65. Berlinale: Festspielleiter in Routinesituation
Am 5. Februar beginnen die Filmfestspiele in Berlin. Ihr Direktor wirbt auf einer Programmkonferenz mit Regisseurinnen und politischen Themen.
„Starke Frauen in Extremsituationen“, verspricht Dieter Kosslick, der Direktor der Internationalen Filmfestspiele, als er am Dienstag zusammen mit den Leitern der Sektionen das Programm der 65. Berlinale vorstellt. Vom 5. bis zum 15. Februar laufen 441 Lang- und Kurzfilme, davon konkurrieren 19 um den Goldenen Bären. 115 dieser Filme stammen von Regisseurinnen, ein Umstand, den Dieter Kosslick nicht zuletzt deswegen betont, weil der Zusammenschluss Pro Quote Regie im Umfeld des Festivals für seine Vorhaben werben möchte.
Die „starken Frauen“, sagt Kosslick, kämen in vielen Filmen vor, zum Beispiel in Isabel Coixets „Nadie quiere la noche“; darin spielt Juliette Binoche eine Nordpol-Reisende des frühen 20. Jahrhunderts. „Es ist ein sehr schöner Eröffnungsfilm“, fährt Kosslick fort, „der beweist, dass nicht nur Männer weit laufen können.“
Damit ist recht gut umrissen, wie man sich eine Berlinale-Programm-Pressekonferenz vorzustellen hat. Es gibt den – im Laufe der Jahre verhaltener gewordenen – Unernst Kosslicks, der sich auf eine merkwürdige, nicht ganz zu fassende Weise mit der Überbetonung der politischen Agenda verbrüdert.
Immer wieder ist die Rede von Filmen „über“ etwas: über Kinder misshandelnde Priester, über die chilenische Militärdiktatur, über das Essen im Konzentrationslager. Es dauert eine ganze Weile, bis jemand auf dem Podium auf den Zusammenhang von Technik und Ästhetik verweist, der das Kino seit seinen ersten Tagen durchwirkt.
Rainer Rother von der Deutschen Kinemathek spricht kurz von der diesjährigen Retrospektive, die in munterem Genremix 35 Technicolor-Filme präsentiert. Die Filmkritikerin Frieda Grafe notierte einmal: „Bewusst eingesetzte intensive Farbe ist eine Spur, die ins Innere der Filme führt.“ Wäre die Welt ein besserer Ort, die Berlinale-Expedition führte genau dorthin.
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