100-Tage-Bilanz des Senats: Bloß Digitalisierung klappt nicht

Die führenden Köpfe der rot-grün-roten Landesregierung bescheinigen sich gute Arbeit. Vizechef Klaus Lederer gefällt das Etikett „die bessere Ampel“.

Das Foto zeigt Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) und ihre beiden Vizes Bettina Jarasch 8Grüne) und Klaus Lederer (Linkspartei).

Guter Laune und ganz ohne???: Die Drei vom rot-grün-roten Senat bei ihrer 100-Tage-Bilanz Foto: dpa

BERLIN taz | Das muss man – genauer: frau – erst mal können: eingestehen, bei einem wichtigen Projekt im 100-Tage-Programm gescheitert zu sein, und das dann so drehen, als ob das Sich-davon-trennen-Können eine besondere Qualität wäre. Franziska Giffey (SPD) macht das lehrbuchhaft vor, als sie am Donnerstag in einer Pressekonferenz mit ihren beiden Vizes die ersten 100 Tage des rot-grün-roten Senats bilanziert.

37 seiner 40 zuvor selbst formulierten, nicht etwa von anderen vorgegebenen Ziele hat der Senat seit seinem Start am 21. Dezember nach eigener Einschätzung erreicht, bei zwei weiteren sei man „auf der Zielgerade“. Nur aus dem Projekt „Digitalisierung der Justiz“, das gegenseitige Akteneinsicht mit Hamburger Justizbehörden ermöglichen sollte, wird nichts. Eigentlich hochgradig peinlich, weil Digitalisierung ja ein Projekt ist, das auch bei allen Großthemen – Wohnungen, Schulbau, bürgernahe Verwaltung – wichtig ist. An zu hohen Lizenzkosten für Software und Vertragsbedingungen ist die Sache laut Giffey gescheitert – man habe sich „in Verantwortung für den Landeshaushalt davon verabschiedet“.

Was die Regierungschefin und ihre beiden Stellvertreter Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus Lederer (Linkspartei) vor allem vermitteln wollen, ist: Wir verstehen uns und arbeiten gut zusammen. Der Streit über das Thema Enteignung gemäß dem Volksentscheid vom Herbst 2021? Eigentlich bloß ein Austausch unterschiedlicher Ansichten. Man zieht natürlich im Sinne Berlins an einem Strang, und Lederer fordert die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ auf, sich an der nun vom Senat beschlossenen Expertenkommission zu beteiligen.

Und Giffeys Reingrätschen in die Verkehrspolitik erst wenige Stunden zuvor, mit der Ansage, dass es so wie jetzt mit der autofreien Friedrichstraße nicht weitergehen könne? In Giffeys Augen kaum etwas anderes als die Haltung der eigentlich zuständigen Verkehrssenatorin Jarasch, die ein „Gesamtkonzept“ ankündigt, das weitere Straßen und den Gendarmenmarkt einbezieht. Und grundsätzlich geht es natürlich – O-Ton Giffey – „nicht um Parteipolitik, sondern darum, die Probleme der Stadt zu lösen“.

Giffey hebt Frauenanteil heror

Aber auch Klaus Lederer ist des Lobes voll: „Menschlich funktioniert es genauso gut wie am Ende der vergangenen Wahlperiode“, ist von ihm zu hören, der, anders als die beiden neben ihm, schon damals im Senat saß. „Am Ende“ soll heißen: Ab dem Moment, als der gemeinsame Kampf gegen Corona Streitthemen überlagerte. Lederer berichtet von einer Etikettierung der rot-grün-roten Regierung, die er am Morgen gelesen haben will und der er nicht widersprechen mag: „die bessere Ampel“.

Von Giffey muss dann natürlich auch noch etwas Umarmendes kommen: Sie erinnert daran, dass sieben der elf Senatsmitglieder Frauen sind – „ich weiß nicht, ob das eine Rolle spielt, aber ich bin sehr zufrieden mit den Mitgliedern der Landesregierung.“

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