30 Jahre Kirchenasyl: Unter dem Dach der Kirche
Die Berliner Kirchenasyl-Bewegung feiert am Samstag ihr 30-jähriges Jubiläum. Es ist ein Fest in schwierigen Zeiten: Die Unterbringung wird immer schwerer.
Es waren keine Wochen, es waren Jahre, in denen Abdul in der evangelischen Samariter-Gemeinde lebte. 2009 gewährte die Friedrichshainer Kirche dem 28-jährigen Kurden Asyl. Vier Jahre zuvor war seine Familie in die Türkei abgeschoben worden, Abdul untergetaucht. Mit neun Jahren war er aus der Türkei geflohen, seine Familie galt als PKK-Sympathisanten. Abdul fürchtete bei einer Rückkehr vom Militär oder der PKK eingezogen zu werden, wollte in dem Land leben, in dem er aufwuchs. Über die Samariter-Gemeinde suchte er den Weg zurück in die Legalität. Das gelang erst in diesem Mai: Durch die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin. Und dank des Kirchenasyls, das Abdul vor der Abschiebung bewahrte.
Es sind Erfolge wie dieser, den die Berliner Kirchenasyl-Bewegung an diesem Samstag feiern wird. Mit einem Festakt in der Passionskirche und Landesbischof Markus Dröge begeht sie ihr 30-jähriges Jubiläum. 1983 schützte die Heilig-Kreuz-Gemeinde in Kreuzberg erstmalig eine fünfköpfige jordanische Familie vor der Abschiebung. Seitdem sei so 2.000 Flüchtlingen geholfen worden, sagt Bernhard Fricke, Vorsitzender von Asyl in der Kirche Berlin und Pfarrer im Abschiebeknast Grünau.
Dennoch ist es ein Jubiläum in schwierigen Zeiten. „Wir müssen immer öfter Kirchenasyle absagen, weil uns die Räume fehlen“, klagt Fricke. Die Gemeinden hätten weniger Personal, aber mehr Aufgaben. Sie müssten genau schauen, für wen sie sich engagierten. Zudem sei der Druck, Gemeinderäume kommerziell zu vermieten, größer geworden. "Dabei gibt es leider weiter viele hilfsbedürftige Flüchtlinge, die durch alle Raster fallen", so Fricke.
Sechs Kirchenasyle gab es im letzten Jahr in Berlin, vier davon in evangelischen Gemeinde, eines in einer katholischen, das andere in einer christlichen Einrichtung. Aufgenommen wurden zehn Flüchtlinge, darunter ein Kind. Aktuell gibt es nur noch ein Kirchenasyl.
Zuletzt machte sich auch Bischof Dröge für die Kirchenasyle stark. In einem Brief an Berliner Gemeinden bewarb er die Flüchtlingshilfe als „christliche Beistandspflicht“. „Kirchenasyl ist nach wie vor wichtig, um rechtlich nicht ausreichend geklärte Abschiebungen zu vermeiden“, sagte er der taz. Die Arbeit der Engagierten sei „unverzichtbar“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit