Abgeordnete der Linken über Weißbuch: „Vor allem ein PR-Produkt“
Das Weißbuch der Bundeswehr ist Werbung. Die Ursachen weltweiter Konflikte werden darin ignoriert, sagt Christine Buchholz.
taz: Frau Buchholz, was gefällt Ihnen am neuen Weißbuch?
Christine Buchholz: Man kann das Weißbuch nur als Ganzes verstehen. Darin geht es um die Weißwaschung der eigenen militärischen Interessenpolitik, um Aufrüstung und um zukünftige Kriege. Darin sehe ich keinerlei positive Ansätze.
Nicht mal, dass die Bundeswehr auf Diversity-Management setzen soll?
Ich bin natürlich dafür, dass der Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Sexismus auch in der Bundeswehr geführt wird. Diese Aspekte sollten aber eine Selbstverständlichkeit sein und nicht den Blick auf das grundlegende Problem mit diesem Weißbuch verstellen: Es wird die Bundeswehr in neue militärische Auseinandersetzungen führen.
Die Bundesregierung stellt zunächst mal fest, dass die Welt unsicherer geworden ist und Deutschland reagieren muss. Ist das falsch?
Wer darauf sinnvoll reagieren möchte, müsste zunächst die Ursachen für die neue Sicherheitslage analysieren. Dazu gehört, dass die Entstehung des IS ohne den Irakkrieg nicht möglich gewesen wäre. Die Regierung ignoriert im Weißbuch aber sowohl diese als auch andere kritische Fragen, zum Beispiel nach Kampfdrohnen oder nach Posttraumatischen Belastungsstörungen bei Soldatinnen und Soldaten. Ich sehe das Weißbuch daher als PR-Produkt. Die Regierung malt darin Bedrohungsszenarien an die Wand, um die Bereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen, den Rüstungsetat massiv zu erhöhen – und um die Rekrutierungsprobleme der Bundeswehr zu lösen.
Die Regierung hält sich die Option von Bundeswehreinsätzen im Inneren offen. Gibt es Pläne in Ihrer Partei, dagegen zu klagen?
Wir werden das Weißbuch genau analysieren und dann schauen, gegen welche Punkte wir Initiativen starten. Dafür müssen wir es uns aber erst genau nachschauen und mit unseren Fachleuten sprechen.
Und was passiert mit dem Weißbuch, falls die Linke ab 2017 mitregiert?
Das Weißbuch ist ein weiteres Beispiel dafür, welche große Einigkeit es in sicherheitspolitischen Fragen zwischen SPD und CDU gibt. Mit den Positionen zur Aufrüstung, zu künftigen Einsätzen und zur Nato ist es keine Grundlage, auf der die Linke regieren kann.
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