Abmahnung gegen Pegida-Polizisten: Richter findet Ironie bei Polizist

Ein LKA-Beamter spricht bei rechten Kundgebungen und wird dafür abgemahnt. Zu Unrecht, sagt ein Richter. Die Meinungsfreiheit gehe vor.

Transparent der Pegida Havelland

Transparent der Pegida Havelland, hier bei einer Kundgebung im März in Rathenow Foto: dpa

BERLIN taz Gerald Hübner hatte geahnt, dass sein Auftritt Konsequenzen haben könnte; vielleicht wollte er sie auch bewusst provozieren. „Wenn Beamte, Leute im öffentlichen Dienst, sich nicht trauen, zu solchen öffentlichen Veranstaltungen zu gehen, weil sie Angst haben, entdeckt zu werden, dann ist was nicht in Ordnung in Deutschland“: Diesen Satz sprach der Berliner Beamte des Landeskriminalamts (LKA) Mitte Januar auf einer Kundgebung von Pegida Havelland in Schönwalde.

Von der Ladefläche eines Kleinlasters, umsäumt von Deutschlandfahnen, umringt von vielleicht 100 Zuhörern, ließ sich Hübner da über die Kriminalitätsstatistik von Zuwanderern in Deutschland aus.

Am Montag nun saß Hübner in einer Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Berlin und verlangte die Löschung einer Abmahnung aus seiner Personalakte, die der Polizeipräsident am 15. November ausgesprochen hatte. Das Land hatte den Kriminaltechniker gerügt für seine geäußerten „eindeutig rechtspopulistischen Inhalte“, die auch rechten Parteien wie der AfD zu eigen sind.

Überraschend ist das nicht, denn Hübner ist Mitglied der AfD und sitzt für die Partei im havelländischen Kreistag. Zudem soll er, so schreibt es das linke Portal Inforiot, auf Flyern der Pegida als presserechtlich Verantwortlicher genannt gewesen sein.

Die Polizei argumentierte, Hübner müsse sich als Angestellter des öffentlichen Dienstes mit seinem gesamten Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, wie im Tarifvertrag der Länder vorgesehen. Sein Pegida-Auftritt stünde dem entgegen. Beim Vorsitzenden Richter verfing diese Position nicht. In seiner längeren, einleitenden Ausführung machte er deutlich, dass die Meinungsfreiheit über diesem allgemeinen Verhaltensverbot stehe.

Nicht strafrechtlich relevant

Der Richter argumentierte, Hübner habe nichts strafrechtlich Relevantes gesagt; zudem seien weder die AfD noch Pegida verboten, und dies sei auch nicht geplant. Nicht nachgewiesen sei zudem, dass Hübner freundschaftliche Beziehungen zu Personen aus dem Spektrum der extremen Rechten unterhalte, auch wenn sie ihm applaudiert und nach seiner Rede auf die Schulter geklopft haben.

Der Anwalt der Polizei machte auf einen anderen, für sie entscheidenden Punkt aufmerksam, wonach Hübner in der eingangs erwähnten Rede das Bundeskriminalamt als „rassistische und rechtsextreme Vereinigung“ bezeichnet habe. Die Äußerung ergibt „keinen Sinn“, urteilte der Richter und folgerte messerscharf: „Dann gibt es einen Sinn nur in der Ironie.“ Doch nicht Hübner sollte die Intention seiner Aussage nachweisen, sondern die Polizei müsse ihm nachweisen, dass er ironiefrei gepoltert habe. Unmöglich.

Es folgte ein Vergleichsangebot der Polizei: Löschung der Abmahnung bis zum 31. Mai 2017 – normalerweise passiert das erst nach ein bis zwei Jahren.

Hübners Anwalt reagierte abwehrend, wollte eine Entscheidung. Der dafür nächstmögliche Kammertermin? Der Richter schaute in seine Unterlagen: „2. August, 9 Uhr.“ Die Verhandlung wurde zur Beratung unterbrochen, anschließend stimmte der Pegida-Polizist dem Vergleich zu. Sein Bonus: Die kritischen Anmerkungen des Richters landen im Protokoll.

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