14. März ist auch in Berlin Pi-Tag: Eine Zahl für die Unendlichkeit
Eigentlich feiert man den Pi-Tag rundherum. Dieses Jahr bleibt der mathematische Schautag coronabedingt blass. Ein wenig rechnen und rennen aber geht.
Eigentlich hätte sich am Sonntag am Pi- und Mathe-Tag auch in Berlin bei Veranstaltungen diverser mathematischer Institutionen alles um Zahlen und knifflige Grübelaufgaben drehen sollen, am besten spielerisch vermittelt und auch für den Laien verständlich. „Wurde aber alles eingestampft wegen Corona“, so Ehrhard Behrends, Professor am Mathematischen Institut der FU.
Und wenn dann doch etwas stattfindet wie die Rechenaufgabe für Kinder, die von der gemeinnützigen Berliner Gesellschaft Mathe im Leben am 14. März online gestellt wird, hat selbst die noch etwas mit der Pandemie zu tun. Der Titel der Sonderaufgabe lautet, so die Geschäftsführerin Stephanie Schiemann: „Im Nu immun“. Es werde darin “um die erneute Ausbreitung der Schneepocken im Wichteldorf gehen. Durch Ausheilung der Krankheit und gleichzeitige Impfung werden immer mehr Wichtel immun gegen die Neuen Schneepocken.“
Falls auch taz-Leser mal wieder freiwillig etwas mit Mathe zu tun haben wollen: „Es wird gefragt, wann das Wichteldorf, in dem 100.000 Wichtel leben, bei Verdoppelung der Infektionszahl (R=2) die Herdenimmunität von 50 Prozent erreicht hat.“ Die Aufgabe richtet sich zwar eher an Kinder, es könnte aber auch nicht schaden, wenn Armin Laschet hier mitrechnet.
Mit Kuchen: Dass der Pi-Tag immer am 14. März gefeiert wird, liegt an der US-amerikanischen Datumsschreibweise 3/14: die ersten drei Ziffern von π sind eben 3,14. Traditionell werden am Pi-Tag gemeinschaftlich kreisförmige Kuchen verzehrt, wegen der sprachlichen Nähe des griechischen Buchstaben π zum englischen pie, Kuchen: Beides wird im Englischen lautgleich ausgesprochen. Seit vergangenem Jahr ist der 14. März dazu der von der Unesco beschlossene Internationale Tag der Mathematik.
Ins Unendliche: Mit Gemeinschaft ist derzeit ja wenig zu machen. Weil die Kreiszahl Pi aber tendenziell ins Unendliche spielt mit all ihren Ziffern, ist es vielleicht egal, dass es zum Pi-Tag in diesem Jahr ein doch sehr eingeschränktes Feierprogramm gibt.
Ausflug zum Pi-Gebäude
Eine gute Möglichkeit, aus dem Pi- und Mathe-Tag doch noch das Beste zu machen in Berlin, wäre ein Corona-Ausflug zum Pi-Gebäude am Mathematischen Institut der FU in Dahlem. Dieses entstand dort Anfang der nuller Jahre unter der Ägide von Professor Behrends. Er sei eben begeisterter Pi-Fan, sagt dieser nun am Telefon, aber das sei nicht unüblich in seiner Zunft. Mathematiker stünden der Zahl seit je „mit einer Mischung aus Bewunderung und Unverständnis gegenüber“.
Netterweise erklärt er Pi noch mal einmal für Dummis: „Die Zahl Pi ist eigentlich erfunden worden, um Kreise zu beschreiben. Sie hat den Wert 3,1415 und so weiter. Wenn ich einen Kreis mit dem Durchmesser d habe, dann ist dessen Umfang pi-mal so groß, also 3,14-mal so groß wie der Durchmesser. Das gilt für winzige Kreise, aber auch solche so groß wie das Weltall.“
Um es dann doch noch ein Stückchen weniger mathematisch zu erklären: Pi ist so etwas wie der Käserand einer Cheesy Crust Pizza, dessen Menge in einem bestimmten Verhältnis zum Durchmesser der Pizza steht.
Professor Behrends kommt jetzt ein wenig in Fahrt, über Pi könne er stundenlang reden, sagt er: „Das Bemerkenswerte ist, dass die Zahl Pi auch in fast allen Bereichen der Mathematik auftritt, wo man es vielleicht gar nicht erwarten würde. Nicht nur in der Geometrie, sondern auch in der Analysis, wenn es um Schwingungen geht. Ebenso in der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Und diese Universalität macht Pi so faszinierend für Mathematiker.“
Dass der Pi-Tag immer auf den 14. 3. falle, komme dabei nicht von ungefähr. Nach amerikanischer Schreibweise, in der bei Datumsangaben der Monat vor dem Tag angegeben wird, entsprechen 3 (für den Monat März) und 14 (der vierzehnste Wochentag) „den ersten Ziffern der Dezimalentwicklung von Pi“.
Eine irrationale Zahl
Was Pi so faszinierend nicht nur für Mathematiker macht, ist, dass die Zahl unendlich viele Stellen hinter dem Komma hat. Und dass jede einzelne Kommastelle extra errechnet werden muss. Denn es ergibt sich keine Logik, kein Muster bei der Aneinanderreihung der Ziffern, Pi ist eine irrationale Zahl.
Diese Unvorstellbarkeit hat auch die Popkultur schon des Öfteren angeregt. Den Regisseur Darren Aronofsky etwa hat sie zu seinem Paranoia-Thriller „Pi“ animiert, Kate Bush hat ihr einen Song gewidmet.
Ein paar Billionen Stellen hinter dem Komma sind inzwischen bekannt, sagt Professor Behrends, Pi-Freaks könnten gar Hunderttausende davon auswendig aufsagen, das sei so eine Art Sport für ein paar Nerds. Am Pi-Gebäude seines Instituts waren ursprünglich immerhin 314 Stellen hinter dem Komma aufgemalt. „Nach einer Renovierung sind es nun ein paar weniger. Aber immer noch mehr, als man für praktische Zwecke braucht. Zehn Stellen reichen eigentlich, um praktische Aufgaben lösen zu können.“
Einen ganz eigenen Zugang zu der Königin der Dezimalzahlen hat da Fabian Benz gefunden, Arzt für Gastroenterologie an der Berliner Charité und Extrem-Marathonläufer. Aktuell laufe er mehr oder weniger jede Woche einen Marathon, „manchmal auch zwei“, sagt er. Ausdrücklich anlässlich des Pi-Tags hat er einen Marathon organisiert, der am Bernhard-Lichtenberg-Platz in Tegel startet. Sein Bezug auf Pi ist vielleicht aber dann doch nicht ganz so bemerkenswert und möglicherweise etwas an den Haaren herbeigezogen, wenn man bedenkt, dass Benz für seine Marathons einfach andauernd bestimmte Anlässe findet. So hat er auch schon einen Lauf am „Welttag der Blöckflöte“ und am „Internationalen Tag des Eisbären“ organisiert.
Etwas mit Pi anfangen könne er aber schon, sagt er, was vor allem an seiner generellen Faszination für Zahlen liege. So würde er beim Laufen seine Strecke mental immer in drei Teilabschnitte einteilen. Bei einer Marathonlänge von 42 Kilometern und 195 Metern würde das dann drei Teilabschnitte von je 14 Kilometern Länge ergeben. Und siehe da, das macht: 3 mal 14. Und mit welchen Ziffern beginnt noch einmal Pi? Mit 3,14.
Wer sich nicht ganz so anstrengen möchte wie Fabian Benz, um die Zahl Pi zu würdigen, der kann es freilich auch machen wie die Amerikaner am Pi-Tag. In den USA isst man an diesem traditionell vor allem einfach ein Stück Kuchen. Wegen der phonetischen Ähnlichkeit von Pi mit dem englischen Wort „Pie“ für Kuchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“