Abbau von Mineralien auf dem Meeresboden: Postfossile Profitgier
Anstatt den Verbrauch zu drosseln, setzt die Autoindustrie auf andere Rohstoffe als Gas und Öl. Auch wenn die Natur erneut Schaden nimmt.
D as Thema Tiefseebergbau hat ein großes Potenzial. Es kann zu einem Symbol dafür werden, dass die Menschheit auch nach dem Ende des Ölzeitalters weitermacht mit Raubbau und Verschmutzung. Oder es wird zu einem Beispiel dafür, dass sie im postfossilen Zeitalter mit den natürlichen Ressourcen besser und klüger umgeht als bisher. Diese Chance ist ja da.
Wenn wir für über eine Milliarde Autos auf der Welt keine Kraftstoffe aus Erdöl mehr nutzen wollen – dann steigen wir doch um. Wir bauen dort, wo wir in Städten wohnen, einen hervorragenden öffentlichen, elektrischen Nahverkehr auf. Das spart Ressourcen und macht nicht nur Schluss mit CO2, und Feinstaub, sondern auch mit Stau, Enge und Parkplatzsuche.
Wir nutzen Energie nicht nur effizienter, sondern verbrauchen insgesamt weniger, weil wir in kleineren Einheiten wohnen, mehr teilen, mehr reparieren. Wir benötigen zwar mehr Windräder und Photovoltaik-Anlagen als heute, müssen aber die Gesamtmenge an fossiler Energie, die wir derzeit nutzen, nicht ganz durch erneuerbare ersetzen. Jede Tonne Metall, die wir nicht verbauen, müssen wir auch nicht fördern.
Allerdings weisen nicht nur die geplanten Absatzzahlen der Autoindustrie, sondern auch politische Entscheidungen, wie die der Regierung in Oslo, in eine andere Richtung: weiter wie bisher, nur mit anderem Material. Norwegen ist reich geworden durch den Verkauf von Öl und Gas. Und es will reich bleiben durch den Verkauf von Rohstoffen, die für Technologien des Zeitalters der Erneuerbaren benötigt werden.
Dass es dadurch die durch Übersäuerung, Erwärmung, Verschmutzung und Überfischung ohnehin geschwächten Ozeane weiter schädigt, will die Regierung offenbar billigend in Kauf nehmen. Ob im Zuge der Transformation zur Klimaneutralität das Zeitfenster für einen anderen Umgang mit der Natur noch offen ist, wird sich daher in den nächsten Monaten auch in Kingston zeigen. Auf Jamaika will sich die Staatengemeinschaft nach jahrelangem Ringen konkrete Regeln für den Tiefseebergbau geben.
Das ist schwierig, weil wir wenig über den immer nachtschwarzen Lebensraum in Tausenden Metern Tiefe wissen. Was passiert, wenn Bergbauroboter Sedimente aufwirbeln? Wenn Maschinen Lärm verursachen? Weil die Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden bislang nur schlecht erforscht sind, fordern einige Staaten gar, ihn zunächst nicht anzutasten und ein Moratorium für den Tiefseebergbau zu erlassen.
Sich Zeit nehmen, abwägen und künftig klüger handeln – wenn das unten in der Tiefsee künftig möglich wäre, wäre das ein Grund für Zuversicht oben an der frischen Luft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen