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Illustration: Manuel Fazzini

„Der Nachwendekindertalk“ Vom Verbieten und Verbünden

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Marie ist besorgt über die Radikalisierung rechter Jugendliche. Chipi stößt auf TikTok auf den Trend „Gingers are black“. Wie viel ist übrig von BlackLivesMatter?

Der Nachwendekindertalk startet in die zweite Runde. Dieses Mal diskutieren Marie Eisenmann und Dennis Chiponda über das AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes. Braucht es jetzt AfD-Verbot? Außerdem blicken die beiden in die Vergangenheit. Fünf Jahre nachdem George Floyd von einem Polizisten in den USA erschossen wurde, fünf Jahre nachdem die BlackLivesMatter-Bewegung Millionen von Menschen mobilisierte und auf die Straßen brachte – wie viel haben die Proteste bewirkt?

Bevor Marie und Chipi in die Diskussion über ihre mitgebrachten Themen einsteigen, greifen sie noch einmal die letzte Folge auf, in der Chipi mit seinen Gästen Martin Theben und Steven Solbrig über die Erfahrungen von Menschen mit Behinderung in Ost und West gesprochen hat. Menschen mit Behinderungen seien im Alltag – selbst in einer Stadt wie Berlin – kaum sichtbar. Marie erzählt, dass sie selbst mit einem Bruder aufgewachsen ist, der mit einer geistigen Behinderung lebt. Durch die fehlende Auseinandersetzung anderer mit dem Thema habe sie sich auch als Kind oft in der Vermittlerposition gefühlt, andere dafür sensibilisieren zu müssen.

Marie will diese Woche über das AfD-Verbot sprechen. Die AfD wurde Anfang Mai vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Seitdem werden Forderungen nach einem AfD-Verbot wieder lauter. Auch Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD) und Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sprechen sich für eine Prüfung des Verbots aus, während CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Innenminister Alexander Dobrindt (CDU) diesem skeptisch gegenüberstehen. Für Chipi ist klar: „Ich bin ein schwarzer, schwuler, ostdeutscher Mann mit polnischen Wurzeln, mit ADHS-Hintergrund aus der Arbeiterklasse. Dass ich für das AfD-Verbot bin, ist nicht weit hergeholt.“

Für Chipi: Es bestehe politischer Handlungsbedarf und man müsse, etwas tun, bevor die AfD noch stärker werde. Es brauche aber darüber hinaus eine vernünftige Sozialpolitik, die auch die ökonomischen Probleme des Systems adressiere. Marie stimmt ihm zu: Die Rechtsstaatlichkeit dürfe nicht aufgegeben werde, weil die AfD ein Verfahren gegen sie instrumentalisieren könnte.

AfD-Verbot und Radikalisierung von Jugendlichen

Wie ist ein AfD-Verbot jedoch in Bezug auf die Radikalisierung von Jugendlichen zu bewerten? Wie die Festnahme mehrerer Jugendlicher der rechtsextremen Gruppierung „Letzte Verteidigungswelle“ zeige, radikalisieren sich viele auf TikTok, führt Marie an. Durch ein Verbot verliere die Partei Zugriff auf ihre eigenen Kommunikationskanäle, der Kontakt zu anderen rechten In­flu­en­ce­r*in­nen bleibe jedoch bestehen. Eine finanzielle Unterstützung solcher Gruppierungen, die gerade von der AfD ausgeht, könnte durch ein Verbot jedoch verhindert werden, da die Partei die staatliche Förderung sowie ihr Privatvermögen verlieren würde, wendet Chipi ein. „Anstatt mehrere Feuer gleichzeitig löschen zu müssen, könnte man durch ein Parteienverbot zumindest ein Feuer eindämmen und sich auf andere Feuer wie die Radikalisierung von Jugendlichen konzentrieren!“, fasst Marie zusammen. Mit dem Verbot allein sei man jedoch nicht allein bei der Lösung des Problems angelangt.

Nach der Ermordung von George Floyd 2020 sind damals viele Gelder geflossen und antirassistische Projekte gefördert worden

Fünf Jahre nach George Floyds Ermordung

Im zweiten Teil des Gesprächs wenden sich Chipi und Marie dem Jahrestag von George Floyds Ermordung zu. Wie viel konnte die Black Lives Matter Bewegung nach fünf Jahren erreichen? „Für mich ist eine der größten Errungenschaften, dass der Begriff des institutionellen Rassismus an die Oberfläche gezerrt wurde“, sagt Chipi. Damals seien viele Gelder geflossen und antirassistische Projekte gefördert worden. Das sei jedoch vorbei. Vielleicht habe bei manchen Menschen eine Sensibilisierung stattgefunden, der große gesellschaftliche Umbruch sei jedoch ausgeblieben. Vielmehr komme es gerade zu einem Backlash, beobachten Chipi und Marie.

Außerdem geht es um den TikTok-Trend „Gingers are black“. Anfang Mai ging ein Video auf der Plattform viral, in dem eine schwarze Frau behauptete, dass rothaarige Menschen eigentlich schwarz seien. Daraufhin luden zahlreiche schwarze Menschen Rothaarige dazu ein, Teil ihrer Community zu werden. Diese zeigten sich gerührt und geehrt. Handelt es sich dabei um ein fragwürdiges Randphänomen im Internet oder ist diese neugefundene Solidarität füreinander eine Reaktion auf den konservativen Rollback der Gesellschaft? Chipi findet, dass der Trend auf jeden Fall eine Gegenbewegung zu dem im Internet teilweise verbittert geführten Kulturkampf sei. Gerade Linke könnten sich davon abgucken, einander mit Empathie und Ambiguitätstoleranz zu begegnen, statt sich andauernd gegenseitig zu zerfleischen.

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Das Format „Der Nachwendekindertalk“ erscheint alle zwei Wochen. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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