
Für Meloni wäre eine erneute Pleite vor Gericht mehr als unschön. Die „albanische Lösung“ ist ein zentraler Baustein in ihrer auf Abwehr zielenden Migrationspolitik. Ganz offen spricht Innenminister Matteo Piantedosi aus, dass er auf den „Abschreckungseffekt“ setzt, wenn die Migranten wüssten, dass sie gar nicht erst den Fuß auf italienischen Boden setzen werden.
Diesen Abschreckungseffekt lässt sich die Rechtsregierung einiges kosten. Geschätzt eine Milliarde Euro muss Italien in den nächsten fünf Jahren für die Lager in Albanien ausgeben. Doch auch wenn die Maschinerie am Ende in Gang kommen sollte, ist ihr dauerhaftes Funktionieren keineswegs ausgemacht. Denn Ägypten, Bangladesch und Gambia sind bisher nicht als Herkunftsstaaten aufgefallen, die bei der Repatriierung ihrer Bürger große Kooperationsbereitschaft an den Tag legen.
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