piwik no script img

AKW-Referendum in Bulgarien„Requiem für Belene“

Die Bulgaren interessieren sich nicht so für Atomkraft. Das Referendum für ein neues AKW scheiterte an mangelnder Beteiligung. Jetzt entscheidet das Parlament.

Protest gegen Belene: Demonstranten zerstören vor der RWE-Zentrale in Essen ein AKW-Modell Bild: dpa

SOFIA dpa | Das Atomkraft-Volksentscheid in Bulgarien hat das Aus für ein zweites Atomkraftwerk in dem EU-Land eingeläutet. Da die Volksbefragung am Sonntag an dem geringen Bürgerinteresse scheiterte, dürfte nun das Parlament über das in Belene an der Donau geplante AKW entscheiden.

Ministerpräsident Boiko Borissow bekräftigte nach dem Referendum, dass das Regierungslager das umstrittene Projekt im Parlament stoppen werde. „Requiem für Belene“, kommentierte der prominente Ökologe und Blogger Edwin Sugarew am Montag.

An der Abstimmung in dem EU-Land nahmen am Sonntag nur etwa 1,5 Millionen der 6,9 Millionen Stimmberechtigten teil, wie die Zentrale Wahlkommission (ZIK) am Montag in Sofia nach vorläufigen Angaben mitteilte. Das ist weniger als jeder Vierte (21,7 Prozent). Für ein verbindliches Ergebnis sind mehr als 60 Prozent erforderlich. Von den Teilnehmern am Referendum stimmten den ZIK-Angaben zufolge 60,5 Prozent für das mit Russland geplante Projekt Belene an der Donau. 38 Prozent lehnten es ab.

Sollte eine Beteiligung von mehr als 20 Prozent amtlich bestätigt werden, müsste sich das Parlament binnen drei Monaten mit dem Projekt Belene befassen. Die bürgerliche Regierung hatte es im vergangenen Jahr gestoppt, da es mit zehn Milliarden Euro zu teuer für das ärmste EU-Land sei. Der deutsche Energieriese RWE war Ende 2009 wegen der unklaren Finanzierung aus dem Projekt ausgestiegen.

Neuer Reaktor an der Donau

Die kleine konservative Partei DSB, die ebenso wie die Regierungspartei GERB das AKW Belene ablehnt, kündigte am Montag einen Entwurf für die Parlamentsentscheidung an. Damit dürfte Borissows Minderheitsregierung eine Abstimmung gegen Belene wohl gewinnen. Statt Belene möchte Borissows Regierung im alten Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau einen neuen Reaktor bauen lassen.

Sozialisten-Chef Sergej Stanischew verurteilte die Absichten der Regierung, das Belene-Projekt zu streichen. „Das ist ein arrogantes Verhalten der GERB(-Partei)“, sagte Stanischew am Montag in einem Interview des Staatsradios unter Hinweis auf die Mehrheit von rund 60 Prozent der Referendum-Teilnehmer für Belene.

Die oppositionellen Sozialisten hatten vor dem Referendum versprochen, das Belene-Projekt umzusetzen, sollten sie die Parlamentswahlen im Juli gewinnen. Regierungschef Borissow wirft den Sozialisten, die das Projekt eingeleitet hatten, korrupte Machenschaften um Belene vor.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • N
    Naka

    Keine Panik, das lässt sich ganz schnell aufklären:

     

     

    Die bulgarischen Sozialisten sind für das AKW in Belene, weil man dann Genosse Putins Atromstromexportkonzern 10 Mrd. Euro zukommen lassen kann. Die bulgarischen Konservativen wollen am bestehenden AKW anbauen, weil sie glauben es sei billiger, und um Väterchen Putin zu ärgern.

  • AU
    Atomkraft und Linke

    Zitat:

    "Sozialisten-Chef Sergej Stanischew verurteilte die Absichten der Regierung, das Belene-Projekt zu streichen. „Das ist ein arrogantes Verhalten der GERB(-Partei)“, sagte Stanischew am Montag in einem Interview des Staatsradios unter Hinweis auf die Mehrheit von rund 60 Prozent der Referendum-Teilnehmer für Belene."

     

    Ist ja lustig.....

    Die bulgarische Sozialisten sind Pro-Atomkraft; Die Konservativen dagegen.

    Die deutschen Konservativen sind Pro-Atomkraft; Die Sozialisten dagegen.

     

    Da ist wohl nix mit der Internationalen Arbeiterbewegung.....

     

    Während des Kalten Krieges war man im Realsozialismus mindestens genauso Atomgeil wie im Kapitalismus. Atomkraftwerke gab es auch in der DDR und Tschernobyl lag in der sozialistischen Sowjetunion.

    Kuba unter Castro wollte anfangs auch in die Atomkraft einsteigen, bis Fukushima auch Hugo Chavez aus Venezuela......

    Die Kriegsmarine der Sowjetunion hatte übrigens auch atomar angetriebene U-Boote.

     

    Komisch; die deutschen Linken erzählen den Leuten ständig was vom kapitalistischen Atomstaat, in Bulgarien wollen die Linken einen antikapitalistischen Atomstaat....

     

    Ich bin verwirrt.....