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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++EU-Außenminister sichern Hilfe zu

Bei einem Treffen der EU-Außenminister in Kyjiw sicherten sie der Ukraine weitere Unterstützung zu. Die einigt sich mit Polen über den Export von Getreide.

„Die Ukraine braucht einen Winterschutzschirm“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

Durchbruch beim Getreideexport

Polen und die Ukraine haben einen Durchbruch in ihrem Streit um ukrainische Getreideexporte erzielt. In einem am Dienstag vereinbarten gemeinsamen Abkommen mit Litauen einigten sich die Länder darauf, den Transit der Exporte für Märkte in Afrika und dem Nahen Osten durch Polen zu beschleunigen. Ab Mittwoch sollen so Exporte, die über litauische Häfen verschifft werden sollen, nicht mehr an der polnisch-ukrainischen Grenze kontrolliert werden, sagte Polens Landwirtschaftsminister Robert Telus.

Demnach wird Litauen die „volle Verantwortung“ für die Inspektion der Güter übernehmen. Polen werde weiterhin Transitkorridore errichten, „weil es gut für die polnischen Landwirte ist, für die Ukraine, für die Europäische Union und für die ganze Welt“.

Durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist die klassische Exportroute für ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer blockiert. Für den Transport über den Landweg verhängte die EU Handelsbeschränkungen gegen die Ukraine, um Landwirte in den Transitländern – darunter Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien – zu schützen. Getreide aus der Ukraine durfte durch die Länder transportiert, jedoch nicht dort verkauft werden. Als die Einschränkungen ausliefen, verlängerten Polen, Ungarn und die Slowakei das Verbot und sorgten somit für diplomatische Verstimmungen mit Kyjiw. (afp)

EU-Außenminister sichern Hilfe zu

Die EU-Außenminister haben der Ukraine am Montag bei einem überraschenden informellen Treffen in Kyjiw ihre weitere Unterstützung versichert. Außenministerin Annalena Baerbock warb bei dem ersten Treffen der 27 Chefdiplomaten und des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell außerhalb der EU dafür, der Ukraine angesichts der russischen Angriffe durch den Winter zu helfen. „Die Ukraine braucht einen Winterschutzschirm“, sagte die Grünen-Politikerin. Dazu gehöre, dass man die Luftverteidigung und die Energieversorgung in der Ukraine verstärke und mehr Generatoren liefere.

Die 27 Außenministerinnen und Außenminister trafen auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Das Treffen fand in einer Zeit statt, in der in den USA zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress kontrovers diskutiert wird, ob die milliardenschwere Militärhilfe für die Ukraine fortgesetzt werden soll.

Am Sonntag war zudem in dem EU-Land Slowakei die Partei des linksgerichteten und prorussischen Ex-Ministerpräsidenten Robert Fico stärkste Kraft geworden. Fico hatte angekündigt, die Militärhilfe seines Landes für die Ukraine beenden zu wollen. Er beteuerte aber am Montag, dass auch er als slowakischer Regierungschef die humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau der Ukraine fortsetzen wolle.

„Wir haben nicht das Gefühl, dass die Unterstützung der USA erschüttert wurde, denn die Vereinigten Staaten verstehen, dass in der Ukraine viel mehr auf dem Spiel steht als nur die Ukraine“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bei einem Treffen mit Borrell. Und in der Slowakei müsse Fico erst noch eine Koalition mit anderen Parteien bilden. Borrell bezeichnete das Treffen als historische Premiere. Er habe ein EU-Ausgabenpaket für Kyjiw in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro für 2024 vorgeschlagen.

„Ich bin sicher, dass die Ukraine und die gesamte freie Welt in der Lage sind, diese Konfrontation zu gewinnen. Aber unser Sieg hängt direkt von unserer Zusammenarbeit mit Ihnen ab“, schrieb Selenskyj nach dem Treffen mit Blick auf die andauernden Kämpfe mit russischen Truppen. Kuleba forderte mehr Klarheit bei der Frage, wie im Westen eingefrorene russische Vermögenswerte zur Finanzierung der Ukraine genutzt werden könnten.

Baerbock begründete ihre Forderung nach dem Winterschutzschirm damit, dass man im vergangenen Winter gesehen habe, dass Russland gezielt Ziele der kritischen Infrastruktur angreife, um die Ukraine in die Knie zu zwingen. Mit Blick auf Deutschland fügte sie hinzu, man könne kaum noch weitere Luftverteidigungssysteme liefern, deshalb müsse man weltweit suchen.

Baerbock lobte die Reformen etwa im Justizbereich und im Mediensektor, die die ukrainische Regierung trotz der russischen Angriffe bereits umgesetzt habe. Auch sie betonte die EU-Perspektive der Ukraine und bezeichnete die EU als „Gemeinschaft der Freiheit, die bald von Lissabon bis Luhansk“ reichen werde. Luhansk ist eine der Städte in dem von Russland besetzten und mittlerweile annektierten Osten der Ukraine. Mit jedem Meter, die die ukrainische Armee die russischen Truppen aus den besetzten Gebieten zurücktreibe, „ebnet sie auch ihren Weg in die EU“, sagte die Außenministerin. Derzeit schlage das „Herz Europas“ wohl nirgends so intensiv wie in der Ukraine. (rtr)

EU-Beitritt: „Nur noch Frage der Zeit“

Nach dem Besuch der EU-Außenminister in Kyjiw hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zuversichtlich in Bezug auf eine baldige EU-Mitgliedschaft seines Landes gezeigt. „Wir alle wissen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Ukraine ein Mitglied der EU wird“, sagte Selenskyj am Montag in seiner abendlichen Videoansprache. Dann fügte er mit Blick auf den Besuch der Diplomaten aus den 27 EU-Staaten hinzu: „Also hat das Treffen eigentlich schon in der EU stattgefunden.“

Die Ukraine, die sich seit mehr als 19 Monaten gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt, hat seit Sommer 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Es sei das Ziel seines Landes, noch in diesem Jahr mit den Beitrittsverhandlungen zu beginnen, betonte Selenskyj. Die Ukraine werde alle von der EU-Kommission gestellte Forderungen erfüllen, versprach er. (dpa)

Ukraine meldet Abschuss von 29 russischen Drohnen

Die Ukraine hat nach Angaben von Militärvertretern 29 russische Drohnen und einen Marschflugkörper abgeschossen. Insgesamt seien bei dem mehr als dreistündigen Angriff in der Nacht 31 Drohnen eingesetzt worden, die meisten davon in den Regionen Mykolajiw im Süden des Landes und Dnipropetrowsk im östlichen Landesteil. In der südöstlichen Stadt Dnipro verursachten demnach herabfallende Trümmer einen Brand in einem Unternehmen.

Auch in Pawlohrad im Zentrum der Ukraine brach ein Feuer in einer Industrieanlage aus. Die Brände seien schnell gelöscht worden, erklärt der dortige Gouverneur Serhij Lysak. Schäden an Produktionsanlagen eines Industrieunternehmens in der Stadt Pawlohrad hätten zu einem Brand geführt, der ebenfalls gelöscht worden sei, fügte er über die Messaging-App Telegram hinzu. (rtr)

Ukraine baut erste unterirdische Schule in Charkiw

Die ostukrainische Metropole Charkiw baut die erste unterirdische Schule des Landes, um ihre Schüler vor russischen Angriffen zu schützen. „Ein solcher Schutzraum wird es Tausenden von Kindern in Charkiw ermöglichen, ihren Unterricht auch bei Raketenangriffen sicher von Angesicht zu Angesicht fortzusetzen“, schreibt Bürgermeister Ihor Terechow im Kurznachrichtendienst Telegram.

Während viele Schulen in Frontregionen während des Krieges gezwungen sind, online zu unterrichten, hat Charkiw vor Beginn des Schuljahres am 1. September rund 60 Klassenzimmer in U-Bahnstationen eingerichtet, die Platz für mehr als 1.000 Schüler bieten. Die zweitgrößte Stadt der Ukraine zählte vor dem Einmarsch Russlands im Februar 2022 mehr als 1,4 Millionen Einwohner. Teile der Stadt liegen weniger als 35 Kilometer von der russischen Grenze entfernt und sind fast täglich russischen Luftangriffen ausgesetzt. (rtr)

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