+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Wasserstand des Dnipro sinkt
Während die Großoffensive der Ukraine läuft, sinkt in Cherson das Wasser. Russland schließt derweil Vertrag mit einer tschetschenischen Privatarmee.
Ukraine meldet sinkenden Wasserstand
Mehrere Tage nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms ist der Wasserstand des Dnipro im überflutetem südukrainischen Kriegsgebiet Cherson nach Behördenangaben weiter gesunken. Demnach lag er am Montagmorgen in der Gebietshauptstadt Cherson bei rund 3,29 Meter, wie der Chef der dortigen Militärverwaltung Oleksandr Prokudin auf Telegram berichtete.
In der Region soll der durchschnittliche Wasserstand des Flusses inzwischen um zwei Meter auf etwa 3,60 Meter gesunken sein, wie der ukrainische Rettungsstab zur Bekämpfung der Folgen der Dammzerstörung am Montag auf Telegram mitteilte. In Folge der Damm-Zerstörung stieg das Wasser an manchen Orten, so beispielsweise in der nahe gelegenen Stadt Nowa Kachowka, um mehr als zehn Meter, wie russische Medien berichteten.
Laut Rettungsstab hat der Kachowka-Stausee seit der Zerstörung des Damms 72 Prozent seines Wassers verloren. Die abgeflossene Wassermenge von 14,4 Kubikkilometer entspricht etwa einem Drittel des Bodensees. Auf der ukrainisch kontrollierten Nordseite des Dnipros sollen dadurch noch 32 Siedlungen mit rund 3 800 Gebäuden unter Wasser stehen, wie der ukrainische staatliche Notfalldienst DSNS am Montag vermeldete. 14 weitere Siedlungen sind demnach auf der russisch besetzten Flussseite betroffen. (dpa)
Russland will mit tschetschenischer Privatarmee arbeiten
Das russische Verteidigungsministerium hat mit der in der Ukraine kämpfenden tschetschenischen Achmat-Gruppe einen Vertrag geschlossen, der alle paramilitärischen Einheiten unter seine Kontrolle bringen soll. Der Vertrag sei unterzeichnet worden, teilte das Ministerium am Montag mit.
Damit folgte die oft als Privatarmee von Ramsan Kadyrow, dem Machthaber in Tschetschenien, bezeichnete Achmat-Einheit einer Anweisung der russischen Regierung. Dagegen hatte der Chef der für das russische Militär immens wichtigen Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, einen Tag zuvor eine Unterschrift verwehrt.
Die russische Regierung versucht, alle sogenannten Freiwilligeneinheiten bis zum 1. Juli unter die Kontrolle von Verteidigungsminister Sergej Schoigu zu bringen. Im Gegenzug sollen alle ihrer Kämpfer die gleichen Vorteile und Schutzmaßnahmen wie die regulären russischen Soldaten erhalten. Dazu gehört auch eine staatliche Unterstützung für sie und ihre Familien, sollten sie im Kampf verletzt oder getötet werden.
Prigoschin, der im ständigen Streit mit Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow liegt und beiden mehrfach öffentlich Inkompetenz vorgehalten hat, lehnte am Sonntag die Unterzeichnung eines solchen Vertrags ab. Schoigu könne militärische Formationen nicht richtig verwalten, kritisierte er. Prigoschin hat der Militärführung auch wiederholt vorgeworfen, seine Einheiten würden absichtlich nicht ausreichend mit Munition und Waffen versorgt.
Kadyrow verzichtete dagegen jüngst auf Kritik am Verteidigungsministerium. Sein Kommandeur Apty Alaudinow, der an der Vertragsunterzeichnung teilnahm, sagte, die Einheit habe in den vergangenen 15 Monaten zehntausende Freiwillige vorbereitet und in die Ukraine geschickt. Nach der Unterzeichnung wurde er auf der Website des Verteidigungsministeriums mit den Worten zitiert: „Ich denke, das ist eine sehr gute Sache.“ (rtr)
Sicherheitsstrategie für Deutschland angekündigt
Kanzler Olaf Scholz wird am Mittwoch zusammen mit vier Ministerinnen und Ministern die Nationale Sicherheitsstrategie vorstellen. Diese werde am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen, sagt ein Regierungssprecher. Scholz werde zusammen mit Außenministerin Annalena Baerbock, Finanzminister Christian Lindner, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Innenministerin Nancy Faeser auftreten, sagt ein Sprecher der Bundespressekonferenz. Nach Angaben des Außenministeriums werden zunächst Scholz, Baerbock und Lindner die Strategie vorstellen. (rtr)
Rund 25 Gefechte rund um Bachmut
Die Ukraine berichtet von schweren Kämpfen und ersten kleineren Erfolgen im Zuge ihrer Gegenoffensive. In der Nacht habe es rund 25 Gefechte mit russischen Truppen in der Nähe von Bachmut im Osten gegeben, teilte der ukrainische Generalstab am Montagmorgen mit. Auch weiter südlich in der Nähe von Awdijwka und Marjinka sei es zu Kämpfen gekommen.
Die drei Ortschaften liegen in der ostukrainischen Oblast Donezk. Auch bei Bilohoriwka in der Oblast Luhansk hätten sich ukrainische und russische Einheiten Gefechte geliefert. Die russische Führung äußerte sich zunächst nicht dazu. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Mitteilungen über das Kampfgeschehen nicht.
Während das ukrainische Militär in der vergangenen Woche weitgehend Stillschweigen über seine Gegenoffensive bewahrt hatte, meldete es nun Erfolge auf dem Schlachtfeld. „In der vergangenen Woche erlitten die russischen Invasoren in Richtung Bachmut erhebliche Verluste“, erklärte der Generalstab.
Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar veröffentlichte am Montag ein Foto, das nach ihren Angaben Soldaten zeigt, wie sie die ukrainische Flagge im Dorf Storoschewe in Donezk hissen. Maljar dankte in ihrem Post der 35. Separaten Marinebrigade dafür, dass sie Storoschewe befreit hätten. Der Gouverneur der Oblast Donezk teilte mit, am Sonntag seien durch russischen Beschuss in der Region Awdijiwka ein Zivilist getötet und zwei weitere verletzt worden.
Am Sonntag hatte die Ukraine erklärt, ihre Truppen seien auf drei Dörfer in Donezk vorgerückt: Blahodatne, Neskuchne und Makariwka. Ein Sprecher des ukrainischen Militärs sagte im Fernsehen, bei der Rückeroberung des Dorfes Blahodatne handele es sich um die ersten, örtlich begrenzten Erfolge der jüngsten Gegenangriffe. Es war das erste Mal, seit diese Gegenangriffe in den vergangenen Tagen gestartet wurden, dass die Befreiung eines Ortes von russischer Besatzung bekanntgegeben wurde. Die Ukraine hat sich zum Stand der seit langem erwarteten, großangelegten Gegenoffensive bedeckt gehalten.
Einige bekannte russische Militärblogger teilten mit, dass die ukrainischen Streitkräfte zwar die Ortschaften Blahodatne und Neskuchne eingenommen hätten, die Kämpfe um Makariwka jedoch weitergingen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag erklärt, die Ukraine habe es nicht geschafft, die russische Verteidigung zu durchbrechen. Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte am Sonntag mitgeteilt, die russischen Truppen hätten mehrere Leopard-Kampfpanzer und andere Ausrüstung zerstört, die die Ukraine vom Westen erhalten hatte. (rtr)
Ukraine will Details zu F-16 am Donnerstag klären
Die Ukraine hofft auf weitere militärische Unterstützung des Westens und insbesondere auf Kampfjets vom US-Typ F-16. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow sagte, die Regierung in Kyjiw wolle Einzelheiten der sogenannten Flugzeugkoalition mit ihren Verbündeten beim nächsten Treffen der Verteidigungskontaktgruppe am 15. Juni in Brüssel besprechen.
„Zu diesem Zeitpunkt sprechen wir über die Ausbildung von Piloten … und unseren Technikern und Ingenieuren“, erklärte er nach Militärangaben. Präsident Wolodimir Selenski dringt seit langem auf die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen und argumentiert, dies wäre ein sicheres Signal der Welt, dass die russische Invasion mit einer Niederlage enden würde. (rtr)
IAEA besorgt über Wasserstand des Stausees beim AKW
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA dringt nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms auf einen breiteren Zugang zur Umgebung des Kernkraftwerks Saporischschja. Der Wasserstand des Damms sei am Wochenende zwar etwa einen Tag lang stabil gewesen, erklärt IAEA-Chef Rafael Grossi.
„An anderen Stellen des riesigen Stausees sinkt der Pegel jedoch weiter, was zu einer möglichen Differenz von etwa zwei Metern führt.“ Die Höhe des Wasserspiegels sei ein wichtiger Parameter für die weitere Funktionsfähigkeit der Wasserpumpen. Das Wasser aus dem Stausee wird IAEA-Angaben zufolge zur Kühlung der sechs Reaktoren der Anlage und zur Lagerung abgebrannter Brennelemente verwendet.
Angesicht von Diskrepanzen bei den gemeldeten Daten zur Wasserhöhe im ukrainischen Kachowka-Stausee hat die Atomenergiebehörde IAEA gefordert, selbst Messungen vor Ort vornehmen zu können. Ständig im Atomkraftwerk von Saporischschja präsente IAEA-Inspekteure müssten Zugang zu dem Stausee erhalten, um klären zu können, warum es „bedeutende Unterschiede“ bei den Messungen verschiedener Einrichtungen gebe, erklärte die Atomenergiebehörde am Sonntag. Er hoffe, dass seine Mitarbeiter „sehr bald“ Zugang bekämen, um die Lage unabhängig bewerten zu können, betonte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi.
Laut IAEA gab die Verwaltung eines nahe dem AKW Saporischschja gelegenen Heizkraftwerks die Wasserhöhe im Stausee am Sonntag mit 11,27 Metern an, gegenüber fast 17 Metern vor dem Dammbruch. Von anderen an den Stausee grenzenden Orten würden jedoch weiter zurückgehende Pegelstände gemeldet, betonte die Atomenergiebehörde. Der Unterschied liege bei bis zu zwei Metern gegenüber der in Saporischschja gemeldeten Wasserhöhe.
Die Reaktoren des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja sind seit Monaten abgeschaltet. Der Brennstoff in den Reaktorkernen und in den Lagerbecken muss jedoch ständig gekühlt werden, um eine Kernschmelze und die Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt zu verhindern. (rtr/afp)
Selenski: Internationale Ermittlungen zu Dammbruch laufen
Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski laufen bereits internationale Ermittlungen zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms. „Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofs haben die Region Cherson in den vergangenen Tagen besucht“, erklärt Selenski in seiner abendlichen Videoansprache. Gleich am Tag des Dammbruchs habe der Generalstaatsanwalt eine entsprechende Anfrage an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gesandt. „Die Arbeit hat bereits begonnen.“
Es sei wichtig, dass die internationalen Rechtsexperten die Folgen der Katastrophe untersuchten. Dazu gehöre auch der Beschuss von Überschwemmungsgebieten. Laut der Ukraine sind bei einem russischen Angriff auf ein Rettungsboot drei Menschen getötet worden. Russland weist Vorwürfe zurück, Zivilisten ins Visier zu nehmen. (rtr)
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