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1. FC Nürnberg fliegt aus der BundesligaAlles falsch gemacht

Nürnberg, vor Jahresfrist noch Pokalsieger, hat es zum Rekordabsteiger der Bundesliga gebracht. Ob der Trainer bleibt, wird am Dienstag entschieden.

Kommen die anderen Fans auch wieder ins Stadion, wenn der Trainer immer noch Thomas von Heesen heisst? Bild: dpa

1. FC Nürnberg - FC Schalke 04 0:2 (0:1)

1. FC Nürnberg: Klewer - Jacobsen, Wolf, Abardonado, Pinola - Galasek, Engelhardt - Misimovic, Mintal (46. Vittek) - Koller, Charisteas

FC Schalke 04: Neuer - Rafinha, Bordon (72. Höwedes), Westermann, Pander - Jones, Ernst, Altintop, Kobiaschwili - Kuranyi, Asamoah (71. Rakitic)

Schiedsrichter: Fandel (Kyllburg) - Zuschauer: 47 000 (ausverkauft)

Tore: 0:1 Bordon (19.), 0:2 Bordon (61.)

Gelbe Karten: Koller (2), Galasek (7), Wolf (8), Engelhardt (7) / Rafinha (6)

Beste Spieler: Pinola / Neuer, Bordon, Kobiaschwili

Es musste ja so kommen: Draußen die Krakeeler, die der Mixtur aus Enttäuschung, Trauer, Wut und Zorn mit einfachsten Parolen Luft machten. Sie brüllten wahlweise "Heesen raus!" oder "Bader raus!". Drinnen im fränkischen Stadionbauch verharrten ein Trainer und ein Manager, die für ihren Arbeitsplatz warben. Der siebte Bundesliga-Abstieg des 1. FC Nürnberg - aus dem einstigen Rekordmeister ist der Rekordabsteiger geworden - hinterlässt ein Spannungsfeld, in dem bis Dienstagabend viele Mutmaßungen möglich sind.

Dann treten fünf Präsidiumsmitglieder und der siebenköpfige Aufsichtsrat zu einer Sitzung zusammen; dann wird beim Club entschieden, ob den Strömungen nachgegeben wird, die Thomas von Heesen, den Trainer, und Martin Bader, den Manager, den Neuaufbau zu Nürnberg nicht mehr zutrauen. Vorweg: Eigentlich sollen sich die Gremien weitgehend einig sein, beiden zu vertrauen. Einerseits. Andererseits ist zu hören, dass es auf der Seite des Präsidenten Michael A. Roth Einflüsterer gibt, die selbst nach mehr Macht streben, allen voran die eitlen Vizepräsidenten Franz Schäfer und Siegfried Schneider. Schon macht am Valznerweiher der unvermeidliche Name Peter Neururer die Runde.

"Wir werden uns in den Gremien zusammensetzen und jedes Steinchen umdrehen", versprach Bader, "es darf hier kein Vakuum entstehen." Aber wie kann eine derart spielstarke und prominent besetzte Elf eines Pokalsiegers, die vor einem Jahr noch gezielt verstärkt wurde, eigentlich absteigen? Eine schlüssige Antwort gaben die Verantwortlichen auch diesmal nicht. Bader hatte auch anderes zu tun. Er musste die Fans bändigen. Er begab sich sogar mit dem Megafon zu den Frustrierten, um eine Schneise für den Mannschaftsbus zu schlagen. Und er sprach am Stahltor einen bemerkenswerten Satz: "Wir haben in dieser Saison alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Mit dieser Mannschaft darf man nicht absteigen."

Die FCN-Fortentwicklung ist nun auf Jahre gestoppt: Der 47-Millionen-Etat muss halbiert werden, an Ablösesummen - bis auf Tomas Galasek besitzen alle Profis einen für die zweite Liga gültigen Kontrakt - sollen acht bis neun Millionen hereinkommen, "um direkt wieder aufzusteigen", wie Bader klarstellt. Unter seiner Ägide hat sich der Club konsolidiert. Wirtschaftlich. Sportlich taugte die verschluderte finale Chance gegen den FC Schalke 04 als Sinnbild einer völlig verkorksten Saison. Hübsch zu kombinieren, nett zu spielen hilft nichts, wenn die Gäste mit der königsblauen Fußballsparversion den fränkischen Hoffnungsfunken rasch zum Erlöschen bringen können. Die Fans schwenkten in der Nordkurve schon nach einer Stunde weiße Taschentücher, sie riefen nach Extrainer Hans Meyer oder demonstrativ: "Nur wir sind der Club".

Nur Andreas Wolf und Javier Pinola durften sich von der Anhängerschaft verabschieden - der Rest wurde davongejagt. Ohnehin werden wichtige Kräfte gehen müssen. Nürnbergs Bester, Filigrantechniker Zvjezdan Misimovic wird Großverdiener beim VfL Wolfsburg, Verteidiger Pinola zieht es wohl nach Leverkusen oder Gelsenkirchen, auch Ivan Saenko, Angelos Charisteas, Jan Koller und Robert Vittek sollen auf dem Sprung sein. Von Heesen will nun Profis auswählen, die unverbrauchter als das bisherige Personal sind. Bader ist auf seiner Seite. Doch vorher wird die Personalie des Trainers und/oder Managers an oberster Stelle geklärt. Der Ostwestfale von Heesen spürt die Vorbehalte der gemeinen Clubberer. "Ich habe einen Vertrag für die zweite Liga. Ich komme dieser Verpflichtung nach. Aber die Entscheidung obliegt nicht mir", sagte der 46-Jährige. Darin steckte nicht nur reichlich Interpretationsspielraum, sondern auch ein seltsamer Fatalismus, der für den Joberhalt nicht die beste Voraussetzung bietet.

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