NS-Raubkunst in Bayern: Bayern völlig unschuldig
Ein Untersuchungsbericht entlastet Bayerns Staatsgemäldesammlungen vom Vorwurf, auf NS-Raubkunst zu hocken. Es ist aber nur ein halber Freispruch.
„Vorwürfe ausgeräumt, Verbesserungspotenzial erkannt, Maßnahmen eingeleitet“: Unter dieser Überschrift attestiert der bayerische Staatsminister für Kunst und Wissenschaft, Markus Blume, sich selbst und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, von jeglicher Schuld frei zu sein. Anfang des Jahres hatte die Süddeutsche Zeitung über Missstände bei der Identifikation von NS-Raubkunst berichtet. Die von Blume eingesetzte externe Untersuchung sei jetzt zu dem Schluss gekommen, dass es „keine Anhaltspunkte für System- oder Organisationsversagen“ gebe, so der Minister.
Tatsächlich hat es aber nur zu einem halben Freispruch gereicht. Blume schreibt, es seien keine Erkenntnisse der Provenienzforschung „vorsätzlich“ zurückgehalten worden. Probleme bei der Untersuchung der Herkunft von möglicherweise unter den Nazis gestohlenen Kunstwerken, die sich heute im Besitz der Staatsgemäldesammlungen befinden, räumte er damit indirekt ein, nur dass dies eben nicht absichtlich geschehen sei.
Der Untersuchungsbericht kommt zu der Bewertung, dass in den Staatsgemäldesammlungen eine „solide Recherchepraxis“ bestanden habe. Eine „irreführende oder verschleiernde Praxis“ habe nicht bestanden. Wohl aber eklatante Mängel, zurückzuführen auch auf eine unzureichende personelle Ausstattung: Die Rede ist von einer „inkonsistenten Kommunikation“ nach außen und einem „organisatorisch unzureichend strukturierten Vorgehen“ bei der Suche nach NS-Raubkunst.
Neuanfang im Haus
Ergebnis dieser Schlamperei: Bei 82 Werken der Staatsgemäldesammlungen besteht mehr als 80 Jahre nach Kriegsende „dringender Raubkunstverdacht“, weitere 446 Objekte weisen eine „bedenkliche Provenienz“ auf und bei knapp 1.000 Werken besteht „weiterer Recherchebedarf“.
Blume hatte nach Bekanntwerden der Probleme in den Sammlungen die Leitung des Hauses ausgetauscht und Anton Biebl mit dem Job betraut. Dadurch habe eine „neue Kultur“ im Hause Einzug gehalten, so der Minister. Es fragt sich allerdings, warum ein solcher Neuanfang überhaupt nötig war, wenn man wie Blume unterstellt, dass „kein Systemversagen“ vorliegt.
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