Abgeordnetenhaus: Gesetz radelt durch Ausschuss
Grünes Licht für Mobilitätsgesetz im Verkehrsausschuss. Koalition lehnt zuvor gelobte FDP-Anträge ab.
Dafür, dass gerade wochenlange Arbeit binnen einer Stunde wertlos geworden scheint, sieht Henner Schmidt ganz entspannt aus. Der Umweltexperte der FDP-Fraktion musste erleben, wie die rot-rot-grüne Koalition seine 27 Änderungsanträge zum Mobilitätsgesetz im Verkehrsausschuss niederstimmte. Dass Oppositionsanträge im Parlament kein Gehör finden, ist zwar normal. Aber dieses Mal hatte es vor der Abstimmung überraschendes Lob für den Input der FDP gegeben, nämlich vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Doch als nach einem fast einstündigen Abstimmungsprozess 49 Änderungsanträge der Koalition, 31 der AfD-Fraktion und ebenjene 27 der FDP abgearbeitet sind, steht Schmidt, der mehrfach mit der Koalition stimmte, dennoch mit leeren Händen da. Dabei war das Lob vom BUND, nicht gerade eine Vorfeldorganisation der Liberalen, fast überschwänglich gewesen: Die FDP zeige „mit ihren konstruktiven, in einigen Punkten sogar vom BUND Berlin positiv bewerteten Anträgen, dass zumindest ihre Fachexperten das Ziel des Gesetzes verstanden haben“, erklärte Geschäftsführer Tillmann Heuser.
Schmidt konnte sich da durchaus fragen, ob die Herangehensweise der CDU nicht doch arbeitsökonomischer war: Deren Fraktion stellte nämlich keinen einzigen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf, den die parteilose Grünen-nahe Verkehrssenatorin Regine Günther schon Ende Februar ins Parlament einbrachte. Das sei „eine Missachtung gegenüber einem breiten Diskurs in der Stadt“, bekam die CDU dafür von Kristian Ronneburg (Linkspartei) zu hören. SPD-Mann Daniel Buchholz sah sogar „eine Bankrotterklärung“. Er sagte der taz nach der Sitzung, dass sich die SPD durchaus hätte vorstellen können, „zwei oder drei“ Anträge der FDP-Fraktion zu unterstützen. Doch die Koalitionspartner mochten da nach seiner Darstellung nicht mitziehen.
Mit dem Mobilitätsgesetz ist Berlin für Senatorin Günther „deutschlandweit Vorreiter“. Bis das ganz offiziell so ist, muss Mittwoch noch der Hauptausschuss zustimmen und am 28. Juni eine Mehrheit des kompletten Parlaments.
Ganz war die wochenlange Arbeit an den Anträgen aus Sicht von FDP-Mann Schmidt doch nicht für den Papierkorb: „Wenn wir mal regieren“, sagte er der taz mit einem Lächeln, „muss ich sie dann nur noch aus der Schublade holen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Kurdische Gebiete unter Beschuss
Stoppt die Angriffe Erdoğans auf die Kurden in Syrien!