Die Wahrheit: Fusseln und Flusen
Spoiler: Im Weiteren geht es hier um einen Hamster in der Hosentasche, davor aber um noch viel Wichtigeres – all das Flusige an uns im Mikrobereich.
E s gibt ja merkwürdige Alltagstätigkeiten. Eine davon ist, alle paar Monate beim Handy die Fusseln aus der Buchse zu fummeln, damit es wieder lädt. Ich benutze dazu eine Nadel.
Im Bauchnabel habe ich sogar jeden Abend einen kleinen Fusselklumpen. Vielleicht ein Männerding. Immerhin kriege ich den ohne Nadel raus. Aber das wäre doch eine Geschäftsidee, um meinem öden Job zu entkommen: Die Nabelnadel© für den modernen Mann, mit der elegant und unkompliziert der abendliche Nabelfusselklumpen entfernen werden kann. Aufgepiekst, weggemüllt und fertig! Ein weiterer unentbehrlicher Kosmetikartikel für die vollgestopften Badezimmerregale der Generation Männerdutt.
Fusseln sind so allgegenwärtig wie Mikrochips und stören wie diese mal mehr, mal weniger. Meine Freundin hat zum Beispiel extra ein Gerät, um die Fusseln von ihren Wollpullis abzufräsen. Dass diese dadurch immer dünner und schließlich fadenscheinig werden, stört sie nicht. Hauptsache, die widerlichen Fusseln sind weg, auf die andere Frauen ja permanent starren und sich fragen: Hat die denn keine Fusselfräse?
Ich trug, bis ich sie kennenlernte, meine fusseligen Wollpullis mit Würde und wäre niemals auf die Idee gekommen, dass Fusseln ein Problem sein könnten. Nun verlangte sie von mir, die Fusseln auch von meinen Pullis abzufräsen. Das stürzte mich in eine veritable Fusselkrise. Seither berge ich die unter ihrer Aufsicht abgefrästen Fusseln und klebe sie heimlich wieder an.
Ein anderer schöner Name für Fusseln ist Flusen, und wer schon einmal eine nähere Begegnung mit einem Flusensieb hatte, weiß, wovon ich rede. Das Flusensieb ist der Blinddarm der Waschmaschine und findet sich wie sein biologischer Verwandter ganz unten, an einer schwer zugänglichen Stelle. Es ist eine Fremdkörperfalle für Kleinteile wie Münzen, Knöpfe, Taschentücher oder Haarklammern, in der alles hängenbleibt, was den Ablauf stören könnte. Flusen bleiben darin eher nicht hängen, dazu ist es viel zu grobmaschig. Den Abrieb der Plastikklamotten fängt es erst recht nicht auf; den haben wir später als Geschmacksverstärker und zukünftige Schwimmhilfe im Essen.
Ist das Flusensieb voll, funktioniert die Waschmaschine nicht mehr und braucht einen Eingriff unter Vollnarkose – also ohne Strom. Sobald man es herausschraubt, schwappt ein Schwall Wasser auf den Fußboden. Das ist ein unvermeidliches Naturgesetz. Wenn man das Flusensieb überhaupt herausbekommt und sich nicht ein Nagel oder eine Schraube verkeilt hat. Daher, liebe Männer, steckt in eurem eigenen Interesse keine Nägel oder Schrauben in die Hosentaschen!
Mein Freund Robert behauptet sogar, einen Hamster lebend aus dem Flusensieb geborgen zu haben. Das gehört aber wohl doch eher ins Reich der Legenden. Zumal er nicht plausibel erklären kann, wie der Hamster in seine Hosentasche geriet.
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