+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Protest gegen Mobilisierung
In mehreren russischen Städten kam es zu Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten. Russland entlässt Vize-Verteidigungsminister. Die Scheinreferenden gehen weiter.
Festnahmen bei neuen Anti-Mobilisierungs-Protesten
Bei Anti-Mobilisierungs-Protesten sind in Russland Bürgerrechtlern zufolge erneut mehrere Menschen festgenommen worden. Unabhängige Medien zeigten am Samstagmittag Fotos und Videos von Demonstranten unter anderen aus der Stadt Chabarowsk im äußersten Osten des Landes sowie aus Nowosibirsk, Irkutsk, Tomsk und Tschita in Sibirien. Die Menschen halten demnach Plakate mit Aufschriften wie „Wir sind kein Fleisch“ in die Höhe. Auf mehreren Aufnahmen ist zu sehen, wie sie von Polizisten abgeführt werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am vergangenen Mittwoch – sieben Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine – eine Teilmobilmachung seiner Armee angeordnet. Bei vielen Russen löste das Panik aus. Noch am selben Abend kam es zu den ersten größeren Protesten seit Kriegsbeginn. Laut dem Bürgerrechtsportal OVD-Info wurden dabei mehr als 1.300 Menschen festgenommen.
Für diesen Samstag waren auch in der Hauptstadt Moskau und in der Ostsee-Metropole St. Petersburg Demonstrationen geplant. Wegen der vielen Zeitzonen in dem Riesenland sollten sie aber erst Stunden später beginnen als im Osten. (dpa)
Russland entlässt Vize-Verteidigungsminister
Genau sieben Monate nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine ist in Russland Vize-Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow seines Amtes enthoben worden. Offiziell begründete das Verteidigungsministerium den Schritt in einer Mitteilung vom Samstag mit der Versetzung Bulgakows „auf einen anderen Posten“. Sein Nachfolger soll Generaloberst Michail Misinzew werden, der bislang das nationale Zentrum für Verteidigungsmanagement leitete. Er soll künftig insbesondere für die Logistik der Armee zuständig sein.
Misinzew ist auch im Ausland bereits bekannt: So wurde er für die schweren Angriffe auf die südukrainische Hafenstadt Mariupol verantwortlich gemacht, die Ende Mai von den Russen erobert worden war. Während der wochenlangen Belagerung wurden ukrainischen Angaben zufolge Tausende Zivilisten getötet und ein Großteil der Stadt zerstört. In Großbritannien steht Misinzew, der auch als „Schlächter von Mariupol“ bezeichnet wird, deshalb auf einer Sanktionsliste.
Nach jüngsten Niederlagen war Russlands militärische Führung um Verteidigungsminister Sergej Schoigu zuletzt auch in kremlnahen Kreisen in die Kritik geraten. Unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven musste sich die russische Armee vor rund zwei Wochen aus dem ostukrainischen Gebiet Charkiw zurückziehen. Am vergangenen Mittwoch dann befahl Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilmachung seiner Streitkräfte. (dpa)
Russische Deserteure können Schutz bekommen
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verweist auf die Möglichkeit des Schutzes für russische Deserteure in Deutschland: „Deserteure, die von schweren Repressionen bedroht sind, erhalten in der Regel internationalen Schutz in Deutschland“, sagte ein Vertreter der Behörde dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Das gelte auch für Russland. „Die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde dahingehend bereits angepasst.“ Die Erteilung von Asyl bleibe eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge, hieß es weiter. (epd)
Biden droht Russland mit weiteren Sanktionen
US-Präsident Joe Biden hat Russland für den Fall von Annexionen nach den „Referenden“ in russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine mit harten Sanktionen gedroht. „Russlands Referenden sind eine Farce – ein Vorwand für den Versuch, Teile der Ukraine gewaltsam zu annektieren, was eine eklatante Verletzung des Völkerrechts darstellt“, erklärte Biden am Freitag.
Die USA würden gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern daran arbeiten, dass in diesem Fall weitere „schnelle und harte“ wirtschaftliche Maßnahmen gegen Russland ergriffen würden, hieß es in Bidens Erklärung weiter. (afp)
Selenski warnt vor Rekrutierung in besetzten Gebieten
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Bürger in den besetzten Gebieten vor der Mobilmachung durch das russische Militär gewarnt. „Verstecken Sie sich auf jeden Fall vor der russischen Mobilisierung. Vermeiden Sie Einberufungen“, sagte Selenski am Freitag in seiner täglichen Videoansprache. Wer schon von der russischen Armee eingezogen worden sei, solle deren Aktivitäten sabotieren und an Kiew melden, um dann so schnell wie möglich zu fliehen, fügte der 44-Jährige hinzu.
Seinen Angaben nach hat die ukrainische Armee seit Beginn ihrer Offensive 9000 Quadratkilometer zurückerobert und 400 Ortschaften befreit. Dies sei auch dank der Hilfe der örtlichen Bevölkerung gelungen, hob er hervor. Der Vormarsch habe Kiews Position während der UN-Vollversammlung gestärkt. „Die Ukraine hat gezeigt, dass nicht nur die Wahrheit mit uns ist, sondern auch die Stärke“, meinte Selenski. Den Auftritt der ukrainischen Delegation in New York lobte er als den erfolgreichsten in der Geschichte der Ukraine.
Daneben kritisierte er die Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine. Die Welt habe diese „Pseudo-Referenden unmissverständlich verurteilt“, sagte Selenski. Er sprach von Verbrechen gegen ukrainische Gesetze und internationales Völkerrecht. In den Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja halten die russischen Besatzungstruppen Abstimmungen über einen Beitritt zu Russland ab. International werden diese nicht anerkannt, weil sie gegen demokratische Normen verstoßen. (dpa)
London: Russland greift Staudämme in Ukraine an
Mit Angriffen auf Staudämme versucht Russland nach Einschätzung Großbritanniens, die ukrainische Offensive im Osten des Landes aufzuhalten. Am 21. und 22. September hätten russische Truppen den Petschenihy-Staudamm am Fluss Siwerskyj Donez östlich der Großstadt Charkiw mit Kurzstreckenraketen oder ähnlichen Waffen beschossen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Samstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Bereits am 15. September habe es eine ähnliche Attacke auf den Karatschuniwka-Damm gegeben, der den Fluss Inhulez nahe der zentralukrainischen Stadt Krywyj Rih staut.
Ukrainische Kräfte rückten entlang dieser beiden Flüsse vor, hieß es in London. „Da russische Kommandeure zunehmend besorgt über ihre operativen Rückschläge sind, versuchen sie wahrscheinlich, die Schleusentore von Dämmen zu treffen, um ukrainische militärische Grenzübergänge zu überfluten“, so das Ministerium. „Aufgrund der Entfernung zwischen den beschädigten Dämmen und den Kampfgebieten ist es unwahrscheinlich, dass die Angriffe zu erheblichen Störungen der ukrainischen Operationen geführt haben.“
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf den Geheimdienst täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor. (dpa)
Scheinreferenden in der Ukraine gehen weiter
Ungeachtet von heftigem internationalen Protest hat in von Moskau besetzten ukrainischen Gebieten der zweite Tag der Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland begonnen. Russische Staatsmedien zeigten am Samstag erneut Bilder von Bürgern an Wahlurnen. Die völkerrechtswidrigen Abstimmungen in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk sowie in Saporischschja und Cherson im Süden sind auf fünf Tage bis einschließlich kommenden Dienstag angesetzt.
In sozialen Netzwerken kursierte unter anderem ein Video, das bewaffnete Männer in einem Hausflur zeigt und dokumentieren soll, wie die russischen Besatzer Anwohner zum Urnengang zwingen. Der ukrainische Generalstab berichtete, in Cherson und Saporischschja erhielten die ersten Männer Mobilisierungsbescheide für die russische Armee.
Russland will sich mit Hilfe des Ergebnisses die Gebiete einverleiben und beruft sich auf das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“. Weder die Ukraine noch die internationale Gemeinschaft erkennen die Abstimmung unter der Besatzungsmacht Russland an. Es handelt sich um Scheinreferenden, weil sie ohne Zustimmung der Ukraine, unter Kriegsrecht und nicht nach demokratischen Prinzipien ablaufen. Auch eine freie Arbeit internationaler unabhängiger Beobachter ist nicht möglich. (dpa)
Kiew entzieht Irans Botschafter nach Drohnenattacke Akkreditierung
Die ukrainische Regierung entzog dem iranischen Botschafter in Kiew wegen der Lieferung von Kampfdrohnen an Russland die Akkreditierung. Damit kann er seinen Verpflichtungen im Gastland nicht mehr nachkommen und muss der diplomatischen Praxis folgend wohl nach Teheran zurückkehren. „Daneben wird die Zahl des diplomatischen Personals der iranischen Botschaft in Kiew erheblich reduziert“, hieß es am Freitag in einer Erklärung des ukrainischen Außenministeriums. Erst Stunden zuvor war in der Hafenstadt Odessa ein Mensch durch einen Drohnenangriff ums Leben gekommen.
Ende August hatte der US-Geheimdienst darüber berichtet, dass Russland iranische Drohnen angekauft habe, um sie in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine einzusetzen. Offiziell haben weder Moskau noch Teheran den Kauf bestätigt. In den vergangenen Wochen sind über den Schlachtfeldern aber schon mehrere Drohnen iranischer Bauart von den Ukrainern abgeschossen worden. (dpa)
Stars sammeln Spenden für die Ukraine
Die britischen Popstars Harry Styles und Ed Sheeran, US-Basketballlegende Shaquille O'Neal und andere Prominente haben persönliche Gegenstände gespendet, um Geld für die Ukraine zu sammeln. Die WHO-Stiftung, die Spenden für die Weltgesundheitsorganisation sammelt, hat am Samstag das Internetportal Human Kind freigeschaltet und eine Verlosung gestartet. Die Stiftung will umgerechnet gut 55 Millionen Euro aufbringen, um die Arbeit der WHO in der Ukraine und ihren Nachbarländern zu unterstützen.
Styles hat für die Verlosung eine handsignierte Schallplatte gespendet, O'Neal und andere Sportler haben auf Trikots unterschrieben. Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko verlost einen Boxhandschuh, die britische Poplegende Annie Lennox eine Sonnenbrille. Lennox erklärte, die Bilder aus dem Ukraine-Krieg hätten sie „zutiefst schockiert“. Sie rufe daher dringend dazu auf, den Menschen in der Ukraine zu helfen. Allen Menschen müsse Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglicht werden, das sei ein Menschenrecht.
Wer an der Verlosung teilnehmen will, muss bis zum 24. Oktober gut fünf bis zehn Euro für ein Los bezahlen. Die Gewinner sollen nach Angaben der Stiftung am 31. Oktober gezogen werden. (afp)
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