Territoriumsansprüche von Dänemark: Der Nordpol ist nicht genug

Dänemark erhebt Anspruch auf einen Teil des Arktischen Ozeans. Und der ist überraschend groß. Mit dem Wunsch ist das Land aber nicht alleine.

Der Anspruch auf den Nordpol hat einen ökonomischen Grund. Unter dem ewigen Eis werden viele Rohstoffe vermutet. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Dänemark will den Nordpol – und mehr: Am Montag erhob die Regierung beim Wissenschaftskomitee der Seerechtskommission der Vereinten Nationen Anspruch auf ein 895.000 Quadratkilometer großes Gebiet des arktischen Meeresbodens von der Nordküste Grönlands zum Pol und von dort weiter bis zur sibirischen 200-Meilen-Seegrenze Russlands. Zum Vergleich: Das dänische Kernland umfasst nur 43.100 Quadratkilometer.

Außenminister Martin Lidegaard sprach von einem „historischen Tag“. Und tatsächlich geht nun der Streit um Territorialforderungen der Arktis-Anrainerstaaten in eine entscheidende Runde. Mit der 1982 in Kraft getretenen Seerechts-Konvention war eine „Kontinentalschelfregel“ eingeführt worden: Danach kann ein Meeresanrainerstaat über die allgemein geltende Wirtschaftszone von 200 Seemeilen hinaus weiteres untermeerisches Territorium beanspruchen, wenn er den geologischen Nachweis erbringt, dass sich die „kontinentale Kruste“ des eigenen Territoriums auf dem Meeresboden fortsetzt.

Dass dies auch einmal für den Arktischen Ozean aktuell werden könnte, war damals kein Thema. Doch das schmelzende Eis und unter dem Meeresboden vermutete Rohstoffe wie Öl und Gas haben das Gebiet nun höchst attraktiv gemacht.

Die Konvention sieht vor, dass die Staaten Territorialansprüche binnen zehn Jahren nach ihrer Ratifizierung angemeldet haben müssen. Dänemarks Frist war am Montag abgelaufen.

Die Argumentation ruht auf dem Lomonossow-Rücken

Eine zentrale Rolle bei der Begründung der Ansprüche spielt der sogenannte Lomonossow-Rücken, eine Bergformation, die sich auf dem Grund des Arktischen Ozeans von Sibirien über den Nordpol bis Nordgrönland erstreckt. Er wurde 1948 von einer sowjetischen Expedition entdeckt und ist nach dem russischen Wissenschaftler Michail Lomonossow benannt.

Zu Unrecht, behauptet Kopenhagen jetzt. Denn das Schelf sei eine Fortsetzung des grönländischen und nicht des russischen Kontinentalsockels. Drei Expeditionen, die die Dänen zwischen 2007 und 2012 durchführten, hätten die geologischen Nachweise dafür erbracht.

Eigentlich war man davon ausgegangen, dass es Dänemark allenfalls um ein Stück der Arktis ging, das von Grönland bis zum Nordpol reicht. Dass es sein Territorium jetzt bis hin zur Seegrenze Russlands ausdehnen will, bewertet Michael Byers, kanadischer Professor für Geopolitik, als „Provokation“. Immerhin habe Russland seinerseits bislang kein Gebiet gefordert, das jenseits des Nordpols liegt. Moskau will 2015 erklären, welchen konkreten Anspruch es erhebt. Lidegaard weist den Vorwurf „aggressiven Verhaltens“ zurück: „Wir gehen nur ehrlich mit den geologischen Daten um.“

Überschneiden sich Ansprüche, müssen die beteiligten Staaten allein zu einer Lösung kommen. Die Vereinten Nationen haben damit nichts zu tun.

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