ARD-Film „Vorsicht vor Leuten“: Joghurt statt Kasse
Endlich arbeiten die Macher von „Stromberg“, Feldhusen und Husmann, wieder zusammen – für einen Spielfilm in der ARD.
Arne Feldhusen trifft mit leichter Verspätung im Kreuzberger Café ein und entschuldigt sich vielmals mit heiserer Stimme. Der Regisseur war am Vorabend auf einem großen Berlinale-Empfang, da habe er viele Stunden gegen den Geräuschpegel anreden müssen. Seit die von ihm, Schauspieler Bjarne Mädel und Autorin Mizzi Meyer entwickelte NDR-Serie „Der Tatortreiniger“ zwei Grimme- und zahlreiche weitere Preise abgeräumt hat und sogar in die USA verkauft wurde, ist Feldhusen auch in der Filmbranche ein gefragter Mann.
Genau genommen ist er aber ohnehin nicht zu spät, denn Ralf Husmann muss noch das vorangehende Interview beenden, ehe er sich mit an den Tisch setzen kann. Spätestens seit „Stromberg“ gilt der wiederum als lustigster Serienautor im deutschen Fernsehen; Grimmepreise inklusive. Bereits seit der 2004 ausgestrahlten ersten Folge arbeitete er mit Regisseur Feldhusen zusammen, im letzten Jahr brachten sie ihr TV-Vermächtnis mit einem Kinofilm zu Ende und erreichten damit über eine Million Fans.
Nach der ebenfalls für ProSieben produzierten, vielgelobten Serie „Dr. Psycho“, die nach zwei Staffeln auslief, entwickelte er 2009 „Der kleine Mann" und brachte es damit auf acht Episoden. Auch hier führte Arne Feldhusen Regie. Für die ARD hat sich das Duo erneut für's Fernsehen zusammengetan, um Husmanns Roman „Vorsicht vor Leuten“ als TV-Film umzusetzen. „Bei einem Buch von Ralf musste ich nicht lange überlegen ob ich das machen will“, erklärt Feldhusen. Der Autor ergänzt schelmisch: „Sehr früh viel dann auch seitens des WDR Arnes Name und ich konnte mich nicht dagegen wehren.“
Für den auf Problem- oder Zeitgeschichts-Filme ausgerichteten Mittwochssendeplatz ist diese Zusammenarbeit ein ziemlicher Gewinn. Denn Husmann und Feldhusen erzählen keinen gesellschaftskritisch aufgeblähten Themenfilm sondern die smarte kleine Story vom bräsigen Bauamt-Sachbearbeiter Lorenz Brahmkamp (Charly Hübner), der aus dem Alltagstrott gerissen wird, weil ihn seine Frau (Lina Beckmann) aufgrund seiner selbstzufriedenen Unambitioniertheit verlassen will.
Mittwoch, 25. Februar, 20.15 Uhr, ARD
Plötzlich in der Liga der Großen
Als er durch den windigen Blender Alexander Schönleben (Michael Maertens), der mit Hilfe der Stadt Investoren für ein Schein-Großprojekt gewinnen will, die Chance bekommt sich zu beweisen, wird er selbst zum Falschspieler und mischt plötzlich in der Liga der Großen mit.
„Ich komme aus sehr einfachen und kleinen Verhältnissen“, erläutert Husmann die Hintergründe seiner Idee. „Unsere Nachbarin hat damals in der Kantine eines großen Unternehmens gearbeitet. Wenn wir alle zusammen an einem Tisch saßen, haben sich alle zwar über ‚die da oben' aufgeregt und die Mitnehm-Qualitäten – heute würde man vom Fall Hoeneß sprechen. Dann kam aber genau diese Nachbarin mit einer großen Palette Joghurt, die sie aus der Kantine gezockt hatte. Für mich war also klar: Ihr regt euch zwar über die Großen auf, aber nur, weil ihr selber keine Chance habt da ranzukommen. Ihr macht es halt mit einer Palette Joghurt, aber wenn ihr die Chance gehabt hättet, die Kasse mitzunehmen, hättet ihr auch die Kasse mitgenommen.“
Der Film sei vom WDR „relativ schnell durchgewunken“ worden, erzählt der renommierte Autor weiter, „mit einem relativ großen Mut, sich auf neue Gesichter einzulassen und sich sehr mit der Einflussnahme in Richtung Mainstream zurückgehalten.“ Dass die beiden vielfach ausgezeichneten Kreativen in ihrem Lieblingsmedium trotz vieler Fans häufig für die Nische arbeiten, sei aber nicht unbedingt auf ihre Stoffe zurückzuführen, meint Feldhusen: „'Der Tatortreiniger' hat im NDR überdurchschnittliche Quoten. Anfang des letzten Jahres waren die Quoten sogar höher als zeitgleich in der ARD. Ich bin mir sicher, dass die ARD mit einer stolzeren Präsentation dieser Serie auch mehr Erfolg hätte. Meiner Meinung nach hat das mit Haltung zu tun. Dann müssen auch keine Kompromisse gemacht werden.“
Noch kein Serienwandel?
Während nun auch hierzulande vom neuen Serienboom gesprochen wird, ist es dennoch verwunderlich, dass der erfahrene Regisseur und der erfolgreiche Autor aktuell überwiegend mit Spielfilmprojekten beauftragt werden. Doch Husmann ist ohnehin skeptisch, ob der herbeigesehnte Wandel hierzulande überhaupt realistische Chancen hat: „Die goldene Zeit des Serienfernsehens ist in Amerika auch nur entstanden, weil es großen Druck gab. So lange das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen immer noch sieben oder acht Milliarden Euro jährlich einsammelt, ist der Druck nicht so riesig groß. So lange immer noch jede Woche acht Millionen Leute ‚In aller Freundschaft' schauen, gibt es den Druck nicht, etwas Neues zu machen.“
Ohne offensichtliche wirtschaftliche Gründe oder schmerzhafte Zuschauereinbußen, meint der frischgebackene MDR-„Tatort“-Autor Husmann, „wird es immer ein Luxusthema bleiben, das man sich auch mal leistet, damit das Feuilleton einmal Ruhe gibt.“
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