35 Jahre E-Mail: Es grüßt das „alte Internet“

Vor 35 Jahren kam die erste E-Mail in Deutschland an. Heute wirkt sie überholt. Dabei ist sie progressiver als alles, was nach ihr kam.

Eine Animation der Weltkugel mit Satelliten die ums sie schweben

Ohne Satelliten läuft nix mit der Kommunikation. Auch nicht über E-Mail Foto: dpa

Wie schnell etwas schon wieder altbacken ist! Viele Menschen haben erst vor Kurzem gelernt, wie man mit E-Mails umgeht, nun ist sie altes Internet. Nachrichtenapps wie WhatsApp und soziale Netzwerke sind praktischer, weniger schwergängig, weniger überfrachtet mit Funktionen, besser für Gruppen und nicht so förmlich. Allerdings ist die Mail auch insofern „altes Internet“, als sie für eine alte Idee vom Netz steht. Für ein Netz, das universell kompatibel sein sollte, anstatt eingeteilt in Territorien und Märkte.

Vor 35 Jahren, am 3. August 1984, wurde die erste E-Mail in Deutschland empfangen. Der Karlsruher Informatiker Michael Rotert erhielt den kurzen elektronischen Gruß an die Adresse „rotert@germany“. Wer und wo, das ist das simple Prinzip der E-Mail. Eine einfache Formel, die dem Übertragungsprotokoll mitteilt, welches Postfach bei welchem Server anzusteuern ist.

Das Erstaunliche: Die Entwickler*innen, die schon seit den 70ern an der Mail tüftelten, wählten einen Standard, der niemandem gehört. Verschiedenste Server können über die gängigen Übertragungsprotokolle miteinander Text und Dateien austauschen – ganz egal, wer bei welcher Firma ein Postfach hat. Die E-Mail kommt überall an, wenn auch gelegentlich mit Formatierungsmüll – weil jemand in der Briefkette unbedingt seine Schriftart in babyblaue „Impact“ ändern musste.

Die 90er und 2000er kannten sogar soziale Netzwerke, die auf E-Mail basierten. Die Newsgroups waren Foren, die letztlich Postwurfsendungen an einen Zirkel Gleichgesinnter organisierten – unabhängig davon, bei welchem Unternehmen diese waren. Die neueren Kommunikationsformen sind abgeschirmt und monopolisiert. Wer über Nachrichtenapps oder soziale Netzwerke kommunizieren will, muss beim selben Anbieter sein. Meist Facebook, denn zu Facebook gehören nicht nur das blaue Netzwerk und der Messenger, sondern auch WhatsApp, die meistgenutzte Anwendung für Direktnachrichten.

Wer das Unternehmen wechseln möchte – wegen Sicherheitsbedenken oder genereller Abneigung –, muss alle Freunde und Bekannten umtopfen zu einer anderen App und macht sich unbeliebt. Also bleibt man. Oder lässt es. Weil einem am freien Informationsfluss im Netz gelegen ist. Und dann schreibt man eben E-Mails.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.