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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Gericht kassiert Enlassung von Geheimdienstchef Ronen Bar

Die Regierung Netanjahu wollte den kritischen Shin Bet-Chef entmachten. Dessen Behörde ermittelte in der Katargate-Affäre gegen enge Vertraute des Premiers.

In Israel wird massiv gegen die Entlassung von Ronen Bar demonstriert, hier vor der Knesset in Jerusalem Foto: Ohad Zwigenberg/ap

Oberstes Gericht stoppt Entlassung von Ronen Bar

Der Oberste Gerichtshof Israels hat die von Regierungschef Benjamin Netanjahu angestrebte Entlassung von Inlandsgeheimdienstchef Ronen Bar vorerst gestoppt. Die Entscheidung der Regierung werde so lange ausgesetzt, bis alle Berufungsanträge angehört worden seien, erklärte der Oberste Gerichtshof am Freitag. Dafür setzte er eine Frist bis zum 8. April. Bar hatte die Entscheidung zu seiner Entlassung als politisch motiviert bezeichnet.

Die israelische Regierung hatte zuvor dem Vorschlag Netanjahus zugestimmt, Bar zu entlassen. Mehrere Oppositionsparteien legten daraufhin Beschwerde beim Obersten Gerichtshof ein und erklärten, die Entscheidung der Regierung beruhe „auf einem eklatanten Interessenkonflikt“ Netanjahus. In der Geschichte Israels war noch nie ein Inlandsgeheimdienstchef entlassen worden.

Am Freitag erklärte Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, der Regierung sei es verboten, den Geheimdienstchef zu entlassen. Folglich sei es auch verboten, einen Nachfolger zu ernennen oder Gespräche zur Besetzung des Postens zu führen. (afp)

Aus für Shin Bet-Chef Ronen Bar

Die israelische Regierung hat die Entlassung von Inlandsgeheimdienstchef Ronen Bar beschlossen. Die Regierung sei dem Vorschlag von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu „die Amtszeit (Bars) zu beenden“ einstimmig gefolgt, teilte Netanjahus Büro am Freitag mit. Bar werde als Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet spätestens am 10. April zurücktreten oder sobald ein Nachfolger nominiert sei. Netanjahu hatte in der vergangenen Woche bereits von einem „fortwährenden Misstrauen“ gegenüber Bar gesprochen.

Dieser hatte Anfang März das Versagen seines Geheimdienstes in Bezug auf den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 eingeräumt. „Hätte der Shin Bet anders gehandelt, (…) hätte das Massaker verhindert werden können“, hatte Bar bei der Vorstellung eines Untersuchungsberichts gesagt. Die interne Untersuchung habe ergeben, dass der Shin Bet sich sowohl in der Nacht des Angriffs als auch in den Jahren davor falsch verhalten habe, hatte der Geheimdienstchef erklärt. „Wir sind gescheitert“, hatte Bar die Ergebnisse des Berichts zusammengefasst.

Die Regierung warf ihm laut Times of Israel außerdem vor, in den Verhandlungen um einen Geisel-Waffenruhe-Deal zu handzahm vorgegangen zu sein und zu wenig erreicht zu haben. Als der Deal Mitte Januar, in dessen Zuge der Großteil der noch in Gaza ausharrenden Geiseln freikam, verhandelt wurde, war Bar noch im Amt und Teil des Verhandlungsteams. Seitdem konnte keine Einigung über eine weitere Geiselfreilassung mehr erzielt werden. Dass die Entlassung Ronen Bars viel mehr mit den Ermittlungen seiner Behörde in der Katargate-Affäre gegen enge Vertraute Netanjahus zu tun hat, analysiert etwa die Times of Israel.

Umfragen legen außerdem nahe: Das Vertrauen der befragten Israelis in Ronen Bar ist höher als das in Netanjahu. Den Unmut vieler zeigen auch die großen Proteste in Tel Aviv und Jerusalem in den vergangenen Tagen. (afp/taz)

Israels Militär wieder mit Bodentruppen in Rafah

Israels Militär läutet nach eigenen Angaben den Einsatz von Bodentruppen in Rafah im südlichen Gazastreifen ein. In den vergangenen Stunden sei dieser im Schabura-Distrikt begonnen worden, heißt es. Zudem seien die Einsätze im Süden allgemein ausgeweitet und im Norden und Zentrum des Küstenstreifens fortgesetzt worden. (rtr)

Katar und Ägypten mühen sich um Waffenruhe

Die Vermittler Katar und Ägypten verstärken ihre Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Es sei notwendig, die gemeinsamen Anstrengungen zur Umsetzung der drei Phasen des Waffenstillstandsabkommens im Gazastreifen zu intensivieren, erklärt Katar. Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, der Ministerpräsident und zugleich Außenminister ist, habe in einem Telefongespräch mit dem ägyptischen Außenminister Badr Abdelatty über die Koordinierungsbemühungen und die jüngsten Entwicklungen im Gazastreifen gesprochen. (rtr)

Israel fliegt Luftangriffe im Libanon

Die israelische Armee hat im Libanon nach eigenen Angaben mehrere Stellungen der pro-iranischen Hisbollah-Miliz angegriffen. Die Luftangriffe hätten sich gegen eine „militärische Anlage mit einer unterirdischen Einrichtung“ in der ostlibanesischen Region Bekaa und eine weitere Stellung im Süden des Libanon mit mehreren Raketenwerfern gerichtet, in der „Aktivitäten“ der Hisbollah festgestellt worden seien, erklärte die Armee am Donnerstagabend. Libanesische Medien berichteten ebenfalls über die Angriffe.

Der staatlichen Nachrichtenagentur ANI zufolge nahmen Kampfflugzeuge in Bekaa einen Hang in der Ortschaft Janta sowie einen Vorort der Stadt Taraja westlich von Baalbek ins Visier. Auf Ziele in der Region Nabatija seien vier Raketen abgefeuert worden. Es gab zunächst keine Berichte über Tote oder Verletzte. (afp)

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1 Kommentar

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  • Hamas - ein Natterngezücht Netanjahus?

    Ein weiteres Zeichen für die notorischen strategischen Differenzen zwischen der rechtsextremen Regierungskoalition unter Netanjahu und Shin Bet hinsichtlich der Palästina-Politik:„Shin Bet hat die Strategie der Regierung in den vergangenen Jahren nicht geteilt. Fünf seiner Direktoren sprachen sich immer wieder gegen diese Strategie aus und warnten vor Fehleinschätzungen.“ (Ami Ajalon, früherer Shin Bet Chef im Tagesspiegel 14.10. 2023)

    Präzise hatte er darin fundamentale Strategiefehler benannt:



    „Die politische Führung Israels war überzeugt, daß sie die Hamas und Fatah nur voneinander trennen müsse, um sich nicht weiter um den Friedensprozeß kümmern zu müssen. Man ließ die Hamas den Gazastreifen kontrollieren, damit die Palästinensische Autonomiebehörde unter Präsident Mahmud Abbas nicht den Anspruch erheben konnte, für das ganze Volk zu sprechen. Wir haben uns vorgegaukelt, daß wir nicht über eine bessere Zukunft verhandeln müssen, weil die Palästinenser selbst sich ja so uneinig sind. Wir haben alles getan, damit die Hamas überlebt. Wir ließen Finanzströme aus Katar in den Gazastreifen fließen. Wir haben die Hamas nicht verstanden.“ (ebd)