+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Schwere Gefechte in der Ostukraine
Das russische Militär führt Dutzende Angriffe auf die Städte Pokrowsk und Kurachowe durch. Nordkoreanische Soldaten könnten sich laut USA bald an den Kämpfen beteiligen.
40 Prozent der eroberten Gebiete in Kursk wieder aufgegeben
Die Ukraine hat über 40 Prozent der ursprünglich eroberten russischen Gebiete in der Region Kursk wieder geräumt. Das sagte ein Mitglied des ukrainischen Generalstabes Reuters. „Wir kontrollierten anfangs 1376 Quadratkilometer, jetzt ist dieses Gebiet natürlich kleiner. Der Feind verstärkt seine Gegenangriffe“, sagte der Militär. „Jetzt kontrollieren wir etwa 800 Quadratkilometer. Wir werden dieses Gebiet so lange halten, wie es militärisch sinnvoll ist.“ Die Kursker Offensive war die erste Bodeninvasion einer ausländischen Macht in Russland seit dem Zweiten Weltkrieg und traf die russische Armee unvorbereitet.
Mit dem Vorstoß wollte die Regierung in Kiew die russischen Angriffe in der Ost- und Nordostukraine aufhalten. Russland sollte gezwungen werden, seine im Osten der Ukraine vorrückenden Truppen zurückzuziehen. Die langsam dort vorstoßende russische Offensive konnte jedoch bislang nicht gestoppt werden. (rtr)
Boris Pistorius: Lage ist ernst
Europa steht Verteidigungsminister Boris Pistorius zufolge vor einer langanhaltenden Bedrohung. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei „längst kein regionaler Krieg mehr“, sagte der SPD-Politiker bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Arnsberg im Sauerland. Der russische Präsident Wladimir Putin „hat längst vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt“. Russland produziere in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie die gesamte Europäische Union in einem Jahr.
In einer Rede Ende Oktober habe Putin von einem „ernsthaften, unversöhnlichen Kampf um eine neue Weltordnung“ gesprochen, er sehe sich bereits als Sieger im Krieg gegen die Ukrane, schilderte Pistorius. Zugleich sei hybride Kriegsführung mit Desinformation und Fake News voll im Gange. „Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut.“ Deutschland müsse mehr Tempo machen und mehr investieren für seine „Kriegstüchtigkeit“, mahnte der Verteidigungsminister. (dpa)
Hafen des russisch besetzten Berdjansk mit Rakete beschossen
Die Ukraine hat den Hafen der russisch besetzten Stadt Berdjansk am Asowschen Meer mit einer Lenkrakete beschossen. Das teilte der Leiter der regionalen Besatzungsverwaltung, Jewgeni Balizki, mit. „Keine Verletzten. Die Brandherde, die der Einschlag verursacht hatte, wurden gelöscht“, schrieb er auf Telegram. Die Arbeit des Hafens sei nicht beeinträchtigt worden. Diese Angaben waren nicht überprüfbar.
Ukrainische Telegramkanäle berichteten, in der Hafenstadt sei am Freitagabend kurz vor Mitternacht eine laute Explosion zu hören gewesen. Berdjansk war nach Mariupol der zweitwichtigste Hafen der Ukraine am Asowschen Meer, einem Nebenmeer des Schwarzen Meeres. (dpa)
Schwere Gefechte in der Ostukraine
Im Osten der Ukraine liefern sich vorrückende russische Truppen und ukrainische Verteidiger weiter heftige Kämpfe. Der ukrainische Generalstab in Kyjiw nannte in seinem Morgenbericht die vergleichsweise hohe Zahl von 194 Angriffen seit Freitagmorgen. „Der Feind nutzt seine Überlegenheit an Menschen und Material und attackiert pausenlos unsere Stellungen“, hieß es.
Allein am Frontabschnitt Pokrowsk im Gebiet Donezk wurden 44 Angriffe gezählt, wobei die Militärangaben nicht im Detail nachprüfbar sind. 36 russische Sturmangriffe gab es demnach bei der extrem gefährdeten Stadt Kurachowe. Südlich davon droht sich Lagekarten zufolge ein Kessel zu bilden, aus dem ein Abzug der ukrainischen Soldaten schwierig werden dürfte.
Der ukrainische Militärblog DeepState verwies auch auf das russische Vordringen bei Welyka Nowosilka im Süden des Gebietes Donezk. Dort verlieren die Ukrainer Gebiete, die sie bei ihrer Sommeroffensive 2023 zurückerobert hatten. Russische Militärblogs berichten von einem weiteren Vordringen ihrer Truppen in der Bergbaustadt Torezk. (dpa)
USA: nordkoreanische Soldaten bald direkt an der Front
Die USA gehen laut ihrem Verteidigungsminister davon aus, dass tausende nach Russland verlegte nordkoreanische Soldaten „bald“ in Kampfhandlungen gegen die Ukraine eintreten werden. Auf der Grundlage ihres Trainings und der Art und Weise, wie nordkoreanische Soldaten „in die russischen Formationen integriert“ würden, „rechne ich fest damit, dass sie bald an Kämpfen beteiligt sein werden“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Samstag bei einer Zwischenlandung.
Bislang habe er noch keine „nennenswerten Berichte“ darüber gesehen, dass nordkoreanische Soldaten „aktiv an Kampfhandlungen beteiligt“ seien, fuhr der Pentagon-Chef fort. Die USA gehen demnach davon aus, dass etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk stationiert sind und dort „in die russischen Formationen integriert werden“.
Südkoreanische Regierungsvertreter und eine Forschungsgruppe hatten am Donnerstag erklärt, dass Russland Nordkorea im Gegenzug für die Truppen unter anderem mit Öl und Wirtschaftshilfe versorgt habe. Aus Kyjiw kam die Warnung, dass Moskau neben den nordkoreanischen Soldaten eine 50.000 Soldaten starke Truppe zusammengezogen habe, um die Kontrolle über Teile der von ukrainischen Kräften eingenommenen Region Kursk zurückzuerlangen. (afp)
Putin will Mittelstreckenraketen in Serie produzieren
Kremlchef Wladimir Putin hat sich zufrieden mit dem Einsatz einer neuen Mittelstreckenrakete gegen die ukrainische Millionenstadt Dnipro gezeigt. Die als Oreschnik (deutsch: Nussstrauch) bezeichnete Rakete sei weltweit einzigartig, lobte er und kündigte eine Serienproduktion an. So eine Waffe habe „bisher niemand anders auf der Welt“, sagte der russische Präsident bei einer Besprechung mit ranghohen Militärs und Vertretern der Rüstungswirtschaft. Die Entscheidung zur Serienproduktion sei gefallen, sie sei praktisch schon organisiert.
Moskau werde die Erprobung der Rakete dabei weiter fortsetzen, auch im Kampfeinsatz, betonte er. Den Beschuss von Dnipro mit der Rakete bezeichnete er als gelungenen Test. (dpa)
Russland nimmt annektierte Gebiete in Treibhausgasinventar auf
Russland nimmt die von ihm besetzten Gebiete in der Ukraine in den jüngsten Bericht seines Treibhausgasinventars auf. „Wir sehen, dass Russland internationale Plattformen nutzt, um seine Handlungen zu legalisieren, um die Besetzung unseres Territoriums zu legalisieren“, sagte die stellvertretende ukrainische Umweltministerin Olga Juchymtschuk gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Juchymtschuk zufolge steht die Ukraine in Kontakt mit Vertretern des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen (UN) über Klimaänderungen (UNFCCC), dem wichtigsten Klimagremium der UN, um dieses um eine Lösung des Problems zu bitten. Russlands Vorgehen hatte diese Woche auf dem COP29-Klimagipfel in Baku bereits Proteste ausgelöst. (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball