Abkommen mit Russland und der EU: Timoschenko gegen Sonderstatus
Gerade erst hat die Regierung den Separatisten in der Ostukraine große Zugeständnisse gemacht. Nun will die Vaterlandspartei das Gesetz anfechten.
KIEW/BERLIN dpa/afp | Nach der Verabschiedung eines Sonderstatus für die Ostukraine haben mehrere ukrainische Abgeordnete eine Rücknahme des Gesetzes gefordert. Mitglieder der Vaterlandspartei von Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und weitere Abgeordnete reichten einen entsprechenden Antrag bei der Obersten Rada in Kiew ein, teilte das Parlament am Mittwoch mit.
Die Rada hatte das Gesetz über einen Sonderstatus für die Gebiete Donezk und Lugansk am Dienstag in einer nicht öffentlichen Sitzung angenommen. Die Beschwerdeführer wollen das Gesetz wegen angeblicher Verstöße gegen geltende Abstimmungsregeln für ungültig erklären. Um das Votum geheim zu halten, seien elektronische Abstimmungsmaschinen verwendet worden, sagten die Abgeordneten. Dadurch stehe die Glaubwürdigkeit der Wahl infrage, weil nicht klar sei, wie die Volksvertreter gestimmt hätten, argumentierten sie.
Nach der Ratifizierung des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und der Ukraine erwartet Russland zudem eine Bestätigung Kiews, sich an Absprachen zum darin enthaltenen Freihandelspakt zu halten. Vertreter aus Brüssel, Kiew und Moskau hatten sich am Freitag darauf geeinigt, wegen Einwänden Russlands den Handelsteil des Abkommens erst Anfang 2016 in Kraft zu setzen. „Wir erwarten eine Bestätigung“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax am Mittwoch. Die Oberste Rada und das Europaparlament hatten das Partnerschaftsabkommen am Dienstag gebilligt.
Russland ist gegen den Freihandelspakt und hat zahlreiche Änderungswünsche angemeldet. Moskau befürchtet, dass billige Produkte aus dem Westen den russischen Markt überschwemmen könnten. Als weniger konkurrenzfähig geltende russische Waren könnte dies gefährden, fürchten russische Produzenten. Der Kreml droht Kiew mit hohen Steuern auf ukrainische Waren, sollte der Freihandel zwischen der EU und der Ukraine doch früher als 2016 umgesetzt werden.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte Änderungen an dem Abkommen mit der EU eine klare Absage erteilt. Es werde „von der ersten Minute an“ umgesetzt, hatte er angekündigt. Der ukrainische Politiker Vitali Klitschko bezeichnete das Abkommen sogar als „historischen Moment“. Für Millionen Ukrainer sei mit der Verabschiedung ein Traum in Erfüllung gegangen, schrieb der Kiewer Bürgermeister in einem Beitrag für die Bild-Zeitung vom Mittwoch. Fast ein Jahr lang hätten die Bürger seines Landes darum gekämpft, viele seien gestorben, schrieb der frühere Profiboxer in Anspielung auf monatelange Proteste und den aktuellen Konflikt in der Ostukraine.
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