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18. EU-Sanktionspaket gegen RusslandScheitern mit Ansage

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Weit ist die Europäische Union mit den Sanktionen gegen Russland nicht gekommen. Das neue Paket zeugt von der Ratlosigkeit, die in Brüssel herrscht.

Noch ohne die perfekte Lösung in der Tasche: Ursula von der Leyen und Kaja Kallas auf dem Weg zu einer PK in Brüssel Foto: Geert Vanden Wijngaert/ap

S eit dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat die EU schon 17 Sanktionspakete gegen Russland beschlossen. Doch die Strafen haben kein einziges Ziel erreicht. Russland wurde wirtschaftlich nicht in die Knie gezwungen, Kremlchef Wladimir Putin wurde nicht isoliert, seine Kriegsmaschine wurde nicht gebremst – und ein Waffenstillstand wurde auch nicht erreicht. Selbst ein Ultimatum von Bundeskanzler Friedrich Merz hat an dieser Negativ-Bilanz nichts geändert. Es ist ein Scheitern mit Ansage.

Die Geschichte zeigt, dass das Drehen an der Sanktionsschraube die Konflikte meist nur noch eskaliert. Nun steht in Brüssel das 18. Sanktionspaket auf der Tagesordnung – und damit soll plötzlich alles anders werden? Wer das glaubt, glaubt auch an Wunder. Was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorschlägt, zeugt eher von Ratlosigkeit. Die Werkzeugkiste der Brüsseler Behörde ist leer, die Maßnahmen laufen ins Leere.

Dies gilt vor allem für die geplanten Sanktionen gegen die Nord Stream-Gaspipelines in der Ostsee. Von der Leyen und Merz wollen verhindern, dass sie jemals wieder in Betrieb genommen werden, was nach dem Bombenattentat von 2022 ohnehin illusorisch ist. Die EU sanktioniert eine Ruine und riskiert, das Attentat nachträglich zu legitimieren. Nicht viel besser steht es um die Absenkung des 2023 erlassenen Ölpreisdeckels. Der Ölpreis soll von 60 auf 45 Dollar pro Barrel sinken.

Damit will die EU Putins Kriegskasse leeren und den Druck für Verhandlungen erhöhen. Allerdings finden ja schon Gespräche statt. Russland und die Ukraine sitzen an einem Tisch, nur die EU fehlt. Man mag die Verhandlungen in Istanbul für eine Farce halten. Doch es ist kaum zu erwarten, dass ein niedrigerer Ölpreis Putin dazu bewegen wird, von seinen Maximalforderungen abzurücken. Man habe „bereits einige sehr nützliche Erfahrungen gesammelt, um die Folgen solcher Entscheidungen zu minimieren“, höhnt der Kreml.

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Warten auf ein Wunder

Zunächst muss ohnehin noch die G-7 zustimmen, die Gruppe der großen Industrieländer, USA eingeschlossen. Ob US-Präsident Donald Trump bereit ist, den Preisdeckel zu senken und Putin abzustrafen, ist fraglich. Bisher hat es Trump tunlichst vermieden, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Viel lieber würde er lukrative Geschäfte machen. Merz ist mit dem Versprechen angetreten, Trump ins europäische Boot zu holen – nun kommt die Nagelprobe.

Wenn der unberechenbare US-Präsident den Europäern beim G7-Gipfel in Kanada einen Korb gibt, ist das 18. Sanktionspaket gescheitert, noch bevor es formell beschlossen wurde. Wunder dauern eben etwas länger, auch in der EU.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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7 Kommentare

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  • komisch, die russen merken sehr viel von den sanktionen. ich weiss nicht, wo sie ihr behauptungen hernehmen, dass die sanktionen nicht wirken!



    sanktionen wirken sehr wohl, nur eben langsam. letztendlich ist die udssr an sanktionen zu grunde gegangen.

  • Das die Sanktionen Russland nur wenig schaden werden war jedem klar der über etwas Bildung verfügt und Wirtschaftsstatistiken liest.

    Folgende wesentliche Fakten waren z.B. via Statistik-Portale wie trading-oeconomis etc eigentlich jedem bekannt:

    1.) Russlands Wirtschaft ist mit heute ca. 6400 Milliarden USD "kaufkraftbereinigt" kurz eng PPP groß, heute die 4-größte der Welt knapp vor Japan und Deutschland.



    Und das mit einem ähnlich hohen Anteil der Industrie am BIP wie Deutschland (Größenordnunge 30%).

    2.) Russlands Wirtschaft ist eher wenig "aussenhandels-abhängig", ca. 300 Milliarden importe -- das sind keine 5% des BIP PPP



    Russlands Wirtschaft ist recht "autarkt".

    3.) Es gibt "heute" nur sehr wenige Dinge die nur "der Westen" fertigen kann. Alternativ-Produkte aus China können heute fast alles ersetzten.

    4.) Russland hat hohen Aussenhandelsüberschuss, kurz Russland kann sich erhebliche Einnahmeverlusste bei Öl und Gas "leisten", es sinkt nur der Überschuss (der "schön" ist aber nicht notwendig).

    In dem Moment wo erkennbar war das China Russland eher unterstützt war klar das die Sanktionen vollständig gescheitert sind.

    Wie gesagt das war leicht vorhersehbar.

  • Das ist doch Schaumschlägerei. Wenn 17 Sanktionspakete nicht geholfen haben, dann wird auch das 18. oder 19. nichts bringen. vd Leyen kanns halt nicht, sie hat als Verteidigungsministerin komplett versagt und jetzt auch als Kommissionspräsidentin. Sie sollte Friedensgespräche anschieben um wenigstens bei diesem Thema mitreden zu können. sonst wird das alles von Trump und Putin entschieden. Sie sollte auch für Transparenz bei den in die UA überwiesenenen Geldern sorgen, da passiert garnichts und ich wage garnicht daran zu denken was in einem korrupten Staat wie der UA mit Hilfsgeldern passiert. Die Oma in ihrem kleinen Haus mit Regalen mit eingemachten Gurken wird jedenfalls nichts davon sehen, wage ich mal zu behaupten.



    Die EU hat einen falschen Weg eingeschlagen und kann jetzt, mangels politischer Fähigkeiten und / oder um kein Gesicht zu verlieren nicht zurück obwohl die Sanktionen wenig bis nichts bewirken. Aber, die haben nicht mal den Mut das zuzugeben und so wird einfach weitergemacht. Kleingeister, wie erwartet.

  • Das alles hat sehr viel mit Führungsschwäche, Konzeptionslosigkeit und Feigheit zu tun. Frau vdL ist in keiner Weise geeignet ihren Job zu erfüllen. Juncker wäre das so nicht passiert.

  • Sanktionen wirken entweder (fast) sofort - oder gar nicht. Zumindest nicht als Druckmittel auf rücksichtslose Potentaten a la Putin. Die haben dann immer genug Zeit sich und ihr Handeln auf die neue Situation einzustellen. Aber wirklich schnell wirkende Sanktionen kann die EU aufgrund der systembedingten Vielfältigkeit der Interessen eben auch kaum beschließen- geschweige denn in allen angeschlossenen Ländern durchsetzen. Trotzdem muss man es immer wieder versuchen, was bliebe sonst noch an Möglichkeiten, außer Militär? Fürs Fairhandeln gibt es ja leider auf russischer Seite keine Partner, trotz aller Alternativer Erzählungen.

  • Sanktionen, merkwürdigerweise immer nur vom „Westen“ getriggert, einen ein sanktioniertes Land bzw. den entsprechenden Staat. Das wir in Russland nicht anders sein.

    • @Odysseus L:

      kurze frage, was waren denn die drohungen gegen über der ukraine mit dem gasboykott, bzw. das abstellen des gases?



      hat putler nicht uns gedroht, das gas abzustellen und hat dies dann auch gemacht???