piwik no script img

ARD-Doku über Fynn KliemannComeback ohne Maske

Nach drei Jahren Funkstille ist Fynn Kliemann mit einer ARD-Dokumentation zurück. Gelingt es ihm, Verantwortung für seine Fehler zu übernehmen?

Wenn er alles kann – kann er sich dann auch verändern? Kliemann vor einem umgebauten Leichenwagen Foto: BR/hr/Filmstill

Er konnte alles – Heimwerken, Videos produzieren, Musik und Kunst machen. Fynn Kliemann war bekannt für seine vielen Projekte, etwa das Kliemannsland, mit dem er über eine halbe Million Abon­nen­t:in­nen erreichte. Über zehn Jahre lang betrieb er einen Handwerkerkanal auf YouTube, produzierte Musik und baute für eine Netflix-Produktion mit Olli Schulz ein Hausboot. Kliemanns Leben wirkte wie ein Spielplatz für Erwachsene. Er verkörperte eine gewisse Leichtigkeit und die „richtigen“ Werte.

Doch dann entlarvte Jan Böhmermann im Mai 2022 Kliemanns Maskenskandal. Während der Coronapandemie verkaufte Kliemann Masken, die angeblich fair produziert waren. Tatsächlich kamen sie aber aus schlechten Produktionsbedingungen in Bangladesch. Das Gerichtsverfahren wurde 2023 eingestellt, er musste 20.000 Euro für gemeinnützige Zwecke spenden.

Seine finanzielle Bereicherung empörte viele Fans, alle Geschäftspartner beendeten die Zusammenarbeit. Er wies die Schuld von sich, schob sie anderen zu, gestand dann Fehler ein und verschwand aus der Öffentlichkeit. Es war nicht nur ein finanzieller Skandal. Dahinter steckte eine Vermarktungsstrategie seiner Persönlichkeit, die nicht mehr authentisch wirkte. Es ging um den Zerfall seines Images. Er war ein Kapitalist, der mal als Antikapitalist wahrgenommen wurde.

Fast drei Jahre, nachdem er von der Bildfläche verschwunden war, hat Kliemann nun in der ARD-Doku „Fynn Kliemann – Ich hoffe ihr vermisst mich“sein großes Comeback. Darin werden Kliemanns Leben nach dem Skandal und seine zukünftigen Projekte thematisiert.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob Sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Vermisst scheinen ihn tatsächlich einige Fans zu haben. So sieht man in der Doku einige, die sich freuen, in einem umgebauten Leichenwagen Kliemanns neues Album „Tod“ anhören zu dürfen, das auf Platz eins der Charts landete. Auch Fernsehkoch Tim Mälzer, der in das Kliemannsland investierte, zeigt sich versöhnlich.

Nicht alle scheinen ihm sofort zu verzeihen. Das könnte daran liegen, dass die Doku sich kaum konstruktiv mit den Vorwürfen auseinandersetzt. Kliemann wird viel Raum gegeben, sein Leiden nach dem Absturz darzustellen. Ein „Habt mich bitte endlich wieder lieb“ schwingt mit.

Einsichtig, aber vage

Er zeigt sich zwar einsichtig, jedoch bleiben die Veränderungen, die er ankündigt, vage: „Jetzt habe ich die Verantwortung, das wieder irgendwie aufzuarbeiten, zu begradigen, was ich begradigen kann.“ Eine Reflexion erfordert allerdings entsprechendes Handeln. Stattdessen sieht man, wie Kliemann genau das tut, was er schon immer tat: Musik produzieren, Heimwerkern, Kunst machen.

Alexander Prinz, der auf seinem YouTube-Account „Der dunkle Parabelritter“ kritische Videos zu Kliemanns Skandal veröffentlichte, verurteilt das.

Er glaubt nicht, dass Kliemann sich verändert habe. Es gehe um mehr, als nur wieder gesehen zu werden. Kliemanns zahlreiche Firmenkonzepte basieren auf seiner Reichweite und seiner Präsenz in der Öffentlichkeit.

Seine Mutter und seine Freundin, die in der Doku zu Wort kommen, sind nicht sonderlich begeistert, dass er wieder in der Öffentlichkeit steht. Es gehe ihm um Bestätigung von außen. Kliemann habe außerdem viele Anfeindungen im Netz erlebt.

So kritisiert Sascha Lobo, der mit seiner Frau Jule in deren gemeinsamen Podcast über Kliemann berichtete: „Soziale Medien haben Empörungswellen, in denen keine Fehlerkultur gedeihen kann. Differenzierung ist keine Spezialität der sozialen Medien.“ Natürlich machen Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, Fehler. Was aber im Mittelpunkt stehen sollte, ist, wie selbstreflektiert sie damit umgehen und Verantwortung übernehmen.

Wenn Fynn Kliemann alles kann – kann er sich dann auch verändern? Nach der Doku bleibt zweifelhaft, ob er wirklich Verantwortung übernimmt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!