ANDREAS WYPUTTA über Die Vorbereitungen der Grossen AntI-TTIP-Demo in Hannover: Keine Querfront-Strategie erwünscht
Ein schlichter Konferenzraum im Kulturzentrum Pavillon in Hannover, nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Am Donnerstagabend sind 36 Leute beim Vorbereitungstreffen für die große Demonstration gegen das Freihandelsabkommen TTIP dabei, genau zur Hälfte Frauen und Männer. Manche sind Anfang 20, andere über 60 Jahre alt.
Auf einem Flipchart sind die Fragen notiert, die den OrganisatorInnen besonders wichtig sind: Wie klappt die Mobilisierung? Wie sind die Kooperationsgespräche mit der Polizei gelaufen? Wie genau sollen die mehreren zehntausend TTIP-GegnerInnen, die am kommenden Samstag unmittelbar vor dem Besuch des US-Präsidenten Barack Obama in Niedersachsens Landeshauptstadt erwartet werden, auf Hannovers zentralen Opernplatz gelotst werden?
Schon die Vorstellungsrunde bei dem Treffen zeigt, wie breit der Trägerkreis der Anti-TTIP-Demo, der aus mehr als 20 Organisationen besteht, aufgestellt ist: Die Globalisierungskritiker von Attac sind da, Gewerkschafter vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Umweltschützer vom BUND und den Naturfreunden. Der Paritätische vertritt die Wohlfahrtsverbände, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL), die nicht auf Industrieproduktion setzenden Bauern. Aus dem Parteienspektrum sind Grüne und Linke ebenso vor Ort wie SPD und Piraten.
Christian Weßling ist für die überregionale Mobilisierung der TTIP-Gegner zuständig und ist aus Berlin angereist. Neun Tage vor der Demo in Hannover kann er erste Erfolge verkünden: „Mehr als eine Million Flyer sind gedruckt – und verteilt“, sagt er. „Aufkleber sind schon lange aus.“ Mit Unterstützung des DGB-Regionsgeschäftsführers Reiner Eifler seien „die Polizeigespräche völlig unproblematisch“ gelaufen, erzählt der stellvertretende Vorsitzende der Naturfreunde Berlin, Uwe Hiksch.
Reihenfolge der Traktoren
Fast nebenbei klärt der einstige Bundestagsabgeordnete Hiksch, der Ende der 90er von der SPD zur PDS wechselte und heute als Büroleiter der Linkspartei-Parlamentarierin Annette Groth arbeitet, mit der ABL-Frau Annemarie Volling in welcher Reihenfolge Hunderte Bauern und ihre Traktoren an der Kundgebung teilnehmen: In ihrem Verband macht sich die Umweltwissenschaftlerin Volling schon seit 2004 für gentechnikfreie Regionen in Deutschland stark.
Rezzak Yayar von der Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF) berichtet von der Flyer-Verteilaktion im einstigen Arbeiterstadtteil Hannover-Linden: Hunderte Handzettel seien auf dem Wochenmarkt in nur einer halben Stunde weggegangen. Schwieriger sei es am samstäglichen Infostand in der Bahnhofstraße: „Da gibt es schon noch einige, die nichts von TTIP hören wollen“, sagt Yayar.
Untereinander müssen die AktivistInnen längst nicht mehr inhaltlich diskutieren. Ihre Ablehnung der Freihandelsabkommen steht – sei es aus Gründen des Umweltschutzes oder aus Sorge um Verbraucherschutzstandards. Allein die Einführung der Freihandelszone zwischen Kanada, den USA und Mexiko habe zu „Millionen Arbeitslosen in Nord- und Mittelamerika“ geführt, sagt etwa der Gewerkschafter Reiner Eifler.
Sibylle Maurer-Wohlatz vom BUND fragt sich allerdings, wie verhindert werden könne, das etwa die Rechtspopulisten der AfD auf der Anti-Freihandelsabkommen-Welle mitsurfen. „Wir werden auch von der Bühne aus deutlich machen, dass wir keine Nationalisten wollen“, sagt Uwe Hiksch, der schon die Anti-TTIP-Demo in Berlin mit ihren 250.000 TeilnehmerInnen mit organisiert hat. „Wir stehen für keinerlei Querfront-Strategie – und sind ganz klar gegen Antiamerikanismus.“
Danach übernimmt Doro Kolbe von Attac, bespricht Medienaktionen und Pressekonferenzen vor Ort: Am kommenden Samstag soll der Demonstrationszug durch Hannovers Innenstadt ziehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen