Abgeordnetenhaus: Mieter müssen selbst klagen
Der Stadtentwicklungsausschuss ebnet den Weg für das Mietendeckel-Gesetz. Die Opposition protestiert gegen spät vorgelegte Änderungen.
Es ist eine besondere Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses. „Historisch“ nennen sie diesen Mittwoch gleich zwei Politikerinnen der Linkspartei. Für sie liegt das daran, dass nach dem Ja des Gremiums nun nur noch die Zustimmung des gesamten Parlaments vor einem Mietendeckel-Gesetz liegt.
Für die Opposition macht das Außergewöhnliche dieser Sondersitzung aus, dass sie aus ihrer Sicht gar nicht stattfinden dürfte. Denn Änderungswünsche der rot-rot-grünen Koalition lagen weniger als 16 Stunden vorher vor. „Wir fühlen uns überfahren“, sagt der FDPler Henner Schmidt, kein Mann hohler Sprüche. Zentrale Änderung des Entwurfs: Nicht Land oder Bezirk setzen eine Absenkung bei überhöhten Mieten durch, vielmehr müssen die Mieter sie einklagen. Der Mieterverein wird eine Reduzierung öffentlich-rechtlicher Eingriffe später in einer Pressemitteilung als „falsch“ bezeichnen.
Angeblich um genau 17.26 Uhr am Dienstag lag der Änderungsantrag der Opposition vor. „Eine Respektlosigkeit nicht nur dem Ausschuss gegenüber, sondern auch dem Parlament als Ganzen“, kritisierte CDU-Mann Stefan Evers. „Eine ernst zu nehmende Prüfung ist in so kurzer Zeit unmöglich“, befand Harald Laatsch (AfD). Beide beantragten vergeblich, Diskussion und Abstimmung zu vertagen.
Die baupolitische Sprecherin der SPD, Iris Spranger, mag die Empörung nicht verstehen. Ihre Argumentation: Die CDU-Fraktion hätte doch in der jüngsten Ausschusssitzung angekündigt, gar keine eigenen Anträge stellen zu wollen und darum auch gar keinen Bedarf an früherer Information über die Änderungswünsche der Koalition. Das sieht Sprangers grüne Koalitionskollegin Katrin Schmidberger um einiges anders: „Ich kann Ihren Ärger gut verstehen“, sagt sie in Richtung Opposition. „Man kann das als schlechten Stil auslegen, ich entschuldige mich dafür für die Koalition.“ Aber es gebe eben großen Handlungsbedarf und darum auch zeitlichen Druck.
Die abschließende Fassung des Gesetzentwurfs – die Abstimmung im Parlament ist am 30. Januar – ist gegenüber der noch vergangene Woche diskutierten Fassung deutlich verändert: Mieter in Wohnungen mit einer Miete mehr als 20 Prozent über einem festgelegten Höchstwert sollen eine Absenkung selbst einklagen müssen. Bislang war vorgesehen, das zu einer staatliche Aufgabe zu machen.
Diese Änderung überraschte insofern, als die SPD-Abgeordnete Spranger vergangene Woche lediglich vorwiegend „juristischen Feinschliff“ angekündigt hatte. Die Opposition beurteilte das ganz anders: „Mit der Änderung wälzen die Koalitionäre alle Risiken des rechtlich höchst umstrittenen Gesetzes auf die Mieter ab“, kommentiert CDU-Fraktionschef Burkard Dregger. FDP-Mann Schmidt sagt: „Sie lassen die Leute im Regen stehen.“
Koalitionsvertreter mühen sich hingegen, die Änderungen als wenig gravierend für die Mieter, aber als entscheidend für die Rechtssicherheit darzustellen. Am Inhalt habe sich nichts geändert, betont Senatorin Katrin Lompscher (Linke). Das Ergebnis sei „ein klareres und rechtssicheres Gesetz“.
Optimal findet die Grüne Schmidberger das geänderte Verfahren nicht: „Da wird es vom Geldbeutel des Mieters abhängen, ob er das Klagerisiko auf sich nimmt“, sagt sie nach der Sitzung vor Journalisten. Sie wiederholt dabei ihre Aufforderung, einbehaltene Miete „nicht zu verprassen“, sondern bis zum Gerichtsverfahren auf die Seite zu legen. Ihr Rat: „Alle Mieter sollten sich beraten lassen.“ SPD-Politikerin Spranger fordert: „Es muss ein Mietendeckel-Telefon geben, wo Mieter anrufen können, wenn sie sich unsicher sind.“
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