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2015 kamen 890.000 AsylsuchendeWeit weniger als 1,1 Millionen

Mehr als eine Million Flüchtlinge seien 2015 nach Deutschland gekommen, hieß es stets. Jetzt korrigiert der Innenminister deutlich nach unten.

Dank Abschottung auf dem Balkan: Dieses Jahr kamen viel weniger Flüchtlinge Foto: dpa

Berlin dpa | Im vergangenen Jahr sind rund 890.000 Asylsuchende nach Deutschland gekommen – statt der bislang kalkulierten 1,1 Millionen. Das gab Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin bekannt. De Maizière hatte in den vergangenen Monaten wiederholt betont, dass die bisher bekannten Zahlen wegen Mehrfachregistrierungen und unerfasster Weiterreisen oder Rückreisen wohl zu hoch gegriffen seien.

„Durch eine enorme, einzigartige Anstrengung der Verantwortlichen in Verwaltung und Politik, vor allem auch durch die großartige Unterstützung Ehrenamtlicher haben wir diese Herausforderungen im Großen und Ganzen gut bewältigt“, sagte De Maiziére. „Wir sind uns aber genauso einig, dass sich diese Lage im letzten Herbst nicht mehr wiederholen darf.“

Deswegen seien international und in Europa zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, um die Zahl der nach Deutschland kommenden Asylsuchenden deutlich zu reduzieren und gleichzeitig der humanitären Verantwortung gerecht zu werden. „Mit Stand vom 21.9.2016 sind nun im laufenden Jahr rund 210.000 Menschen als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen und entsprechend im Kerndatensystem registriert.“

Deutschland und Österreich hatten Anfang September 2015 entschieden, Tausende Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen, die in Ungarn gestrandet sind. In der Folge kamen Hunderttausende Zuwanderer nach Deutschland. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gestand in dem Zusammenhang vor kurzem Fehler ein. So sei der Flüchtlingszuzug 2015 vorübergehend außer Kontrolle geraten. Das dürfe sich nicht wiederholen. Die CSU attackiert Merkels Flüchtlingspolitik seit Monaten und forderte eine Obergrenze von 200.000 Einwanderern pro Jahr.

Bei ihrer Ankunft in Deutschland werden Schutzsuchende im sogenannten EASY-System erfasst – einem IT-System zur „Erstverteilung von Asylbegehrenden“ auf die Bundesländer, daher die Abkürzung. 2015 wurden in diesem EASY-System bundesweit rund 1,1 Millionen Menschen als asylsuchend registriert. Die Bundesregierung betonte jedoch schon im vergangenen Jahr, bei den EASY-Zahlen seien „Fehl- und Doppelerfassungen“ nicht ausgeschlossen – unter anderem wegen der damals noch fehlenden erkennungsdienstlichen Behandlung von Flüchtlingen.

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5 Kommentare

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  • Immer wieder lustig, wenn unsere Bundesmutti ihre Flüchtlingspolitik verteidigt, während schon andere die

    Drecksarbeit machen. Abschottung, Abweisung,und Rückführung laufen doch schon auf Hochtouren. Bis heute liegen übrigens keine genauen Zahlen vor, wie viele Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Zählen ist nicht die

    Stärke der Bundesregierung. Äh, was für Stärken gibt es da da da überhaupt noch??

  • „Wir sind uns aber genauso einig, dass sich diese Lage im letzten Herbst nicht mehr wiederholen darf.“

     

    Das ist doch eine Lüge.

     

    Die Flüchtlinge haben Motive, warum sie kommen und da ist der Plan, nach Deutschland zu gehen, gar nicht zentral.

     

    Die flüchten aus ihrer Heimat, weil sie dort keine Perspektive mehr sehen. Und wenn man sich ansieht, welchen Umgang arabische Länder mit Jugendlichen pflegen, dann erkennt man dort eine Gerontokratie, die sich in jedem einzelnen arabischen Land findet, und die dazu führt, dass gerade junge Menschen weg wollen, egal wohin. Wer bleibt, der hat meist Beziehungen und/oder Geld. Und Deutschland macht gute Geschäfte mit den arabischen Staaten und kennt deren stagnative Situation.

     

    Mit höheren Grenzen und mehr Sicherheitsvorkehrungen wird man Flüchtlinge nicht los, sondern es geht nur über eine Änderung in diesen Ländern. Und da verweise ich mal auf Ägypten und wie sich Deutschland dort verhält.

     

    Kein Wunder, dass die armen, abgehängten Jugendlichen das Risiko einer Flucht übers Mittelmeer in Kauf nehmen und hierher kommen wollen. Sie haben eben nichts zu verlieren. Das sollten sie aber, schließlich müsste Ägypten nicht so unterdurchschnittlich sein, wie es seit 40 Jahren ist.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Ich vermute, dass die Zahl kurz vor der BT Wahl noch mal korrigiert wird. Nach unten natürlich.

  • Wo befinden sich die Menschen ohne staatlich-juristisches Aufenthaltsrecht?

     

    Bereits vor Jahren rechnete man mit mehr als 200. Tausend Menschen (nur) in Berlin ohne Rechtstitel.

     

    Bundesweit dürften es mehr als 1. Million Menschen sein!

     

    Auch in der BRD gibt es analoge Probleme wie in den Vereinigten Staaten. Auch hier bedarf es einer rechtlichen Legalisierung des Aufenthalts - für Familien und Personen!

  • Da scheinen die Behörden ihre Statistiken ja langsam in den Griff zu kriegen. Meinen Glückwunsch dazu. So ein Datenbankabgleich kann auch schon mal ein paar Monate dauern wenn die Faxgeräte irgendwann heißgelaufen sind, die Post mit dem Versenden der Leitz-Ordner nicht mehr hinterher kommt, und erst einmal die Beraterverträge mit den Consulting-Firmen ausgehandelt werden müssen, die sich mit diesem IT-Neuland auskennen.

    Die angebotene Hilfe von Estland, die sich ganz gut mit dem e-government auskennen, wollte man ja angeblich nicht.

     

    Hat denn nicht mal ein tapferer Journalist kritisch nachgefragt wo es jetzt 9 Monate lang gehakt hat?

    Plant man eigentlich noch genauer zu ermitteln, was aus den verschwundenen 200.000 Menschen geworden ist? Vielleicht sogar mit einem Datenabgleich zwischen den EU-Ländern... Unsere Presse gibt sich ja anscheinend mit der Aussage zufrieden, dass wohl ein paar doppelt gezählt wurden, und ein paar bestimmt wieder ausgereist sein werden.

    Gibt es auch Pläne zu ermitteln, wie viele Menschen sich inzwischen unregistriert im Land aufhalten? Oder will man das alles lieber gar nicht erst wissen?