piwik no script img

2020: eröffnet das Humboldt ForumNur mit einem Jahr Verspätung

Ab September soll das Humboldt Forum die neue Touristenattraktion der Stadt sein – und dem Schloss damit auch endlich einen Inhalt geben.

Moderne Bauten: Vorn in historischer Camouflage das Schloss, hinten der Fernsehturm Foto: dpa

Ursprünglich sollte es wenigstens etappenweise zum 250. Geburtstag von Alexander von Humboldt eröffnen, am 14. September des vergangenen Jahres also. Dann hieß es, es würde wohl eher November. Und als im Juni 2019 die Nachricht kam, das Humboldt Forum in der Attrappe des Hohenzollernschlosses werde erst ein ganzes Jahr später und weiterhin nur Schritt für Schritt an den Start gehen, nämlich im September 2020, und außerdem werde es auch noch schlappe 50 Millionen Euro teurer, da hatten die Berliner mal wieder einen schönen Anlass, sich die Augen zu reiben. Nicht zuletzt jene, die – egal ob von Anfang an oder auch als Quereinsteiger in der Debatte – mit dem Wiederaufbau des Schlosses hadern.

Doch seit den ersten Werbekampagnen Wilhelm von Boddiens für den Wiederaufbau sind drei Jahrzehnte vergangen, seit dem Abriss des Palasts der Republik 13 Jahre. Und die Organisatoren des Humboldt Forums wie die Vertreter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der die beiden größten Museen gehören, deren Sammlungen im Schloss ihren neuen Platz finden, haben auch durch die bissigen Berliner dazugelernt. Sie wissen, dass an der kolonialen Raubkunst ihrer Sammlung noch viel Provenienzforschung betrieben werden muss. Auch wenn sie den Widerspruch zwischen königlicher Form und postkolonialem Inhalt nie werden auflösen können: Die Kritik hat sie aufgeweckt.

Was wird uns also erwarten, wenn das Humboldt Forum im Herbst wirklich eröffnet? Sicher werden nach wie vor viele Objekte aus dem Museum für Asiatische Kunst und dem Ethnologischen Museum zu sehen sein, deren Herkunft weiterhin ungeklärt ist – was dann Initiativen wie Berlin Postkolonial zu Recht kritisieren werden. Es wird aber auch Räume geben, die durch eine produktive Zusammenarbeit von Berliner Museumsmachern und Experten aus den Herkunftsländern der Objekte entstanden sind. Schlicht und ergreifend wird es für viele Besucher ein echtes Erlebnis, Kultobjekte wie die Südseeboote wiederzusehen, die seit ihrem Auszug aus Dahlem in großen Kisten schlummern.

Die größte Sorge gilt eigentlich vor allem den Touristen, die das Humboldt Forum anziehen wird. Ein Museum für die ganze Stadtgesellschaft, die sich hier wie im Centre Pompidou in Paris verabreden und auch immer neu zusammenraufen kann, wird das Humboldt Forum nicht werden. Da wird man schon eher seine Hoffnungen auf das Museum der Moderne neben der Philharmonie setzen müssen. Das aber kommt frühestens 2026.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!