+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israels Militär will Verschärfung
Die Luftangriffe auf den Libanon sollen die Hisbollah zum Rückzug aus dem Grenzgebiet bewegen. Dabei wurden bereits 550 Menschen getötet.
„Keine Pause für die Hisbollah“
Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi hat eine weitere Verschärfung der massiven Angriffe im nördlichen Nachbarland Libanon angekündigt. Bei einer Beratung sagte Halevi nach Militärangaben: „Wir dürfen der Hisbollah keine Pause gewähren. Wir müssen mit aller Kraft weitermachen.“ Man wolle die Angriffe heute sogar noch verstärken und mehr Streitkräfte einsetzen. „Die Situation erfordert eine Fortsetzung der intensiven Aktivitäten an allen Fronten“, sagte der Militärchef den Angaben zufolge.
Bei israelischen Luftangriffen sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Libanon bisher mehr als 550 Menschen getötet worden, darunter 50 Kinder und vier Sanitäter. Mehr als 1.800 weitere Menschen wurden den Angaben nach verletzt. Israel will die libanesische Hisbollah-Miliz mit den Angriffen dazu bewegen, sich aus dem Grenzgebiet zurückzuziehen. (dpa)
Hisbollah beschießt Israel mit 100 Raketen
Nach dem großflächigen israelischen Bombardement von Stellungen der Hisbollah im Libanon am Montag hat die schiitische Miliz mit neuen Angriffen auf Israel reagiert. 100 Raketen seien in der Nacht und am Dienstagmorgen in fünf Salven auf den Norden Israels abgefeuert worden und hätten Brände ausgelöst und Gebäude beschädigt, teilten die israelischen Streitkräfte mit.
Abschussvorrichtungen der Hisbollah im Libanon seien daraufhin zerstört worden. Israel flog nach Militärangaben auch Dutzende weitere Luftangriffe auf Ziele mit Verbindungen zur schiitischen Miliz. Panzer und Artilleriegeschütze feuerten zudem ins Grenzgebiet.
Den ganzen Morgen über war im Norden Israels Raketenalarm zu hören. Ein Video, das in israelischen Medien verbreitet wurde, zeigte Explosionen auf einer Autobahn. In den Aufnahmen waren Autofahrer zu sehen, die an die Seite fuhren und sich neben ihren Fahrzeugen auf den Boden legten.
Das Medizinische Zentrum von Galiläa im Norden Israels teilte mit, zwei Patienten seien leicht am Kopf verletzt worden, als neben ihrem Auto eine Rakete einschlug. Bei der Flucht von Menschen in Schutzkeller und Autounfällen während des Raketenalarms gab es ebenfalls mehrere Leichtverletzte.
Bei den israelischen Angriffen am Montag waren nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums fast 500 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 1600 verletzt worden. (ap)
Hisbollah meldet Raketenangriffe auf Israel
Die Hisbollah hat nach eigenen Angaben mehrere israelische Militärziele mit Raketen angegriffen. Darunter seien auch eine Sprengstofffabrik, die etwa 60 Kilometer entfernt von der Grenze zum Libanon in Israel liege, sowie ein Flugplatz gewesen. Die vom Iran unterstützte Miliz setzte bei ihren Angriffen nach eigenen Angaben Raketen vom Typ „Fadi“ ein, die sie erstmals am Wochenende verwendet hatte. Ob es Opfer oder Schäden gab, war zunächst nicht bekannt. (rtr)
Türkei verurteilt Israels Angriffe
Das türkische Außenministerium verurteilt die jüngsten Angriffe Israels auf den Libanon als „Bemühungen, die gesamte Region ins Chaos zu stürzen“. In einer Erklärung fordert die Türkei den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen. Diejenigen Länder, die „Israel bedingungslos unterstützen“, würden dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu dabei helfen, „für seine politischen Interessen Blut zu vergießen“. Israel hatte am Montag umfangreiche Luftangriffe gegen Hisbollah-Ziele im Libanon geflogen. Nach Angaben libanesischer Behörden wurden dabei 492 Menschen getötet. (rtr)
Eskalation nähert sich „ausgewachsenem Krieg“
Die Außenminister der G7-Staaten zeigen sich besorgt über die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten. In einer gemeinsamen Erklärung am Rande der UN-Generalversammlung warnen sie vor einer gefährlichen Eskalation der Lage. „Aktion und Reaktion drohen diese gefährliche Gewaltspirale zu verstärken und den gesamten Nahen Osten in einen größeren regionalen Konflikt mit unvorstellbaren Folgen zu ziehen“, heißt es in dem Dokument. Sie rufen dazu auf, den gegenwärtigen destruktiven Kreislauf zu stoppen. Kein Land werde von einer weiteren Eskalation im Nahen Osten profitieren. Die G7-Staaten appellieren an alle Beteiligten, zur Deeskalation beizutragen und eine friedliche Lösung anzustreben.
Die Eskalation zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah nähert sich nach Einschätzung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell einem ausgewachsenen Krieg. „Wenn das keine Kriegssituation ist, weiß ich nicht, wie ich es sonst nennen soll“, sagt Borrell vor Journalisten mit Verweis auf die hohe Zahl ziviler Opfer. (rtr)
China verurteilt „Angriffe auf Zivilisten“ im Libanon
Nach verstärkten israelischen Angriffen auf Ziele der Hisbollah-Miliz hat Chinas Außenminister Wang Yi dem Libanon seine Unterstützung zugesagt. „Wir verfolgen die Entwicklungen in der Region aufmerksam, insbesondere die jüngste Explosion von Kommunikationsausrüstung im Libanon, und lehnen wahllose Angriffe auf Zivilisten entschieden ab“, sagte er am Dienstag bei einem Treffen mit seinem libanesischen Amtskollegen Abdallah Bou Habib in New York. (afp)
Angriffe zielten auf Waffenlager der Hisbollah
Das israelische Militär griff nach eigenen Angaben am Montag rund 1.600 Ziele im Libanon an – und führte die Attacken in der Nacht auf Dienstag fort. Die Angriffe unter dem Codenamen „Pfeile des Nordens“ zielten nach israelischer Darstellung auf Waffenlager der proiranischen Hisbollah-Miliz, die Israel seit Anfang Oktober mit rund 9.000 Raketen und Drohnen angegriffen habe. Einige dieser Lager hätten sich in privaten Wohnräumen von Zivilisten befunden, die vor den Angriffen aufgerufen worden seien, sich in Sicherheit zu bringen.
Die Hisbollah, die im Libanon praktisch wie ein Staat im Staate agiert, reagierte ihrerseits mit heftigen Raketenangriffen auf israelisches Gebiet. Rund 250 Geschosse seien aus dem Libanon abgefeuert und teils von der Raketenabwehr abgefangen worden, teils in offenem Gelände eingeschlagen, teilte Israels Militär mit. Einige davon reichten nach Medienberichten deutlich tiefer in israelisches Gebiet hinein als je zuvor seit Beginn der Hisbollah-Angriffe.
Auch im Westjordanland gab es erstmals Einschläge – in ähnlicher Entfernung vom Libanon wie der Großraum Tel Aviv. Die Hisbollah zielte nach eigenen Angaben auch auf Anlagen der Rüstungsindustrie nahe der Hafenstadt Haifa und auf Militärstützpunkte. (dpa)
Netanjahu wendet sich ans libanesische Volk
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wandte sich mit einer Botschaft direkt an das libanesische Volk: „Israels Krieg ist nicht mit euch, sondern mit der Hisbollah“, sagte er. „Die Hisbollah hat euch schon allzu lange als menschliche Schutzschilde missbraucht.“ Um Israel gegen Hisbollah-Angriffe zu verteidigen, müssten die Waffen der Miliz unschädlich gemacht werden, sagte Netanjahu.
Im Süden des Libanons brach Panik unter den Menschen aus, viele flohen in Richtung Beirut oder andere Orte im Norden des Landes. Auf den Straßen kam es zu langen Staus, Schulen wurden in Notunterkünfte umgewandelt. Es herrsche „Panik und Chaos“, berichteten Augenzeugen. Nach den Bombardierungen im Süden griff Israels Luftwaffe auch Stellungen in der Bekaa-Ebene im Nordosten des Libanons an, wie es aus Sicherheitskreisen hieß.
Die israelische Regierung beschloss nach den Luftangriffen in Erwartung von Gegenschlägen einen landesweiten Ausnahmezustand. Dieser hat auch zur Folge, dass die Größe von Versammlungen eingeschränkt werden kann. In der Nacht wurde in vielen Ortschaften im Norden Israels erneut Raketenalarm ausgelöst. (dpa)
Israel will Zehntausende Raketen zerstört haben
Bei den Angriffen im Libanon wurden nach Angaben von Verteidigungsminister Joav Galant Zehntausende Raketen der Hisbollah zerstört. Vor Beginn ihrer Angriffe am 8. Oktober wurde das Waffenarsenal der Hisbollah auf 150.000 Raketen, Drohnen und Marschflugkörper geschätzt.
Generalstabschef Herzi Halevi erklärte, das Militär greife die von der Hisbollah in den vergangenen 20 Jahren für ihren Kampf gegen Israel aufgebaute Infrastruktur an. Seine Armee bereite schon „die nächsten Phasen“ des Kampfes vor, sagte er, ohne Details zu nennen.
Bislang greift Israel den Libanon aus der Luft und mit Artillerie über die Grenze hinweg an. Eine Bodenoffensive im Süden des Libanons würde eine weitere gefährliche Eskalation des Konflikts bedeuten – und möglicherweise andere mit dem Iran verbündete Kräfte noch tiefer in den Krieg hineinziehen. Israels Armee weicht Fragen zu einem möglichen Truppeneinmarsch im Libanon bislang aus.
Terroristen der mit der Hisbollah verbündeten Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten am 7. Oktober 2023 mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker löste den Gaza-Krieg aus, seither greift die Hisbollah den jüdischen Nachbarstaat fast täglich mit Raketen an. Israel will die Hisbollah wieder aus dem Grenzgebiet verdrängen, um die Sicherheit seiner Bürger im Norden zu gewährleisten und Vertriebenen die Rückkehr zu ermöglichen. (dpa)
Libanon wirft Israel „Vernichtungskrieg“ vor
Die libanesische Regierung warf Israel angesichts der Angriffe „einen Vernichtungskrieg in jedem Sinne des Wortes“ vor. „Wir als Regierung arbeiten daran, diesen neuen Krieg Israels zu stoppen und einen Abstieg ins Unbekannte zu verhindern“, sagte der geschäftsführende Ministerpräsident Nadschib Mikati.
Frankreichs Regierung beantragte wegen der kriegerischen Eskalation eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats für diese Woche. Allerdings ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen selbst durch politische Konflikte nur noch eingeschränkt handlungsfähig. Am Dienstag beginnt zudem die mehrtägige Generaldebatte der UN-Vollversammlung, der Nahost-Konflikt wird absehbar eine wichtige Rolle spielen. Netanjahu soll in der zweiten Wochenhälfte anreisen und dürfte eine kämpferische Rede halten – schließlich sind viele UN-Mitglieder Israel gegenüber kritisch oder sogar feindlich eingestellt.
Israels Armee griff nach eigenen Angaben auch ein Ziel im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut an, wo am Freitag mit Ibrahim Akil ein hochrangiger Militärkommandeur der Miliz getötet worden war. Ziel des neuen Angriffs war nach unbestätigten israelischen Medienberichten der Hisbollah-Kommandeur Ali Karaki, der für die südliche Front zuständig war und Akil ablösen sollte. Die Hisbollah teilte nach dem Angriff mit, Karaki sei wohlauf. Nach Angaben der israelischen Armee ist Karaki einer der wenigen noch lebenden Köpfe der Hisbollah-Führungsriege auf der „Abschussliste“ des Militärs. (dpa)
Warnungen an Zivilbevölkerung vor den Angriffen
Vor der neuen Angriffswelle soll die Zivilbevölkerung im Libanon durch automatisierte Anrufe und per SMS gewarnt worden sein. Berichten zufolge wurde dazu aufgerufen, sich bis auf Weiteres von Dörfern fernzuhalten, in denen Waffen der Hisbollah gelagert seien. Das libanesische Informationsministerium bezeichnete die Aktion als „psychologische Kriegsführung“ Israels.
Seit der neuerlichen Eskalation zwischen Israel und dem Libanon mussten rund 150.000 Menschen ihre Wohnorte auf beiden Seiten der Grenze verlassen. Die kriegsähnliche Auseinandersetzung hat sich nach der Explosion Tausender Funkgeräte im Libanon sowie einem israelischen Angriff auf die Hisbollah-Führung nahe Beirut mit mehr als 50 Toten vorige Woche nochmals verschärft. Israels Armee weitete die Angriffe im Nachbarland abermals aus, auch dabei gab es Dutzende Tote und Verletzte. (dpa)
UN-Resolution wird nicht durchgesetzt
Israel und die Hisbollah führten bereits 1982 und 2006 Krieg gegeneinander. Die Miliz ist heute deutlich stärker bewaffnet als während des Kriegs vor fast 20 Jahren. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der Hamas, die im Gazastreifen gegen Israel kämpft und ebenfalls vom Iran unterstützt wird.
Israels Militär hat die Zahl seiner Angriffe im Gazastreifen zuletzt verringert und konzentriert sich zunehmend auf die Hisbollah. Damit will es erreichen, dass sich die Miliz wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht, die das Kriegsende 2006 markierte. Der Resolution zufolge darf die Hisbollah entlang der Grenze nicht präsent sein. Dies wird aber weder von der UN-Beobachtermission noch von der libanesischen Armee durchgesetzt. (dpa)
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