5. Jahrestag des Anschlags: „Die Stadt Hanau ist schuldig“
Am fünften Jahrestag des rassistischen Anschlags gedenken die Angehörige der Opfer. Sie üben scharfe Kritik an den ebenfalls anwesenden Politikern.
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Auf der Veranstaltung kritisierten die Angehörigen unter anderem die Stadt Hanau und die Politik scharf. „Sie können nicht wissen, wie ich in den letzten fünf Jahren gelebt habe. Seit fünf Jahren bleibt mir jedes Essen im Hals stecken. Sedat kann nichts mehr essen“, so Emis Gürbüz, die bei dem Anschlag ihren Sohn Sedat Gürbüz verlor. Sie forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und betonte: „Die Stadt Hanau trägt die Verantwortung für den 19. Februar 2020 und sie ist schuldig.“
Zuvor habe der Täter Briefe geschrieben, die die Stadt ignorierte. Auch gegen die verschlossene Notausgangstür sei nichts unternommen worden. „Die Fehler, Versäumnisse und Fahrlässigkeiten der Stadt Hanau haben neun jungen Menschen das Leben gekostet“, sagte Gürbüz und verlangte, dass die Stadt ihre Verantwortung anerkennt, denn: „Hätte die Stadt ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, wären diese Kinder heute am Leben.“ Sie kritisierte, dass die Stadt den Mord an ihrem Kind nutze, um mit Projekten Millionen zu kassieren. Sie und andere Familien lehnten das geplante Mahnmal ab, da es nicht ihren Wünschen entspreche und am falschen Ort liege.
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Said Etris Hashemi, der seinen Bruder verlor und selbst verletzt wurde, mahnte die Politik: „Mitten im Wahlkampf wird die Frage der Migration nicht als Frage der Menschlichkeit betrachtet, sondern als eine Art Wettbewerb, wer am schnellsten und am meisten abschieben kann.“ Fünf Jahre nach Hanau spreche kaum jemand über die Menschen, die in Angst leben müssen.
Steinmeier bedauert
Auch Çetin Gültekin, dessen Bruder ebenfalls Opfer des Anschlags wurde, kritisierte den anhaltenden Rechtsruck: „Vor fünf Jahren wurde Hanau als Zäsur bezeichnet. Jetzt tobt ein rassistischer Wahlkampf. Er wird von der AfD angetrieben, und andere Parteien machen mit.“ Er erinnerte Bundespräsident Steinmeier an sein Versprechen am ersten Jahrestag: „Ich frage Sie, wo war und wo ist die Bringschuld geblieben?“
Bundespräsident Steinmeier rief zum Engagement gegen Menschenfeindlichkeit auf: „Es ist an uns, Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entschlossen entgegenzutreten.“ Die Morde seien nicht aus dem Nichts geschehen. Ressentiments gegen Muslime, Juden, Sinti und Roma sowie Hass im Internet vergifteten das gesellschaftliche Klima. Steinmeier bedauerte, dass einige Angehörige den Eindruck gehabt hätten, den Staat zur Aufklärung drängen zu müssen.
Der Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag habe Versäumnisse und Fehler von Behörden und Polizei gezeigt. Es schmerze ihn, dass sich die Angehörigen respektlos behandelt fühlten. „Im Namen der Bundesrepublik sage ich heute: Wir tragen Verantwortung, dass die Opfer einer solchen Gewalttat die Anteilnahme erhalten, die sie brauchen.“
Am 19. Februar 2020 tötete Tobias R. in Hanau neun Menschen, seine Mutter und sich selbst. Am vergangenen Samstag demonstrierten in der hessischen Stadt etwa 1.000 Menschen unter dem Motto „Erinnern heißt verändern“. Die Initiative 19. Februar organisierte eine eigene Gedenkveranstaltung mit rund 400 Teilnehmern, darunter Angehörige anderer rechtsterroristischer Anschläge, wie Semiya Şimşek, deren Vater vom NSU ermordet wurde. (mit afp)
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