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Husten, Röcheln und rote AugenProtest gegen dicke Luft in Delhi

In Indiens Hauptstadt steigt die Feinstaubbelastung zum Jahresende stets auf gefährlich hohe Werte. Dagegen haben am Sonntag Hunderte protestiert.

Protest in der indischen Hauptstadt gegen die hohe Luftverschmutzung im November 2025 Foto: Adnan Abidi/reuters
Natalie Mayroth

Aus Mumbai

Natalie Mayroth

„Der Staat vergiftet uns“ oder „Smog ist keine Jahreszeit“ sind einige der Parolen auf Plakaten, die am Sonntag in der Nähe des Wahrzeichens India Gate von jungen Menschen, Eltern und Ak­ti­vis­t:in­nen hochgehalten werden. Sie alle fordern endlich wirksame Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung.

„Viele Eltern sind hier, weil ihre Kinder leiden“, beklagte die Umweltschützerin Bhavreen Khandari von den „Warrior Moms“, die sich für saubere Luft und Klimaschutz einsetzen. Manche Eltern brachten sogar ärztliche Atteste mit, um auf den „Gesundheitsnotstand“ aufmerksam zu machen.

Von dem 40 Meter hohen Triumphbogen war wenig zu erkennen – so dicht lag der Smog. Nach dem Lichterfest Diwali steigt im Norden des Landes jedes Jahr die Luftverschmutzung auf toxische Werte – und mit ihr der Ärger über die Politik.

Neben den Feuerwerkskörpern verschmutzen vor allem Abgase von Fahrzeugen und Fabriken, Baustellenstaub, das Verbrennen von Ernteresten sowie das Heizen massiv die Luft. Fehlender Wind und niedrige Temperaturen verschärfen das Problem in den Wintermonaten.

Wassersprühen soll Messwerte senken

„Das India Gate ist kein ausgewiesener Ort für Proteste“, erklärte die Polizei am Sonntagabend per Lautsprecher. Laut Medienberichten verhaftete sie mindestens 80 Personen. In der Hauptstadt gibt es zwar einen offiziellen Protestplatz, doch die Ak­ti­vis­t:in­nen wählten bewusst den symbolträchtigen Ort. „Friedlicher Protest ist ein Grundrecht der Bürger“, sagte der Anwalt Prashant Bhushan.

Der Luftqualitätsindex (AQI) lag am Sonntag laut zentraler Umweltschutzbehörde bei durchschnittlich 370 – ein Wert, der als „sehr ungesund“ gilt. Allerdings gibt es erhebliche Abweichungen zwischen den Angaben staatlicher Messstellen und jenen unabhängiger Apps.

Kritik erntet die Stadtregierung auch, weil Videos zeigen, wie Wasser in der Nähe der Messstationen versprüht wird, um die Werte künstlich zu senken. Zuvor hatte man erfolglos versucht, mit künstlichem Regen die Luft zu verbessern.

Am Montagmorgen meldete die Schweizer Plattform „IQAir” gar Werte von über 500. Das entspricht dem Einatmen von über einem Dutzend Zigaretten am Tag. Bei solchen Belastungen wird empfohlen, die Fenster geschlossen zu halten und Aktivitäten im Freien zu vermeiden.

Im Freien arbeiten gefährdet die Gesundheit

Schon seit Tagen sind die Menschen in der Hauptstadtregion der Smogwolke ausgesetzt. Besonders betroffen sind jene, die im Freien arbeiten wie Stra­ßen­ver­käu­fe­r:in­nen sowie Rikscha- und Taxifahrer:innen. Sie klagen über Atemnot, brennende Augen, Brustschmerzen und sogar blutigen Husten.

In den vergangenen Jahren hat die Zentralregierung unter Narendra Modi (BJP) die von der AAP geführte Regionalregierung für die Misere verantwortlich gemacht. Seit Februar regiert jedoch auch in Delhi die hindunationalistische BJP.

Ministerpräsidentin Rekha Gupta erklärte nun, die Arbeitszeiten der Staatsbediensten würden wegen der Luftbelastung angepasst. Trotz des allgegenwärtigen Smogs haben die Behörden bislang gezögert, die nächste Stufe des Notfallplans GRAP – mit Fahrverboten und Baustopps – auszurufen.

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