3G am Arbeitsplatz: Mehr Impfdruck für Reinigungskräfte

Für Ungeimpfte gilt ab Mittwoch eine Testpflicht am Arbeitsplatz. Das stellt manche Branchen aus dem Handwerk vor Probleme.

Eine Frau reinigt ein Büro

Die neue Testpflicht für Angestellte lässt sich mit deren Arbeitsalltag nicht vereinbaren Foto: Panthermedia/imago

BERLIN taz | Die Raumpflegerin ist allein für die Anwaltskanzlei in der badischen Kleinstadt zuständig, morgens gegen sechs Uhr fängt ihre Arbeit an. Sie wohnt in der Nähe ihres Arbeitsorts, ist aber nicht geimpft. Nach den Regeln des neuen Infektionsschutzgesetzes müsste sie jeden Tag vor Schichtbeginn einem Beauftragten ihrer Firma ein negatives Testergebnis aus einem Testzentrum vorlegen, das sie morgens oder am Abend zuvor aufgesucht hat.

„Diese Vorgabe ist von Reinigungsmitarbeiterinnen in kleinen Objekten, die alleine arbeiten, nicht zu erfüllen“, sagt Wolfram Schlegel, Geschäftsführer der Landesinnung des Gebäudereiniger-Handwerks Baden-Württemberg, der taz, „in den kleinen Objekten ist schlichtweg kein zweiter Mitarbeiter da, der ein Testergebnis vor Ort oder ein Zertifikat aus einem Testzentrum überhaupt kontrollieren könnte“.

Das Infektionsschutzgesetz der neuen Ampelkoalition, das an diesem Mittwoch in Kraft tritt, sieht vor, dass Arbeitgeber und Beschäftigte in Arbeitsstätten, in denen „physische Kontakte“ zu anderen „nicht ausgeschlossen werden können“, nur betreten dürfen, wenn sie den Nachweis einer vollständigen Impfung, einer Genesung von einer Sars-Cov-2-Infektion oder den eines negativen Testergebnisses vorlegen können. Das negative Testergebnis darf kein Selbsttest sein, der zu Hause durchgeführt wurde. Es muss sich um ein Zertifikat aus einem Testzentrum handeln, nicht älter als 24 Stunden, oder um einen Schnelltest, den die Mitarbeiterin unter Aufsicht einer weiteren beauftragten Person vor Ort an der Arbeitsstätte durchgeführt hat.

Der Zentralverband des Handwerks begrüßt die Kontrollen zwar, sieht aber auch Korrekturbedarf. Es brauche eine „Nachbesserung zu den Kontrollvorschriften für solche Betriebe, bei denen die meisten Beschäftigten direkt zu den Baustellen und dann oft noch zu täglich wechselnden Objekten und Arbeitsorten fahren“, erklärte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes.

Für Reinigungskräfte schwer umzusetzen

Die Innungen des Gebäudereinigerhandwerks mit den vielen Teilzeitkräften und Mi­ni­job­be­r:in­nen in der Branche finden die Regelungen besonders schwer umzusetzen. Eine ungeimpfte Reinigungskraft, die allein vor Ort arbeitet, könnte zwar jeden Morgen ein aktuelles negatives Testergebnis aus einem Testzentrum, das sie zuvor aufgesucht hat, mit ihrem Handy abfotografieren und per Mail an ihren Arbeitgeber schicken. „Dies ist aber mit einem Aufwand an Zeit und Kosten verbunden, sodass sich möglicherweise eine Reinigungstätigkeit von zwei Stunden an einem Morgen gar nicht mehr lohnt“, sagt Schlegel.

Bür­ge­r:in­nen haben Anspruch auf zumindest einen kostenlosen Test in einem Testzentrum pro Woche, es kann aber auch mehr kostenfreie Tests geben. Weitere Testkosten müssen die Ungeimpften selbst tragen. Arbeitgeber wiederum müssen zwei Tests in der Woche kostenlos bereitstellen. Getestet werden darf nur unter Aufsicht eines Beauftragten aus der Firma.

Viele im Gebäudereinigerhandwerk sind ungeimpft

Im Gebäudereinigerhandwerk sind viele Mit­ar­bei­te­r:in­nen ohne Schutz gegen Corona. Schlegel schätzt den Anteil der Ungeimpften in der Branche auf „20 bis 40 Prozent“. Viele Mit­ar­bei­te­r:in­nen kämen aus anderen Ländern, etwa aus Osteuropa, und hegten Misstrauen gegen Impfungen.

Die Innung würde sich andere Kontrollmöglichkeiten wünschen. Man müsste „differenzieren“, findet Schlegel. Bei einzeln arbeitenden Reinigungskräften würden ihm tägliche Selbsttests und stichprobenartige Kontrollen genügen.

In größeren Unternehmen gibt es derartige Probleme nicht. Bei Siemens in Nürnberg zum Beispiel gelte schon länger eine 3G-Regel, entsprechend dem Infektionsschutzmaßnahmengesetz in Bayern, berichtet Unternehmenssprecher Wolfram Trost. Die Beschäftigten dort können nur mit Firmenausweisen die Drehkreuze passieren. „Die Firmenausweise wurden zwischenzeitlich gesperrt und der Impfstatus erfragt“, schildert Trost.

Wer den Nachweis einer vollständigen Impfung oder eines Genesenenstatus erbrachte, dessen Ausweis wurde freigeschaltet – er oder sie kann jetzt wie bisher mit dem Firmenausweis die Drehkreuze passieren. Bei Geimpften ist kein täglicher Nachweis des Impfstatus erforderlich. Ungeimpfte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen dagegen täglich den Nachweis eines zertifizierten negativen Tests erbringen.

Die Wirkung der Impfstoffe lässt mit der Zeit nach. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) empfiehlt eine dritte Booster-Impfung nach sechs Monaten oder sogar schon früher. Aber auch wenn die zweite Impfung schon mehr als sechs Monate zurückliegt, bleibt der Status „geimpft“ für die ArbeitnehmerInnen nach der derzeitigen Regelung erhalten.

„Es ist kein Auslaufen des Impfstatus nach zweimaliger Impfung geplant“, sagt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage. Allerdings sei es „nicht ausgeschlossen, dass sich das mit der Zeit ändert“.

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