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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Friedensgespräche auf der Kippe

Während die USA darüber nachdenken, ob eine Waffenruhe in der Ukraine in absehbarer Zeit möglich ist, bombardiert Russland weiter ukrainische Städte.

Nach Angriff auf ein dicht besiedeltes Gebiet im ostukrainischen Charkiw: Kein Waffenstillstand in Aussicht? Foto: Andrii Marienko/AP/dpa

Rubio: US-Bemühungen um Frieden in der Ukraine könnten bald aufhören

Sollte es innerhalb der nächsten Tage keinen Fortschritt bei den Bemühungen um ein Friedensabkommen zwischen Russland und der von ihm angegriffenen Ukraine geben, werden die USA sich womöglich davon verabschieden. Das gab US-Außenminister Marco Rubio am Freitag bei einem Besuch in Paris zu verstehen. Rubio teilte mit, die US-Regierung wolle in den kommenden Tagen festlegen, ob eine Waffenruhe „in den nächsten paar Wochen möglich ist“.

Bei ranghohen Gesprächen am Donnerstag in Frankreich hatten Vertreter der Ukraine, der USA und Europas über die Sicherheit der Ukraine gesprochen. Rubio berichtete, die Gespräche seien konstruktiv gewesen. Es gebe einen Rahmen für Schritte in Richtung Frieden. Aus französischen Regierungskreisen verlautete, in den kommenden Tagen werde es voraussichtlich ein neues Treffen im gleichen Format in London geben.

Die Trump-Regierung versucht seit Wochen, eine Waffenruhe zwischen der Ukraine und Russland zu erreichen. Die durch den Angriff Russlands im Februar 2022 begonnenen Kämpfe haben aber nicht aufgehört.

In Europa nehmen die Bedenken zu, dass US-Präsident Donald Trump sich Russland annähern könnte. Der Kreml hat ein umfangreiches Waffenruheabkommen abgelehnt, das die Ukraine genehmigt hat und das von Trump unterstützt wird. Russland verlangt für seine Zustimmung zu dem Abkommen einen Stopp der Mobilisierung in der Ukraine und einen Stopp der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Diese Forderungen lehnt die ukrainische Regierung ab. (dpa)

Mindestens vier Tote und Dutzende Verletzte nach Angriffen auf Charkiw, Cherson und Sumy

Bei russischen Angriffen auf die Städte Charkiw, Cherson und Sumy im Nordosten der Ukraine sind in der Nacht auf Freitag ukrainischen Angaben zufolge mindestens zwei Menschen getötet worden.

In Charkiw im Nordosten der Ukraine sind nach Angaben des Bürgermeisters Ihor Terechow ein Mensch getötet und 54 verletzt worden. Durch den Angriff am Freitagmorgen seien nach vorläufigen Informationen 15 Wohngebäude beschädigt worden. Charkiw ist nach der Hauptstadt Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine.

In der südukrainischen Region Cherson sind bei einem russischen Drohnenangriff am Donnerstag nach ukrainischen Angaben zwei Straßenarbeiter getötet worden. Der Gouverneur von Cherson, Olexandr Prokudin, teilt mit, die beiden Männer hätten in der Nähe eines Dorfes nordöstlich der gleichnamigen Regionalhauptstadt Cherson gearbeitet, als die Drohne eingeschlagen sei. Die Region Cherson wurde in den ersten Wochen der Invasion der Ukraine im Februar 2022 von russischen Streitkräften besetzt. Die Ukraine eroberte im Laufe des Jahres große Teile des Territoriums zurück.

Auf die nordöstliche Stadt Sumy habe es in der Nacht einen Drohnenangriff gegeben, erklärten die Behörden. Laut der örtlichen Militärverwaltung wurde ein Mensch getötet und ein weiterer Mensch verletzt. Am Sonntag waren bei einem Doppelangriff auf die Stadt 35 Menschen getötet worden. Der Angriff wurde international scharf verurteilt.

Die erneuten Angriffe ereigneten sich kurz nach einem Treffen der Verbündeten Kiews in Paris. Dabei nahmen am Donnerstag zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump auch Europäer an den Gesprächen zum Thema Ukraine teil.

Bei dem Treffen berieten US-Außenminister Marco Rubio und der US-Sondergesandte Steve Witkoff sich mit ranghohen Vertretern Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der Ukraine über Wege zur Beendigung des Krieges. Von französischer Seite hieß es, die Gespräche seien „positiv“ verlaufen. Eine Fortsetzung der Verhandlungen ist nächste Woche in London geplant.

Trump hatte zum Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar Verhandlungen mit Moskau über eine Waffenruhe in der Ukraine eingeleitet, ohne sich dabei mit den europäischen Staaten abzustimmen. Sein Sondergesandter Witkoff hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang April bereits zum dritten Mal getroffen. (apf/rtr)

Moskau: Jeder Taurus-Angriff auf russische Ziele bedeutet „direkte Beteiligung“ Deutschlands

Jeder ukrainische Angriff mit Taurus-Marschflugkörpern auf russische Ziele werde nach Angaben des Außenministeriums in Moskau als eine „direkte Beteiligung“ Deutschlands an dem Konflikt gewertet. „Ein Schlag mit diesen Raketen gegen russische Einrichtungen (…) wird wie eine direkte Beteiligung Deutschlands an den Kampfhandlungen an der Seite des Regimes in Kiew aufgefasst, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt“, wurde Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag von russischen Nachrichtenagenturen zitiert.

Der Einsatz der Marschflugkörper sei „ohne direkte Unterstützung von Soldaten der Bundeswehr nicht möglich“, fügte Sacharowa hinzu.

Am vergangenen Sonntag hatte der voraussichtlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine in Abstimmung mit europäischen Partnern in Aussicht gestellt.

Als Reaktion auf die Äußerungen des CDU-Chefs warnte der Kreml am Montag vor der Gefahr einer „Eskalation“ des Konflikts in der Ukraine. Der scheidende Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat Taurus-Lieferungen stets abgelehnt. Großbritannien hatte erklärt, es werde Deutschland unterstützen, sollte Berlin sich zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern entscheiden.

Russland hatte dem Westen bereits wegen der Lieferung von US-Raketen des Typs ATACMS und britischen Storm-Shadow-Marschflugkörpern an die Ukraine gedroht. Nach dem ersten Einsatz dieser Waffen bei Angriffen auf Ziele in Russland feuerte die russische Armee ihre neuartige Hyperschallrakete vom Typ Oreschnik auf die Ukraine ab. Moskau drohte außerdem damit, die Rakete erneut einzusetzen.

Taurus-Marschflugkörper haben eine größere Reichweite als die von den USA und Großbritannien gelieferten Modelle und können Ziele in einer Entfernung von bis zu 500 Kilometern treffen.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte sich in dieser Woche zurückhaltend mit Blick auf eine mögliche Taurus-Lieferung geäußert. „Für die Lieferung und für den Einsatz von Taurus gibt es gute Argumente. Und es gibt viele Argumente, gute Argumente, dagegen“, sagte er am Montag bei einer SPD-Veranstaltung in Hannover.

Deutlicher äußerte sich SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. „Wir waren ja immer schon auch dagegen“, sagte er am Mittwoch bei RTL und ntv. „Ich gehe davon aus, dass wir hier nicht zu einer Eskalation beitragen wollen, dass wir nicht Kriegspartei werden wollen“, fuhr Miersch fort und bekräftigte damit bisherige Bedenken der Sozialdemokraten. (afp)

Deutschland muss größter Unterstützer der Ukraine in Europa bleiben

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil dringt auf eine gemeinsame Entscheidung der schwarz-roten Koalition über die weitere militärische Unterstützung der Ukraine. Auf die Frage, ob die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern eine Kanzler-Entscheidung sei, sagt er den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wichtige außenpolitische Entscheidungen werden in einer Regierung im Konsens getroffen. In der Union gibt es dazu ja auch keine einheitliche Position.“

In den Koalitionsverhandlungen seien „keine Vereinbarungen über einzelne Waffensysteme getroffen“ worden, unterstreicht Klingbeil. „Das war auch nie Thema in den Gesprächen.“ Auf die Frage, ob die SPD bei ihrem Nein zu einer Taurus-Lieferung bleibe, antwortet Klingbeil: „Die Position der SPD ist bekannt.“ Zurückhaltend äußert er sich zu einer deutschen Beteiligung an einer möglichen Friedenstruppe für die Ukraine. „Das wäre der 47. Schritt vor dem ersten.“

Es gebe derzeit keinerlei Anzeichen, dass der russische Präsident Wladimir Putin zu Friedensverhandlungen bereit sei. Es geht jetzt weiter darum, verlässlich an der Seite der Ukraine zu stehen. „Deutschland muss größter militärischer Unterstützer der Ukraine in Europa bleiben.“ (rtr)

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