piwik no script img

ARD-„Tatort“ vom BodenseeLeben, sterben, Langeweile

Mit einem Mord auf der Bodensee-Autofähre fängt es an. Dann wird gestritten, ob deutsche „Tatort“-Kommissare überhaupt zuständig sind.

Jetzt muss er aber mal zuhören: Klara Blum (Eva Mattes) hat den Schweizer Kollegen Matteo Lüthi (Roland Koch) überlistet. Bild: SWR/Peter Hollenbach

Nach diesem „Tatort“ werden Sie sich zwei Dinge wünschen. Erstens: dass Sie nicht an Krebs erkranken. Und zweitens: dass Sie nicht gerade anderthalb Stunden Ihres Lebens mit so einem strunzlangweiligen Film verschwendet haben. Denn um das Leben und das Sterben, dieses gewichtige Große und Ganze, geht es in „Letzte Tage“ (Buch: Stefan Dähnert, Regie: Elmar Fischer). Leider.

Auf einer Bodensee-Autofähre zwischen dem schweizerischen Romanshorn und Konstanz stirbt der dreifache Vater und Bauklempner Jochen Heigle. Aus seinen Augen suppt das Blut, schnell wird klar, dass dieser sowieso schwer an Krebs erkrankte, dem Tode geweihte Mann umgebracht wurde.

Der Schweizer Kollege Mattheo Lüthi (Roland Koch) ist schon vor Ort, als Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) den Tatort aufsuchen. Er versucht, die Ermittlungen an sich zu reißen, nur warum? Ah, richtig: Die Schweiz besteht nicht nur aus Bergen und Fabriken, sondern dort sitzen vor allem die großen, bösen Pharmafirmen, die an Leuten wie Heigle richtig viel Geld verdienen.

Deswegen geht es in diesem „Tatort“ um Medikamentenstudien mit zweifelhaftem Design und überhebliche Ärzte, um geheime Verschachtelungen von Polizei und Industrie und dauerndes Kompetenzgerangel und Misstrauen zwischen den Deutschen und den Schweizern.

Und nebenbei übt eine lebenshungrige junge Frau im Boho-Style einen koketten Augenaufschlag, und ein Vater sucht einen Stammzellenspender für seinen Sohn. Bei all der Tragik wollen Sie am Ende des Films nur noch gesund bleiben – also genau das, was sich die meisten Menschen auch ohne diesen überflüssigen „Tatort“ wünschen.

Gehen Sie lieber raus, machen Sie was aus Ihrem Leben, googeln Sie, wo Sie sich typisieren lassen könnten, um anderen zu helfen. Aber schauen Sie bloß nicht „Letzte Tage“.

Bodensee-„Tatort“: „Letzte Tage“; So., 20.15 Uhr, ARD

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • D
    dirk

    Die Kritik finde ich etwas am Thema des Tatorts vorbei. Bei aller Liebe zur Detailgetreue der Handlungen, so hat mich und meine Ehefrau der Film nicht zum einschlafen gebracht. Er war ruhig, sachlich, nachdenklich und zeigte die reale Genervtheit, um nicht zu sagen Müdigkeit, deren Ursachen in der Machtlosigkeit gegenüber all den Machenschaften auf der Welt, die sogar aus schwerkranken Menschen das letzte herausholen.

    Erstaunlich offener Umgang mit dem realexistierenden Pharmariesen. Das eigentliche Thema des Films.

  • 9M
    97% Müll

    Leben, sterben, Langeweile, abzocken

     

    Der Tatort ist Teil des Mülls vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der schnellstens privatwirtschaftlich entsorgt werden muss, damit die verbleibenden 3%, auf die es wirklich ankommt, überleben können. Auf Dauer wird selbst die ständige Berieselung durch die Presse die sozialistischen Grundwerte des zwangsfinanzierten Rundfunks nicht retten können.

  • MN
    Mein Name

    Etwas desillusionuerenderes als in diesem Tatort zu hören, dass es eine Fähre von Konstanz nach Romanshorn gäbe, gibt es nicht. Wie kann man als öffentlich rechlicher Sender, der erzwungene Gebühr kassiert und verschwendet, so einen Schwachsinn produzieren. Eine Unverschämheit ohne Gleichen.

  • K
    Konstanzerin

    ...außerdem kann man an der Uni Konstanz nicht Medizin studieren!

  • K
    Konstanzerin

    Am schlimmsten fand ich die unzutreffende Behauptung, dass die Fähre angeblich zwischen Konstanz und Romanshorn verkehrt. Das würde aber bedeuten, dass die Fähre entlang dem Südufer des Bodensees schippert, was echt Schwachsinn wäre. Richtig ist, dass sie zwischen Friedrichshafen und Romanshorn quer über den See fährt. Es gibt auch eine Fähre ab KN, allerdings nur nach Meersburg, sozusagen innerdeutsch. In einem anderen Konstanzer Tatort wurde behauptet, es würde sich bei einer aus der Luft aufgenommenen Allee um die Fahrstrecke nach Zürich handeln, aber da wäre die Hauptdarstellerin niemals angekommen, sondern in einer Sackgasse gelandet, da es sich bei der Allee um den Damm auf die Insel Reichenau gehandelt hat. Mich als Konstanzerin stören solche handwerklichen Fehler ungemein.

  • M
    mir

    Wenn ich was über den Tatort lesen will, schaue ich mir die "Nachrichten" auf gmx.de an, auf taz.de suche ich relevante Meldungen.

     

    Jetzt bin ich ganz verirrt und verwirrt ...

  • N
    Nepomuk

    "überflüssigen „Tatort“" gefällt mir :-) geht aber nicht weit genug :-( der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zu 99 % überflüssig