138 Autobahnprojekte bundesweit: Ampel will neue Autobahnkilometer
SPD, Grüne und FDP haben sich auf Verkehrsreformen geeinigt. Umweltschützer kritisieren, dass zahlreiche Schnellstraßen erweitert werden sollen.
Die 138 Vorhaben betreffen Stauschwerpunkte und Engstellen und sollen künftig eben „in überragendem öffentlichen Interesse“ liegen, um die Planungszeiten zu verkürzen. Das geht aus dem sogenannten Genehmigungsbeschleunigungsgesetz hervor. Einen Entwurf dafür legte die Bundesregierung bereits Ende März vor; die Einigung am Montag dieser Woche folgte nach wochenlangen Verhandlungen der Ampelfraktionen. „Die Liste der zu beschleunigenden Autobahnausbauten gilt nun abschließend und einmalig“, heißt es in einem Papier der Grünen-Bundestagsfraktion, das der taz vorliegt. Über die 138 hinaus solle künftig kein weiteres Autobahnprojekt extra beschleunigt werden, der Kabinettsentwurf habe noch „viel mehr Spielraum“ gelassen.
Andreas Knie, Soziologe und Verkehrsexperte, kritisiert, dass in den Reformplänen stets nur von „Ausbau“ oder „Sanierung“ die Rede sei: Auch der Bau zusätzlicher Fahrstreifen gelte teilweise als „Sanierung“. Zudem sei nicht von Neubau, sondern von „Lückenschluss“ die Rede, wenn zwischen bestehenden Strecken neue Verbindungen geschaffen würden. „An vielen Straßen und Brücken gibt es Sanierungsbedarf, keine Frage“, so Knie. „Unter dem Deckmantel der Sanierung aber plötzlich Fahrstreifen zu erweitern, halte ich für absoluten Unsinn.“
Auf Anfrage der taz hält der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bernd Reuther, dagegen: Die Erweiterung von Fahrstreifen diene dazu, klimaschädliche Staus zu vermeiden. Andreas Knie verweist jedoch auf Studien, wonach mehr Spuren den Verkehr nur kurzfristig entlasten – und langfristig mehr Fahrzeuge auf die Autobahn locken.
Solarstrom von der Autobahn
Wie die Grünen mitteilen, hat sich die Ampelkoalition ebenfalls auf ein „Solar-Upgrade“ geeinigt – also darauf, jede verfügbare Fläche an Autobahnen für die Solarerzeugung zu nutzen. „Die Bundesregierung will das Land mit neuen Autobahnen zupflastern“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Das soll jetzt durch das ‚Solar-Upgrade‘ grüngewaschen werden“, so Resch weiter.
Ebenso wie Verkehrsexperte Knie blickt die Umwelthilfe aber positiv auf weitere Aspekte der Ampeleinigung: So soll etwa die Maut für LKW erhöht werden, große Teile der Einnahmen sollen in den Ausbau von 4.500 Schienenkilometern fließen. Ein weiterer Teil der geplanten Reformen ist die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, die Kommunen freiere Hand lassen soll, zum Beispiel, wenn sie Tempo-30-Zonen als Klimaschutzmaßnahme einführen wollen. Damit diese Änderung ihre Wirkung entfalten kann, muss jedoch auch die Straßenverkehrsordnung reformiert werden. Bisherige Pläne der Ampelkoalition hierfür kritisieren die Umweltverbände als unzureichend.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren