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70 Jahre Genfer FlüchtlingskonventionUNHCR-Chef alarmiert über Verstöße

Die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein Grundpfeiler humanitärer Zusammenarbeit. Zum 70. Jahrestag äußert UN-Hochkommissar Grandi Kritik an vielen Ländern.

Mehr Migration durch Klimawandel erwartet: Flüchtlingslager Turkana in Kenia Foto: Sun Ruibo/Xinhua/dpa

Genf dpa | Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, hat zahlreiche Länder aufgerufen, die Prinzipien der Genfer Flüchtlingskonvention zu verteidigen. Er sei alarmiert, weil europäische und andere Länder immer öfter versuchten, sich ihren Verpflichtungen zu entziehen, sagte Grandi am 70. Jahrestag der Unterzeichnung der Konvention. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) rief nicht zuletzt die EU zu mehr Einsatz im Kampf gegen Fluchtursachen auf.

Die Genfer Flüchtlingskonvention, einer der wichtigsten Grundpfeiler der internationalen humanitären Zusammenarbeit, wurde am 28. Juli 1951 verabschiedet. Sie garantiert Menschen Schutz und Aufnahme, die in ihrem eigenen Land verfolgt werden.

Die Konvention verpflichtet Aufnahmeländer zudem dazu, niemanden dorthin zurückzuschicken, wo ihm Verfolgung droht. In jüngster Zeit wird die Konvention wegen der hohen Zahl von Mi­gran­t*in­nen und Geflüchteten immer wieder kritisiert. Sie bezieht sich nur auf Verfolgte, nicht auf Menschen, die frustriert anderswo ein besseres Leben suchen.

Grandi betonte, dank der Konvention seien Millionen Menschenleben gerettet worden. Bei seiner Kritik nannte er kein Land beim Namen. Er verurteilte aber, dass die griechische Küstenwache Flüchtlingsboote Richtung Türkei zurückdränge, und dass Chile Venezolaner ausgewiesen habe, ohne ihren Anspruch auf Asyl individuell zu prüfen.

EU kürzt ihre Mittel für Entwicklungspolitik

Pläne etwa in Großbritannien oder Dänemark, Asylsuchende in Drittländer zu schaffen, um dort ihre Anträge zu prüfen, kritisierte er ebenfalls. Grandis Behörde, das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), wacht über die Einhaltung der Konvention und kümmert sich um Geflüchtete weltweit.

„Experten schätzen: aus heute schon 20 Millionen Klimaflüchtlingen könnten so in wenigen Jahren 100 Millionen Menschen werden, die ihre Lebensgrundlage in der Heimat verloren haben. Die Folgen sind Hunger, Elend, Unruhen“, sagte Minister Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch) anlässlich des Jahrestags. „Und in dieser Situation fehlt dem Welternährungsprogramm Geld für dringend notwendige Soforthilfe in besonders betroffenen Regionen. Das ist ein Skandal und absolut kurzsichtig!“

Ebenso sei es kurzsichtig, dass die EU ihre Mittel für die Entwicklungspolitik für die kommenden Jahre gekürzt habe. Der 70. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention müsse Mahnung sein, „nicht nachzulassen im humanitären Engagement“. Die EU müsse noch stärker zur Überwindung der Ursachen von Flucht und Vertreibung beitragen. „Sonst werden wir auch in Europa noch stärker mit den dramatischen Konsequenzen der globalen Flüchtlingskrisen konfrontiert sein.“

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1 Kommentar

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  • Nee, die EU investiert lieber in Frontex.

    Das UNHCR sollte Sanktionsbefugnis haben. Den Seehofer und einige seiner Spiessgesellen sähe ich gerne vor Gericht wegen ihrer unmenschlichen Asylpolitik.