33C3 – CCC-Kongress in Hamburg: Technik für Menschenrechte
Verbrechen in Syrien und Flüchtlinge im Mittelmeer: Auf dem Kongress werden Projekte vorgestellt, die beim Schutz der Menschenrechte helfen sollen.
Es gebe mehr Stunden Videoaufzeichnungen über den syrischen Bürgerkrieg als es überhaupt Stunden des Konfliktes gibt, leitet Hadi Al-Khatib seinen Vortrag ein. Versteckt in den Videos seien Hunderte unerzählte Geschichten, Menschenrechtsverletzungen und Beweise für mögliche Kriegsverbrechen. Doch die Videos gingen oft wieder verloren, seien nicht verifiziert und nicht durchsuchbar – all das soll die Datenbank verändern. Aus über 200 glaubwürdigen Quellen würden die Videos gesammelt und anschließend mit Hilfe von Journalist_innen und Aktivist_innen in Syrien überprüft.
Hunderte Videos gäbe es inzwischen zum Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. „Chemiewaffen sind bereits seit Beginn des Konflikts in Syrien eingesetzt worden“, so Al-Khatib. „Und sie werden noch immer eingesetzt, obwohl die Organisation für das Verbot chemischer Waffen angeblich 2015 alle Chemiewaffen in Syrien zerstörte.“ Nahaufnahmen von Behältern aus Syrien ließen auf die Waffen selbst und ihre Hersteller schließen. Auf ähnliche Weise habe die Gruppe auch belegen können, dass die russische Luftwaffe im Krieg Streuwaffen eingesetzt habe. Ziel der Sammlung sei unter anderem, die Menschenrechtsverletzungen für Wissenschaftler und mögliche internationale Ermittlungen festzuhalten.
Mit den Folgen des Krieges sind die Seenotretter_innen von Sea Watch im Mittelmeer konfrontiert. 2106 war das tödlichste Jahr an Europas Außengrenzen, referiert Ruben Neugebauer von der Organisation. Mehr als 5.000 Menschen starben bei der Reise nach Europa. Die Besucher der Kongresses könnten nun ganz konkret auch mit ihren Fähigkeiten mithelfen, Menschenleben zu retten. „Wir können diese Toten nicht auf null runter kriegen, aber wir können einiges tun, um zu verhindern, dass es wieder so viele werden.“ Die Antwort sei Luftaufklärung, doch der Versuch mit einem eigenen Flugzeug das Meer abzusuchen sei gescheitert, weil Sea Watch wichtige Überflugsrechte verweigert wurden.
Die neue Alternative heißt: Eine eigene Drohne, die von einem Schiff starten kann und über internationalen Gewässern fliegt, wo keine Überflugsrechte nötig sind. Die Drohne soll weit fliegen können, hochauflösende Fotos machen, sie möglichst noch im Flug auswerten und interessante Aufnahmen an das Schiff zurückschicken können – und das alles mit Technik, die möglichst billig und serienmäßig produziert sei.
In Videos zeigt das Team einen Prototypen, der bereits fliegen kann – aber Steuerung, die Landung auf einem wackelnden Schiff, die Fotografie und Datenübertragung seien noch ein Problem. Nun hoffen sie auf Hilfe der „Nerds“ auf dem Kongress, denn schon im März solle die Drohne starten: „Es geht um Menschenleben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“