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1. FC Nürnberg gegen Eintracht FrankfurtKnallkörper durchgewunken

Böllernde Nürnberger Fans provozieren beinahe einen Spielabbruch in Frankfurt. Über den Sieg der Franken spricht nach dem Spiel kaum einer.

Einige Fans vom 1. FC Nürnberg haben eine Lunte an die Partie gegen die Eintracht legen wollen. Bild: dpa

Frankfurt - 1. FC Nürnberg 1:3 (1:1)

Eintracht Frankfurt: Nikolov - Ochs, Russ, Vasoski, Spycher - Fink - Köhler, Caio (46. Toski) - Fenin, Amanatidis, Weissenberger (68. Mantzios)

1. FC Nürnberg: Blazek - Kristiansen, Abardonado, Spiranovic, Pinola - Kluge, Galasek - Vittek (81. Glauber), Misimovic, Saenko (70. Mintal) - Charisteas

Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen) - Zuschauer: 51 500 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Fink (3.), 1:1 Charisteas (18.), 1:2 Vittek (49.), 1:3 Misimovic (83.)

Gelbe Karten: Fink (3), Russ (3), Ochs (7) / Pinola (6)

Beste Spieler: Vasoski, Fink / Kluge, Misimovic

Mit hochrotem Kopf stand Michael A. Roth, der Präsident des 1. FC Nürnberg, nach dem 3:1-Erfolg seiner Mannschaft in den Katakomben der Frankfurter Arena. Irgendwie sei er auch erleichtert, beteuerte Roth, "der Sieg war ja lebenswichtig." Der erste Dreier seit dem 9. Dezember 2007. Einerseits. Andererseits war Roth außer sich vor Wut auf seine eigenen Fans, die wegen gemeingefährlicher Böllerei beinahe den sechsten Spielabbruch der Bundesliga-Geschichte provoziert hatten.

"Das war höchstpeinlich und hat unserem Image schwer geschadet", klagte Roth. "Das war eine Katastrophe. Jetzt haben wir noch eine Baustelle." Für den Verein sei das ein Nackenschlag, räumte auch Manager Martin Bader ein, "es hatte sich etwas angedeutet: Schon gegen Bochum haben sich diese Fans untereinander auf die Mütze gehauen."

Was war passiert? Im Block 20 der Frankfurter Arena, dort wo die Ultras von insgesamt mehr als 4.200 Nürnberger Anhängern standen, gingen nacheinander drei Knallkörper los, ehe nach knapp einer halben Stunde auch noch eine Leuchtrakete an der Eckfahne niederging, der sich Nürnbergs Torwart Jaromir Blazek als Feuerwehrmann annahm. Das war Schiedsrichter Peter Gagelmann zu viel, zumal alle Appelle des Sicherheitschefs übers Stadionmikrofon nichts gefruchtet hatten. Der Referee schickte die Kicker 20 Minuten in die Kabine. Roth hielt den Entschluss im Nachhinein für völlig richtig: "Es sind halt nicht lauter Studierte im Fanblock. Der Schiedsrichter musste handeln."

Das wird auch der DFB-Kontrollausschuss tun, der den Schiedsrichterbericht und die Schilderungen des Schiedsrichterbeobachters Aaron Schmidhuber am heutigen Montag auswertet. "Im Mittelpunkt steht natürlich die Haftung des Nürnberger Bundesligisten für seine Anhänger und deren Ausschreitungen", sagte DFB-Richter Rainer Koch. "Eine weitere Frage ist, wie die aus dem Block geworfenen Feuerwerkskörper ins Stadion gelangen konnten und ob damit Frankfurt die Platzaufsicht eventuell vernachlässigt hat." Auch Nürnbergs Trainer Thomas von Heesen monierte nicht zu Unrecht, "dass sonst die Fans nicht mal mehr ein Streichholz ins Stadion reinbringen können".

Für Matthias Huber, Nürnbergs Sicherheitsbeauftragten, steht außer Frage, dass die Ausschreitungen aus Reihen der angereisten Ultras kamen, die beim Spiel in Frankfurt zudem von einer befreundeten und offenbar gewaltbereiten Gruppierung von Rapid-Wien-Anhängern unterstützt wurde. Schon auf dem Weg vom Bahnhof zum Stadion "wurde massiv mit Feuerwerkskörpern geballert", berichtet Huber.

Hätten da nicht Polizei und Security am Arena-Eingang gewarnt sein müssen? Doch sind die Kontrollen im Frankfurter Stadtwald mitunter eine Farce - noch immer winken Ordner ihnen bekannte oder befreundete Ultras ohne Kontrolle durch, wie Augenzeugen am Samstag berichteten. So haben sowohl der 1. FC Nürnberg als auch Eintracht Frankfurt mindestens eine saftige Geldstrafe zu befürchten. "So etwas kann man nicht verhindern", gab Roth zu bedenken, "es stehen halt nicht lauter Studierte im Block."

Im Nachhinein waren alle froh, dass die Partie, die die abstiegsbedrohten Franken nach Toren von Angelos Charisteas (18.), Robert Vittek (49.) und Zvjezdan Misimovic (83.) verdient gewannen, ein glimpfliches Ende nahm. "Nach einem Abbruch hätte die große Gefahr von Chaos bestanden", sagte von Heesen. Eine Sorge, die Frankfurts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen dem Bremer Referee noch während der Unterbrechung kundtat. "Bei einem Abbruch wäre die Situation nicht zu händeln gewesen."

Bruchhagen warnte vor "italienischen Verhältnissen" im deutschen Fußball und forderte, "dass der Fußball vor solchen Idioten nicht resignieren darf". Was einer wie Roth auch nicht tat: Als Gagelmann das Spiel wieder angepfiffen hatte, stellte sich Roth für eine geschlagene Stunde vor seine Fans - mit der Gefahr, dass der nächste Feuerwerkskörper ihn getroffen hätte. Ob er keine Angst gehabt habe? "Ich habe doch den größten Teil meines Lebens schon hinter mir", beschied der 72-Jährige - und lachte.

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11 Kommentare

 / 
  • EF
    ein fan

    @ ultras clandestino

    1. Bräuchte ich an Sylveter dieses gedönz genauso wenig.

    2. Ist es etwas grundsätzlich anderes wenn ich mit sowetwas rechnen kann, oder es jemand anderem mal nen halben Meter in den Rücken schmeiß, der mit allem rechnet nur nicht das so ein Teil hinter ihm los geht. Man sollte beim verfassen solcher Zeilen sich vorher auch mal ein paar gedanken machen.

    3. Das in Verbindung mit Schäuble zu bringen ist völlig absurd. Wenn sich jeder im Stadion anständig benehmen würde bräuchte es weder Polizei noch Videoüberwachung.

    4. Habe ich als Fan mit reinem gewissen, keinerlei Probleme damit wenn ich in einem Monitor auftauche, wenn im Gegenzug solche Leute rausgezogen werden.

    5. "Wären Pyroerzeugnisse nicht verboten in den Stadien und würden die Fans selbst in die Verantwortung genommen wäre es vermutlich nicht mal dazu gekommen."

    Da sag ich gute Nacht, erklärt aber viel über den Verfasser der Zeilen!

  • UC
    ultras clandestino

    ich denke der Kommentar von Rudi Brückner ehemals DSF nun Eurosport trifft den Nagel auf den Kopf:

    http://de.eurosport.yahoo.com/07042008/73/bundesliga-brueckners-breitseite-gespielte-empoerung.html

     

    by the way. zu Sylvester habt ihr alle verdammt viel Spass mit Knallern ist es dort minder gefährlich? Wären Pyroerzeugnisse nicht verboten in den Stadien und würden die Fans selbst in die Verantwortung genommen wäre es vermutlich nicht mal dazu gekommen.

     

    Vor Jahren sprach man noch von der Hölle des Betzenberg´s wo mehrere Dutzend Bengalische Fakeln die Stimmmung aufheizten, nun wandelt sich das Bild und sowas ist kriminell und stellt eine "dumme" Minderheit dar.

     

    Den Schwachsinn mit den Studierten von M.A.Roth ist natürlich auf totaler Mist da wohl der Großteil der Ultras in Deutschland aus der Bildungsschicht kommt.

     

    Wenn man hier teilweise Kommentare liest àla"ich hoffe sie entdecken den/die Täter per Videoüberwachung kann ich mir auch nur an den Schädel fassen und mich fragen, warum man mit Schäubleattitüde hier auf der taz homepage rumschwirrt...aber however...gute nacht deutschland!

  • N
    NRW-Fußballfan

    Also zu den Vorfällen am Samstag kann ich nur sagen, wer so etwas macht, gehört ganz hart und ohne Gnade bestraft.

    Was diese "sogenannten Fan´s" sich da geleistet haben ist kaum mit Worten zu beschreiben.

    Da ist selbst der Sieg für unseren 1.FCN in den Hintergrund geraten. Denn in der ohnehin schweren Situation, dann auch noch so in die Schlagzeilen zu geraten, finde ich ehrlich nicht gerade sehr erfreulich.

    Ich selber bin extra aus NRW angereist, um unserem

    Club die Daumen dort zu drücken, und dann muß ich soetwas live miterleben. da fehlen mir einfach die Worte.

    An die "Ultras" kann ich da nur sagen: Ihr habt mit Eurer Scheiße ein super Bild für den ganzen 1.FCN und seine echten Fan´s abgegeben !

    Vielen Dank !! ..man sollte Euch die hohe Geldstrafe zahlen lassen.

     

    Jedoch muß ich leider auch sagen, daß die Eingangskontrollen des dortigen Sicherheitsunternehmen meines Erachtens auch nicht gerade sehr streng waren.

    Denn ich habe in anderen Stadien schon strengere Kontrollen erlebt.

    Eventuell wären am Samstag dann solche Bilder erspart geblieben.

  • EF
    ein fan

    Wenn ich kommentare wie den von dero lese frag ich mich schon in welcher Welt wir leben. Davor und danach mussten 7 Personen wegen Knalltraumas ins Krankenhaus gebracht werden! Schöner Spaß, dieser Dreck. Natürlich waren es die Ultras. Das weiß jeder, es in Frage zu stellen, grenzt schon an Dreistigkeit.

     

    Natürlich erhöhen sie die Stimmung im Stadion. Aber ganz ehrlich, auch ohne Ultra´s gab es vorher Stimmung. Ich verzichte gerne auf dieses mehr wenn im gegenzug solche "Fans" aus dem Stadion heraus gezogen werden. Ich geh ins Stadion um Fussball zu sehen und nicht um irgendwelche Fans sich selber feiern zu sehen, was oft genug im zündeln von Knallkörpern endet.

     

    Ich hoffe das die Werfer (dank der Videoüberwachung) gefunden werden und die Vereine die ausgesprochenen Geldstrafen von den Tätern einfordern.

  • M
    meier

    Ausschreitungen mal beiseite - aber was sollen diese Böller denn bezwecken ??? Was isn cool an dieser Art von Unterstützung für den Verein/ Club ... und die Konsequenz daraus für unsren Verein ???

    Schönen Dank -ein netter Familienvater der gerne auch im 11 Block steht !

  • MM
    Matthias M.

    Es wurde richtig entschieden als die Spieler für 20 Minuten vom Spielfeld geschickt wurden.

    Ich kann es nicht verstehen dass dies nicht ernst genommen wird. "dero" schreibt dass man wegen drei Böller keinen Aufstand machen soll.

    Ich meine, genau da liegt das Problem. Wäre was passiert, wie z.B. ein Spieler oder ein Fan (dero selbst?) wäre verletzt worden würde das nicht so leicht abgetan werden.

    Fakt ist: Böller sind verboten. Es geht nicht um einen oder drei oder huntert Böller. Es sind gundsätzlich keine erlaubt.

    Ich finde den Aufstand der jetzt gemacht wird, vollkommen in Ordnung.

  • G
    Gemüsehändler

    Ohne die Ultras wäre in den deutschen Stadien doch nichts los, die Stimmung wird doch nicht von den netten Familienvätern gemacht. Außer Musikantenstadl-Klatschen ist bei den "studierten" Zuschauern nichts zu holen.

    Wegen drei Böllern schreibt die TAZ von Ausschreitungen, ich glaube das könnten die Leute von Axel-Springer nicht mehr toppen. Wisst ihr was Ausschreitungen sind? In Italien sterben Menschen und hier werden mal ein Rauchtopf oder ein paar Pyros gezündet. Das gehört einfach dazu ist vollkommen ungefährlich. Ich kann nur lachen über die Politiker, die hier absolute Panikmache betreiben und andererseits keine Einwände gegen Autos haben die mit 250 km/h über die Autobahn jagen. Schön dass sie auch immer öfter von der TAZ Unterstützung erhalten

  • D
    dero

    Was in den deutschen Medien über diesen Vorfall geschrieben wird, ist schlichtweg unglaublich. Wegen 3 Böller und einer kleinen Fackel so einen Aufstand zu machen...

     

    Es ist genau NICHTS passiert, wozu also das Spiel 20 Minuten unterbrechen oder gar abbrechen? Italienische Verhältnisse? Da kann ich nur lachen! In Italien sind ja e keine Fans mehr erwünscht, in Deutschland genauso wenig. Einfach nur Kunden, die sich nicht zuviele Gedanken machen, was alles falsch läuft.

     

    Wieso werden schon wieder Ultras beschuldigt? Die 2-3 Böller kann genauso gut irgendein "normaler" Fan geworfen haben... Ist doch alles nicht der Rede wert!

  • P
    Pauli

    Jahaaa, genau. So schön mit ABi Zeugnis am EInlass vorzeigen.

    Gute Nacht...

  • SO
    Stefan O.

    klar haben feuerwerkskörper im stadion nichts zu suchen. aber wegen drei böllern solch einen aufriss zu machen und vor "italienschen verhältnissen" zu warnen ist wohl schon etwas übertrieben!

  • C
    chris

    Jaja, ich würde mir auch wünschen, dass mehr Studierte im Block stehen, dann gehören diese Ultra-Geschichten endlich der Vergangenheit an.