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Archiv-Artikel

Filmische Fehlschläge

SCHEITERN Gründe, mit einem Filmprojekt zu scheitern, gibt es viele. Das Festival des gescheiterten Films versammelt zum siebten Mal einen bunten Reigen von Misserfolgen

Ein wenig Durchhaltevermögen muss man zum Festival mitbringen

VON ROBERT MATTHIES

Manchmal ist das Scheitern ganz unausweichlich und von vornherein abzusehen – wenn auch nicht immer für die tragischen Helden des Fehlschlages selbst. Verständlich zum Beispiel, dass ein kleines Glühwürmchen sich in das größte und hellste leuchtende Ding in der Welt unsterblich verliebt – in die Sonne. Und sich an der eigenen Hitze der unerwiderten Leidenschaft schließlich verbrennt. „Liebe Sonne“ heißt der vierminütige Animationsfilm von Uli Seis und Franka Sachse, an dem die beiden Bauhaus-Uni-Student_innen aus Weimar ein Jahr gemeinsam gearbeitet haben. Mit Erfolg. Auf etlichen Festivals war der Film schon zu sehen und einen Preis haben die Nachwuchs-Filmemacher_innen dafür auch bekommen.

Andere hatten da längst nicht so viel Glück. „Irgendwie scheint niemand diesen Film zu vestehen“, muss etwa Philipp Hartmann schließlich ein ernüchterndes Urteil über seinen Kurzfilm „für Meiko“ fällen. Vielleicht war sein Projekt einfach zu ambitioniert, immerhin sollte der kleine Essayfilm aus dem Jahr 2008 „die – mir unverständliche – übliche Klassifizierung von Filmen in Spiel-, Dokumentar- oder – noch schlimmer – Experimentalfilm“ aushebeln. Zumindest das scheint Hartmann ja irgendwie gelungen zu sein. Heute jedenfalls schickt er den Film nicht mehr herum, um noch irgendein Festival von dessen Güte zu überzeugen. Dabei ist es immer noch einer seiner Lieblingsfilme. Eine Hommage nämlich an einen Freund, der das Scheitern ganz lustvoll betreibt: indem er am helllichten Tag begeistert ein unsichtbares Feuerwerk abbrennt.

Zumindest allein fühlen muss sich Hartmann mit seinem gescheiterten Film aber ganz und gar nicht. Denn so wie ihm ergeht es vielen. „Insgesamt Absagen von über 50 deutschen Festivals bekommen, sogar von kleinen Jugendfestivals und gerade erst neuen Festivals“, lautet zum Beispiel die Bilanz von Thomas Storks vierminütigem Drama „Familiendinner“. „Gescheitert an der Länge: zu lang für Kurzfilmfestivals, zu kurz für Spielfilmfestivals. Gescheitert wegen dem gelungenem Versuch den ganzen Film in einer Einstellung zu inszenieren“, muss Tanja Brzakovic die Hoffnung auf den Erfolg ihres 60-minütigen Mystery-Streifens „Geisterstunde“ begraben. „Ich denke, die Geschichte ist einfach zu abgedreht und zu naiv, um von den Jurys verstanden und angenommen zu werden“, versucht sich Samuel Buscapé den Fehlschlag seiner schwarzen Komödie „I Love My Mom!“ zu erklären. Eine einfache Erklärung für den Misserfolg ihres nur zweieinhalb Minuten langen Splatter-Komödien-Dramas „Hackepetra“ haben auch Alexander Ruhnow und Hagen Döcke: „zu blutig für normale Filmfestivals!“

Dass Filme scheitern, hat aber nicht immer nur mit hochtrabenden künstlerischen Ansprüchen zu tun, die die anderen einfach nicht verstehen wollen. Manchmal sind die Gründe auch ganz praktischer Natur. Bis heute nichts geworden ist etwa aus Markus Thieles Kurzspielfilm „Rückherzgang“ aus dem Jahr 2001. „Der Film ist gescheitert, da ich mich mangels Personal komplett übernommen habe. Ich habe das Drehbuch geschrieben, gedreht, Regie geführt und die komplette Produktion abgewickelt, da meine Produktionsleiterin nach zwei Wochen abgesprungen ist und ich keinen Ersatz gefunden habe. Es gab in dem Jahr noch zwei weitere Nachdrehtermine mit denen versucht worden ist, den Film irgendwie zu retten. Leider vergeblich!“

Und auch Andreas Christs und Anna Hirschmanns Roadmovie „runter rüber nach …“ ist vor allem an sich selbst gescheitert: „Ausgangspunkt sollte eine kurze dramatische Szene in einer Bar in Berlin sein; doch der Geschichte, die dort anfing, konnten wir selber nicht glaubwürdig folgen und entschieden später im Schnitt alle Anteile davon wegzulassen. Damit war ein Plot, welcher seit Jahren und mehreren Anläufen auf seine Verfilmung wartete, endgültig gescheitert.“ Obwohl die beiden noch versucht haben, die entstandenen Leerstellen mit Sinnfragen zu stopfen, ist am Ende alles in die Hose gegangen: „Leider konnte dem bisher trotz zahlreicher Einreichungen kein Festival ein Interesse abgewinnen. Das setzt dem bisherigen Scheitern noch das Frust-Tüpfelchen auf.“

Zu sehen sind all diese kleinen und großen Katastrophen in der siebten Staffel des kleinen „Festivals des gescheiterten Films“, das am Samstag und Sonntag im B-Movie zu Gast ist und sich Produktionen widmet, die in irgendeiner Form gescheitert sind – oder sich in irgendeiner Form mit dem Scheitern beschäftigen. Ein wenig Durchhaltevermögen muss man da also mitbringen. Aber wer dann doch lieber gehen will, muss zumindest diesmal kein schlechtes Gewissen haben: Dass trotz besten Vorsätzen nicht immer alles klappen, das wissen hier alle.

■ Sa, 14. 1., 20 Uhr + So, 15. 1., 21 Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5