+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland startet Großangriff
36 Raketen feuert Moskaus Armee auf die Ukraine, mindestens ein Mensch stirbt. Derweil schießt Kyjiw russische, wohl der Spionage dienende Ballons ab.
Russlands Armee schießt 36 Raketen auf Ukraine
Die Ukraine hat eine neue russische Angriffswelle gemeldet. 36 Marschflugkörper und Raketen seien auf Ziele im Norden, Westen und Süden des Landes abgefeuert worden, doch habe die Luftabwehr 16 Raketen abgeschossen, teilten ukrainische Behördenvertreter mit. Aus der ostukrainischen Region Dnipropetrowsk meldete der Gouverneur Serhyj Lyssak, eine 79-Jährige sei in der Stadt Pawlohrad durch Raketenbeschuss getötet worden. Mindestens sieben weitere seien verletzt worden.
Der Gouverneur der Region Lwiw im Westen der Ukraine, Maxim Kosizkyj, teilte mit, ein Feuer sei in einer Einrichtung ausgebrochen, die zur kritischen Infrastruktur gehöre. Weitere Details nannte er zunächst nicht. (ap)
Russische Ballons über Kjjiw abgeschossen
Die ukrainische Luftwaffe hat nach Behördenangaben mehrere offenbar von Russland aus gestartete Ballons über der Hauptstadt Kyjiw gesichtet und die meisten davon abgeschossen. Offizielle Stellen erklärten am Mittwoch, die Ballons könnten mit Aufklärungsausrüstung ausgestattet und gestartet worden sein, um „unsere Luftabwehr aufzudecken und zu erschöpfen“. Die meisten seien abgeschossen worden. Die Behörden würden die Trümmer „sorgfältig untersuchen“, fügte die Stadtverwaltung hinzu. Die Ballons hatten in der Hauptstadt Luftalarm ausgelöst.
Zuvor hatte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe Juryj Ignat erklärt, Russland setze Ballons ein, die „praktisch nichts kosten“, damit die Ukraine ihre Flugabwehrraketen verschwendet. „Die Russen werden alle verfügbaren Methoden der Kriegsführung einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen“, sagte Ignat der Nachrichtenagentur AFP. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Geräte „eine Art Überwachung durchführen können“, daher sei es wichtig, „sie zu verstehen“, fügte er hinzu. (afp)
Schweden sagt Ukraine Haubitzen zu
Schweden hat der Ukraine eine Lieferung Haubitzen versprochen. Außer den Geschützen vom Typ Archer solle Kyjiw Panzerabwehrwaffen und 51 Kampffahrzeuge für die Infanterie erhalten, sagte Ministerpräsident Ulf Kristersson am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Die Ausbildung an den Geschützen werde bald beginnen, die Lieferung „so bald wie möglich“. Die von Schweden zugesagten Waffen seien ein bedeutender Beitrag zur Kampfkraft der Ukraine.
Kristersson machte aber auch deutlich, dass Schweden bei darüber hinausgehenden Waffenlieferungen seinen Eigenbedarf als künftiges Nato-Mitglied berücksichtigen müsse. Selbstverteidigung sei für einen Nato-Betrittskandidaten eine Kernkompetenz.
Zurückhaltend äußerte Kristersson sich auch zum Wunsch der Ukraine nach Kampfflugzeugen. Er schloss Flugzeuglieferungen nicht aus, machte aber deutlich, dass Schweden dabei nicht alleinstehen wolle. „Wir müssen die Tatsache akzeptieren, dass wir für weitere Schritte eine internationale Koalition brauchen. Das ist ziemlich offenkundig“, sagte er. (ap)
🐾 Sicherheitskonferenz-Chef: „Auf Putin ist kein Verlass“
Christoph Heusgen leitet die am Freitag beginnende Münchner Sicherheitskonferenz. Und fordert vorab die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine im Interview mit der taz.
Ukraine will kritische Infrastruktur unter die Erde verlagern
Die Ukraine will Medienberichten zufolge Teile ihrer Energie-Infrastruktur wegen des andauernden russischen Raketenbeschusses in unterirdische Bunker verlagern. In einem Pilotprojekt sollen zwei der insgesamt 90 großen Umspannwerke im Land unter die Erde verlegt werden, schrieb die ukrainische Forbes-Ausgabe in einem Bericht, der am Donnerstag auch von anderen Medien aufgenommen wurde. Die Bunker sollen die Anlagen vor direkten Raketentreffern schützen.
Das Problem sind demnach die hohen Kosten. Umspannwerke sind nötig, um den Strom vom Kraftwerk unter möglichst geringen Energieverlusten zum Verbraucher zu bringen. Der Bau eines Umspannwerks kostet nach Angaben von Juri Kasitsch, dem ehemaligen Direktor des Stromversorgers Ukrenerho, etwa 30 Millionen Euro. Bei einer Verlegung der teilweise großen Anlagen unter die Erde sind es 20 bis 25 Prozent mehr. Bei 90 großen Umspannwerken belaufen sich die Kosten demnach auf mehr als drei Milliarden Euro.
Russland hat mit Luftangriffen schon große Teile der ukrainischen Infrastruktur zerstört oder beschädigt. Die größten Umspannwerke werden dabei bewusst beschossen, um den Menschen in der Ukraine Licht und Wärme zu nehmen. (dpa)
Sanktionen gegen Russland sorgen für Wachstum anderswo
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben nach Einschätzung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in einigen Regionen für Wirtschaftswachstum gesorgt. „Volkswirtschaften in Zentralasien und im Kaukasus haben vom Zwischenhandel nach Russland sowie von Kapitalzuflüssen und gebildeten Migranten aus Russland profitiert“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten EBRD-Bericht.
Die Reallöhne seien – im Gegensatz zu anderen Regionen – gestiegen, Importe aus der EU, den USA und Großbritannien hätten enorm zugelegt, stellte die EBRD fest. Dies weise darauf hin, dass Waren über den Kaukasus oder Zentralasien nach Russland weiterverkauft wurden.
Dieser Zwischenhandel mache zwar nur einen Bruchteil der russischen Importe aus dem Westen aus. Aber in Ländern wie Kirgistan oder Armenien belaufe er sich auf einen annualisierten Anteil von 4 bis 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. „Eine aufkeimende Logistikbranche ist entstanden, um diesen Handel zu erleichtern, und trägt zu den Kapitalzuflüssen bei, die ihrerseits die Aufwertung lokaler Währungen im Vergleich zum US-Dollar untermauert haben“, so die EBRD weiter. (dpa)
Warschau wirft Berlin mangelnde Gesprächsbereitschaft vor
Der polnische Botschafter in Deutschland hat einen Mangel an Gesprächsbereitschaft seitens der Bundesregierung bei Fragen rund um die Ukraine kritisiert. Warschau bemühe sich um eine Verständigung mit Bundeskanzler Olaf Scholz, aber das sei nicht einfach: „Wir kriegen keine Termine für die kurze, schnelle Abstimmung. Das ist manchmal enttäuschend“, sagte Dariusz Pawlos dem Kölner Stadt-Anzeiger.
Er verteidigte zudem den Druck auf Deutschland, den Polen bei Waffenlieferungen an die Ukraine – vor allem in der Diskussion rund um Kampfpanzer – ausübte. Die zögerliche Haltung der Bundesregierung sei für Warschau unverständlich gewesen. „Entweder hilft man – oder nicht.“
Pawlos erklärte zudem, sein Land sei willens und in der Lage, die eigenen Zusagen zur Lieferung von Panzern an Kiew einzuhalten. Zuletzt waren Zweifel hinsichtlich des Zustands und der Einsatzfähigkeit der Panzer aus Polen laut geworden. „Berichte gibt es viele. Wir haben Panzer in ausreichender Zahl, und das von uns zugesagte Kontingent ist verfügbar. Panzer zuzusagen und sie dann nicht bereitzustellen, wäre doch schizophren“, sagte Pawlos. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört