+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Angriff auf Wohnhaus
Bei Angriffen auf die ostukrainische Region Donezk werden Dutzende Zivilisten getötet und verletzt. In Russland lobt ein neues Schulbuch die russischen Militäroperationen.
Mindestens acht Menschen in der Ostukraine getötet
Bei russischen Angriffen auf die ostukrainische Stadt Pokrowsk sind ukrainischen Angaben zufolge am Montag mindestens acht Menschen getötet worden. Fünf Zivilisten seien getötet worden, erklärte der Leiter der Militärverwaltung der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, im Onlinedienst Telegram nach zwei Angriffen auf ein Wohngebäude. Daneben seien zwei Mitarbeiter der Rettungsdienste und ein Soldat getötet worden. Kyrylenko zufolge wurden 14 Zivilisten verletzt.
Die russischen Streitkräfte hätten ein „gewöhnliches Wohnhaus“ getroffen, erklärte zuvor der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski im Onlinedienst Twitter, der kürzlich in „X“ umbenannt wurde. Zwei Raketen seien eingeschlagen. Er veröffentlichte Aufnahmen eines typischen fünfgeschossigen Gebäudes aus Sowjetzeiten, dessen oberste Etage zerstört war. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten, wie die Rettungskräfte um das beschädigte Gebäude herum arbeiteten.
Pokrowsk liegt etwa 70 Kilometer nordwestlich der von Russland kontrollierten Stadt Donezk und ist etwa 30 Kilometer von der Frontlinie entfernt. Vor dem Krieg wohnten rund 60.000 Menschen in der Stadt.
Die Militärbehörden der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine meldeten außerdem, dass bei einem russischen Luftangriff am Montagabend auf den Ort Krugljakiwka zwei Zivilisten getötet worden seien. Bereits am Vortag waren dort zwei Männer bei einem Angriff getötet worden.
Erst am Wochenende war die Ukraine von Russland mit einer massiven Angriffswelle überzogen worden. Insgesamt meldete die ukrainische Luftwaffe 70 russische Angriffe in der Nacht auf Sonntag. (afp)
Neues Schulbuch in Russland lobt Ukraine-Offensive
Es wurde in Rekordzeit geschrieben und lobt die Armee: Der russische Bildungsminister Sergej Krawtsow hat ein neues Geschichtsbuch vorgestellt, das die Sicht des Staates auf den Ukraine-Konflikt darlegt. Das in „knapp fünf Monaten“ geschriebene Buch ist für Elftklässler und damit für Schüler, die etwa 17 Jahre alt sind, und deckt die Zeit von 1945 bis zum 21. Jahrhundert ab, sagte Krawtsow.
„Es ist wichtig, den Schülern die Ziele“ der im Februar 2022 begonnen russischen Militäroperation in der Ukraine zu vermitteln, sagte Krawtsow weiter, die darauf abziele, die ehemalige Sowjetrepublik zu „entmilitarisieren“ und zu „entnazifizieren“.
Das Buch lobt das russische Militär, das 2014 auf der Halbinsel Krim den „Frieden gerettet“ habe. Es kritisiert zudem die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen, die schlimmer als Napoleon seien, der 1812 in Russland einmarschiert war.
Auf dem Cover des ab dem 1. September in „allen Schulen“ verfügbaren Buches ist die russische Brücke zu sehen, die die annektierte Krim mit dem Festland verbindet. Sie ist ein Symbol für die Herrschaft von Präsident Wladimir Putin und wurde während des Konflikts mehrmals angegriffen. Nach dem Ende der Offensive in der Ukraine, „nach unserem Sieg, werden wir dieses Buch weiter ergänzen“, sagte Krawtsow.
Russland hat während seiner Offensive in der Ukraine ein beispielloses Vorgehen gegen Andersdenkende eingeleitet, das sich auch auf Schulen ausgeweitet hat. Im April war ein russisches Mädchen seinem Vater weggenommen worden, nachdem es in der Schule ein Bild zur Unterstützung der Ukraine gemalt hatte. (afp)
Frau wegen Spionage für Russland verhaftet
Eine mutmaßliche russische Agentin ist nach Angaben des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU festgenommen worden. Sie soll versucht haben, Informationen über die Reisepläne des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sowie militärische Standorte an Russland weiterzugeben, teilt der SBU mit. Die Verdächtige sei in der südukrainischen Hafenstadt Mykolajiw verhaftet worden. Selenski hatte die Stadt nach offiziellen Angaben zuletzt am 27. Juli besucht. Auf einem vom Geheimdienst veröffentlichten Foto ist eine dunkelhaarige Frau in einem schwarz-weißen Kleid zu sehen, die von zwei Soldaten umgeben ist. Alle Gesichter auf dem Bild sind verschwommen. Die Frau stamme aus Otschakiw und habe in einem Armeeladen gearbeitet, wo sie Waren an ukrainische Soldaten verkauft habe, erklärt der SBU. Ein Gericht habe ihre Festnahme genehmigt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr bis zu zwölf Jahre Haft. (rtr)
Freigabe neuer US-Rüstungshilfe nach Buchungsfehler
Die USA werden nach Regierungsangaben am Dienstag Waffenhilfe in Höhe von 200 Millionen Dollar für die Ukraine ankündigen. Die Summe sei eine erste Tranche der 6,2 Milliarden Dollar, die nach einer Überbewertung der ukrainischen Hilfe entdeckt worden seien, sagten zwei Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Das Paket umfasst Minenräumgeräte, TOW- und AT4-Panzerabwehrwaffen, Gewehre und Munition, Lockheed Martin-Abfangjäger für das Patriot-System, GMLRS-Raketen (Guided Multiple Launch Rocket System) und Javelin-Panzerabwehrraketen.
Die entdeckten Gelder seien der letzte Teil der 25,5 Dollar Presidential Drawdown Authority (PDA), die vom Kongress bewilligt worden sei, erklärten die Beamten. Die Regierung in Washington bereite derzeit einen Antrag auf einen Nachtragshaushalt vor, um die Ukraine weiter zu unterstützen. Im Mai hatte das Pentagon erklärt, es habe den Wert der gelieferten US-Waffen fälschlicherweise zu hoch angesetzt, weil Mitarbeiter bei der Berechnung des Wertes von Munition, Raketen und anderer Ausrüstung den Wiederbeschaffungswert anstelle des abgeschriebenen Wertes angegeben hätten. (rtr)
Ukraine „zufrieden“ nach Friedenskonferenz in Dschidda
Nach Gesprächen in Saudi-Arabien über Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs hat sich Kyjiw „zufrieden“ mit dem Treffen ohne Beteiligung Russlands gezeigt. „Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen des Gipfels“, erklärte Andrij Jermak, Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, am Montag. „Das Treffen in Saudi-Arabien ist eine Probe für eine Welt, in der es keinen Platz für wilde Aggression gibt.“ Demnach einigten sich die Teilnehmer auf ein weiteres Treffen, für das es aber noch kein genaues Datum gebe.
Fast 40 Länder hatten an dem Treffen teilgenommen, darunter westliche Staaten wie die USA und Deutschland, aber auch Schwellenländer wie China, Indien und Südafrika und Entwicklungsländer. Wie erwartet wurde nach dem Treffen keine Abschlusserklärung veröffentlicht. Aus europäischen Diplomatenkreisen hieß es danach, die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine solle nach dem Willen der Teilnehmer „im Zentrum jeglicher Friedensvereinbarungen“ stehen.
Die USA lobten derweil die Teilnahme Chinas an den Gesprächen. „Wir hielten es für produktiv, dass China teilgenommen hat“, sagte Außenministeriumssprecher Matthew Miller am Montag vor Journalisten. „Wir haben seit langem gesagt, dass es für China produktiv wäre, eine Rolle bei der Beendigung des Krieges in der Ukraine zu spielen, wenn es bereit wäre, eine Rolle zu spielen, die die territoriale Integrität der Ukraine und ihre Souveränität respektiert.“
Russland war zu dem Treffen nicht eingeladen. Moskau hatte zuvor erklärt, dass eine Friedenslösung nur möglich sei, wenn die Ukraine ihre Waffen niederlege. Auch forderte Russland die Ukraine dazu auf, Gebiete an Moskau abzutreten.
USA sagen Hilfe bei Ermittlungen zu Kriegsverbrechen zu
US-Justizminister Merrick Garland hat dem Internationalen Strafgerichtshof und der ukrainischen Staatsanwaltschaft Hilfe bei Ermittlungen zu Kriegsverbrechen zugesagt. „Wir warten nicht auf das Ende der Feindseligkeiten, bevor wir für Gerechtigkeit sorgen“, sagte Garland am Montag vor der US-Anwaltskammer. Die USA sammelten in Zusammenarbeit mit ihren internationalen Partnern Beweise, um die Verbrecher zu gegebener Zeit zur Rechenschaft zu ziehen.
Garland sagte, der Kongress habe den USA vor kurzem mehr Flexibilität bei der Unterstützung des IStGH bei Ermittlungen gegen ausländische Staatsangehörige im Zusammenhang mit der Ukraine zugestanden. Sein Ministerium werde dabei eine Schlüsselrolle spielen. „Die Ukraine muss drei Dinge gleichzeitig tun: Sie muss einen Krieg ausfechten, sie muss Kriegsverbrechen ermitteln und sie muss sicherstellen, dass am Ende des Krieges eine gerechte Gesellschaft entsteht“, sagte Garland. Für sein Ministerium sei es eine Ehre, dabei zu helfen.
Er ermunterte zugleich selbstständige Anwälte, ukrainische Opfer auf freiwilliger Basis zu unterstützen. Angehörige seiner Familie seien im Zweiten Weltkrieg von den Nazis getötet worden, und er wisse nicht, ob dafür jemals jemand zur Rechenschaft gezogen worden sei. „Die Familien der Opfer der gegenwärtigen Gräueltaten in der Ukraine haben ein Recht darauf, zu erfahren, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Sie verdienen Gerechtigkeit“, sagte Garland. (ap)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär